Die Consumer Electronic Show im Spielerparadies Las Vegas zeigt eindrucksvoll, dass sich die Zukunft des Automobils immer mehr im Innenraum abspielt. Nahezu alles dreht sich um die Bedienung von morgen.
Als das britische Pop-Sternchen Samatha Fox Mitte der 80er Jahre mehr brust- als stimmgewaltig “touch me” in die Mikrofone hauchte, waren nicht nur heranwachsende Jünglinge schier aus dem Häuschen. Sam Fox forderte mit “touch me – I want your body” das Gegenüber heraus. Von derart viel Körperlichkeit ist bei der CES in Las Vegas nicht nur an den überfüllten Ständen von Sony, Samsung und Co. einiges zu spüren. Auch die Messeauftritte der zahlreichen Autohersteller zeigen, dass berührungsempfindliche Bedienfunktionen eine immer größere Bedeutung zukommt. Die Autos von morgen sind noch mehr als aktuell rollende Computer – mit der ganzen Welt vernetzt. “Das Auto ist das Mobile Device schlechthin”, so Volkswagen-Marken-Chef Herbert Diess bei seiner Keynote auf der CES in Las Vegas. Funktionen, von denen man vor ein paar Jahren nur träumen konnte, haben längst Einzug gehalten in die unteren Klassen des Fahrzeugbaus.
Trend zum Touchscreen unübersehbar
Audi schließt sich dem berührungsfreundlichen Trend an und zeigt in einer Sitzkiste das neue Cockpit des A8. Um den Abstand gegenüber der S-Klasse und dem 7er BMW zu verringern, wird das Interieur des Ingolstädter Flaggschiffs von zwei Bildschirmen dominiert: Die beiden Displays werden mit einer Auflösung von 2.240 mal 720 Pixeln ein gestochen scharfes Bild wiedergeben. Mit dieser Auflösung übertreffen die Bayern auch die Auflösung des zentralen 12,3-Zoll-Monitors der nächsten E-Klasse, der es auf 1.920 mal 720 Pixel bringt. Doch Audi hat noch ein As im Ärmel: Berührt man den Bildschirm, um ein Feld zu aktivieren, bekommt der Fahrer ein haptisches Feedback. Das Bildschirm-Segment fühlt sich an wie das Drücken eines Knopfes. Sogar an das Audi-Klicken, wie man es von den Drehknöpfen kennt, haben die Entwickler gedacht. Noch weiter gehen die berührungsempfindlichen Hightech-Displays von Bosch, die verschiedene Schalter zu imitieren versuchen.
Beim kommenden Audi A8 kann die Belegung der Touchscreen-Tasten für Radiosender, Telefonnummern oder Navigationszielen teilweise durch den Fahrer vordefiniert werden. Damit die Elemente auch im Sonnenlicht gut ablesbar sind, soll die Helligkeit und der Kontrast dementsprechend gut regulierbar sein. Ob OLED-Displays zum Einsatz kommen, ist noch nicht entschieden. Ein besonderes Augenmerk legt Audi auf die Fingerabdrücke, die das Ablesen des Bildschirms mit der Dauer erschweren. Dieses ungeliebte Phänomen will Audi mit einer speziellen Beschichtung minimieren, an der noch getüftelt wird.
Interessantes BMW-Bedienkonzept
Dreh-Drück-Steller wie der ernst verhasste und längst geliebte iDrive-Controller von BMW wurden längst vielfältig mehr oder weniger erfolgreich nachgeahmt. Doch es scheint so, als sei die Zeit der zentral auf der Mittelkonsole positionierten Dreh-Drück-Steller ebenso gekommen, wie das Ende der fest belegten Tasten im Armaturenbrett und auf der Mittelkonsole. Die Gründe für animierte Cockpits und frei programmierbare Bedienoberflächen liegen auf der Hand. Der Fahrer kann sich das Cockpit ganz nach seinen Wünschen einrichten – mit warmen weichen Tönen oder gleißen hellen Farbkombinationen. Was wichtig ist, wird angezeigt – was unwichtig erscheint, in den Hintergrund verbannt. Selbst Bedienweltmeister BMW stellte mit dem neuen 7er ergänzend zu Dreh-Drück-Steller und der erstmals eingeführten Gestensteuerung seine ersten Touch-Bedienungen vor. Auf der CES geht es noch zwei Schritte weiter. Auch Daimler hat keine Berührungs-Ängste: “Der Trend zum Touchscreen ist unübersehbar”, erklärt Entwicklungs-Vorstand Thomas Weber.
BMW sorgt mit der Wiederauflage des offenen BMW i8 für Aufsehen. Deutlich spannender als der weitgehend mit dem i8 Coupé identische Plug-In-Spyder ist dessen Anzeige- und Bedienkonzept. Per dreidimensionaler Gestensteuerung lassen sich die verschiedensten Fahrzeugfunktionen ebenso bedienen wie über Sprache.
Bei Volkswagen sieht es nicht anders aus. Nach der Messepremiere auf der CES im vergangenen Jahr gibt es nun beim E-Golf einen seriennahen Ausblick auf die Bedienmöglichkeiten, die schon bald in Serie gehen sollen. Auch hier gibt es neben neuen Touch-Funktionen auf einem 9,2 Zoll großen Hightech-Bildschirm mit einer Auflösung von 1280 x 640 Pixel zusätzlich eine Gestensteuerung. Im Sommer bekommt der VW Golf bei einer technischen Modellpflege eine deutlich verbesserte Sprachbedienung. Weiter in die Zukunft blickt die Konzeptstudie des VW Budd-e, die nach Aussagen von VW-Markenvorstand Herbert Diess bis Ende des Jahrzehnts Realität werden soll. Der 235 kW / 317 PS starke Elektrobus verzichtet in seinem Innern komplett auf haptische Schalter. Alles wird per Sprache, Gestensteuerung oder Touchfunktionen bedient. Das gilt für den Fahrer ebenso wie für die anderen Insassen im Fond. Per Gestensteuerung lassen sich nicht nur die Funktionen im Innern bedienen, sondern auch die vorderen Türen öffnen oder die Schiebetür zurückfahren.