Auf dem europäischen Markt spielen die Cadillac-Modelle klassenübergreifend eine kaum wahrnehmbare Nebenrolle. In den USA sieht das ganz anders aus. Für viele Amerikaner ist der edelste aller General-Motors-Ableger die Krone amerikanischer Automobilkunst. Neben dem charismatischen Über-SUV Cadillac Escalade ist die Luxuslimousine CT6 als neues Topmodell der Marke ein ernsthafter Konkurrent für die europäischen und asiatischen Luxuslimousinen. Ob sich die deutschen Konkurrenten wie BMW 7er und die übermächtige Mercedes S-Klasse jedoch Gedanken über abtrünnige Kunden machen werden, wenn der Cadillac CT6 2017 auch nach Europa kommt, darf bezweifelt werden. Auch die im Frühjahr kommenden Jahres folgende neue Generation des Audi A8 dürfte insbesondere auf dem Heimatmarkt keine Probleme mit dem Aushängeschild von Cadillac haben; es fehlt schlicht an Image und die ist in der ersten Liga Kaufgrund Nummer eins. Dabei hat der CT6 allemal europäische Qualitäten und dürfte insbesondere den Luxusmodellen in der zweiten und dritten Reihe wie Jaguar XJ, Lexus LS oder Maserati Quattroporte Kopfschmerzen bereiten. Denn gerade im Vergleich zum wenig überzeugenden Vorgänger Cadillac XTS haben die Amerikaner ihre Hausaufgaben beim CT6 gemacht.

Wenig überraschend präsentiert sich sein Design im bekannten Cadillac-Look. Ein Blick und es steht fest: Zurückhaltung ist die Sache des gebürtigen Detroiters nicht. Die gewaltige Front mit dem spektakulären Kühlergrill und den messerscharf geschnittenen LED-Lichteinheiten macht nicht nur im Rückspiegel Angst, sondern imponiert zusammen mit Seiten- und Heckansicht auch auf dem Parkplatz. Selbst an der amerikanischen Westküste, bekannt für ihre Öko- und Luxusgeneigtheit, werden Handykameras gezückt und sich die Nase an der geräuschdämmenden Doppelverglasung plattgedrückt.

Technisch ist der CT6 bei weitem nicht so massig, wie er auf den ersten Blick anmutet. 62 Prozent der Karosserie bestehen aus Aluminium. Mit einem Gewicht von nicht einmal 1,7 Tonnen ist das Basismodell Cadillac CT6 2.0 T rund 500 Kilogramm leichter als die leichteste Mercedes S-Klasse - trotz einer hochsteifen Karosserie. Das geringe Gewicht merkt man dem Cadillac-Topmodell im Fahrbetrieb sofort an. Auch wenn er als Allradversion mit dem schwersten Triebwerk, einem 3,6 Liter großen V6-Saugmotor, rund zwei Zentner mehr auf die Waage bringt, macht sich die Gewichtsreduktion gerade bei flott gefahrenen Passagen mit Kurven, aber auch beim Beschleunigen und Bremsen bemerkbar. Kein Vergleich zum Vorgänger XTS, der als Fronttriebler mit optionalem Allradantrieb im Grenzbereich mächtig über die Vorderachse schob und mit spürbaren Wankbewegungen nervte, wenn es engagierter zur Sache ging.

Moderne Triebwerke

Zur guten Fahrdynamik tragen nicht zuletzt der empfehlenswerte Allradantrieb und die optional mitlenkende Hinterachse bei, die den 5,18 Meter langen Cadillac eine Klasse kleiner erscheinen lassen. Nicht ganz überzeugen kann hingegen die Lenkung. Die ist zwar nicht derart indirekt wie zu vergangenen Zeiten, könnte jedoch deutlich mehr Rückmeldung von der Fahrbahnoberfläche vermitteln. Über einen Schalter lassen sich verschiedene Fahrmodi ansteuern, die nicht nur Motorelektronik, Lenkung, Dämpfer und die Abstimmung der achtstufige Getriebeautomatik beeinflussen, sondern auch die Kraftverteilung verändern. Liegt diese im Normalbetrieb (Tour) bei 40:60 zugunsten der Hinterachse, werden im Sportmodus 80 Prozent der Leistung nach hinten gebracht. Im Schnee- und Eismodus ist die Kraftverteilung für maximalen Vortrieb dagegen ausgeglichen 50:50.

Der 3,6 Liter große Sechszylinder mit seinen 250 kW / 335 PS ist gewohnt laufruhig und die 385 Nm Drehmoment liegen bei 5.300 U/min an. 0 auf Tempo 100 schafft der Allradler in rund sechs Sekunden und von den möglichen 250 km/h Höchstgeschwindigkeit können die Amerikaner auf den eigenen Highways nur träumen. Immerhin sorgen die amerikanischen Überlandstraßen mit ihren Tempolimits für einen Realverbrauch von knapp elf Litern auf 100 Kilometern.

Komplettausstattung

Der Innenraum präsentiert sich nicht nur aufgrund des langen Radstandes von 3,11 Metern ebenso amerikanisch wie das Außendesign. Die weichen Ledersitze sind vorne wie hinten bequemer denn je. Die Instrumente sind klassenüblich komplett animiert und mit etwas Eingewöhnungszeit hat man seine Wunscheinstellung für die Anzeige wichtiger Inhalte gefunden. Schwieriger sieht es mit dem Multimediabildschirm in der Cockpitmitte aus, über den sich Soundsystem, Navigation, Webzugang und zahlreiche andere Funktionen darstellen lassen. Die Bedienung per Touchfunktion ist alles andere als selbsterklärend und bisweilen umständlich. Als erstes Fahrzeug überhaupt verfügt der Cadillac CT6 über einen Innenspiegel in Form eines Bildschirmes. Das Sichtfeld hinter der Luxuslimousine vergrößert sich so auf stattliche 300 Prozent im Vergleich zu einem normalen Spiegel. Rundum gibt es weitere Kameras für besten Überblick. Für angenehmen Sound im Innern sorgen insgesamt 34 Lautsprecher. Zwei von Ihnen sind dezent inszeniert in den vorderen Kopfstützen untergebracht und wirken so tiefgründig auf Fahrer und Beifahrer ein. Keine Ablenkung, sondern schlichter Hörgenuss im dritten Jahrtausend.

Bei den Fahrerassistenzsystemen liegt der Cadillac CT6 auf dem Niveau der Konkurrenz. Von Totwinkelerkennung über Spurverlassenswarnung, Abstandstempomat oder Notbremsassistent ist alles an Bord. Die Komfortausstattung lässt je nach Ausstattungsgrad (Luxury, Premium Luxury und Platinum) sowieso keinerlei Wünsche offen. Beim Gepäck muss man sich mit dem 433 Liter großen Laderaum jedoch etwas zurückhalten. In den USA ist der Cadillac in drei Motorvarianten zu bekommen. Volumenmodell ist der CT6 3.6 AWD, über dem ein 294 kW / 400 PS starker Dreiliter-Turbo-V6 - ebenfalls mit Allradantrieb - rangiert, der insbesondere für Europa interessant sein dürfte. Das Basismodell mit dem zwei Liter großen Vierzylinder mit 198 kW / 265 PS dürfte wohl eher etwas für die diesbezüglich wenig anspruchsvollen Märkte in Asien etwas sein.

Preislich geht es in den USA mit dem Cadillac CT6 2.0 T zu einem Kampfpreis von 54.500 Dollar (48.900 Euro) los. Der 3.6 Liter große CT6 Allrad bietet mit 56.500 Dollar jedoch deutlich mehr Auto fürs Geld und das bessere Paket. Die Topvariante des 400 PS starken Cadillac CT6 3.0 T AWD startet - besser ausgestattet - bei 65.400 Dollar (56.700 Euro).

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