Die heftige Klatsche kam am Montagabend (17: Dezember), als die österreichische Umweltministerin Elisabeth Köstinger das Ergebnis der Verhandlungen zwischen den EU-Staaten und dem EU-Parlament verkündete: Bis zum Jahr 2030 müssen Neuwagen im Flottendurchschnitt 37,5 Prozent weniger CO2 ausstoßen, als sie das im Jahr 2021 tun. Das bedeutet, dass dann im Flottendurchschnitt nur noch 59,375 Gramm CO2 erlaubt sind. Solche Werte erreichen als Einzelfahrzeuge nur Plug-in-Hybride, selbst Kleinwagen, die weniger als fünf Liter verbrauchen, haben keine Chance diese Grenze zu knacken.
Bisher schwebte das Damoklesschwert dieser Grenzwertverschärfungen nur über den Autobauern, jetzt ist das Fallbeil niedergesaust. Die Automobilindustrie lief sofort Sturm und malte sofort Menetekel der Jobverluste an die Wand. "Diese Regulierung fordert zu viel und fördert zu wenig. Niemand weiß heute, wie die beschlossenen Grenzwerte in der vorgegebenen Zeit erreicht werden können. In keinem anderen Teil der Welt gibt es vergleichbar scharfe CO2-Ziele. Damit wird die europäische Automobilindustrie im internationalen Wettbewerb stark belastet", ließ das Sprachrohr der deutschen Autobauer, der Verband der Automobilindustrie (VDA) durch seinen Präsidenten Bernhard Mattes, verlauten.
Schützenhilfe kam sofort vom europäischen Automobilverband ACEA. Der bezeichnete die Grenzwerte "als total unrealistisch" und "von politischen Motiven getrieben". Tatsächlich setzt diese Verordnung BMW, VW; Mercedes & Co. unter massiven wirtschaftlichen Druck. Die Entwicklung der konventionellen Motoren, um die aktuellen Grenzwerte zu erreichen, ist jetzt schon sehr teuer, jedes weitere Gramm CO2 kostet viel Geld. Wenn man sich vor Augen führt, dass der aktuelle europäische Durchschnitt der CO2-Emissionen bei 118,5 Gramm pro Fahrzeug lag, wird klar, wie weit die Automobilhersteller von den angestrebten Zielen entfernt sind.
Helfen Tempolimits?
Für die Deutsche Umwelthilfe gehen die Beschlüsse dennoch nicht weit genug. "Das, was jetzt vorgelegt wurde, wird nicht dazu ausreichen, dass wir unsere klimapolitischen Ziele erreichen können", ließ der Bundesgeschäftsführer des umstrittenen Vereins Jürgen Resch wissen und machte zugleich die Bundesregierung als Mitschuldigen des in Brüssel ausgehandelten Kompromiss verantwortlich, indem er ihr vorwarf die ambitioniertere Grenzwerte verhindert zu haben.
Womit Polemiker Resch falsch lag. Tatsächlich hatte Deutschland eine Verringerung der Werte um lediglich 30 Prozent angestrebt, während das Europa-Parlament zehn Prozent mehr durchsetzen wollte. Angesichts der Zahlen des Beschlusses kann man durchaus von einer Niederlage der Bundesregierung sprechen. Der ausgehandelte Kompromiss sieht zudem eine Minderung der CO2-Emissionen bis zum Jahr 2025 um 15 Prozent vor. Selbst dieses Etappenziel dürfte für die Automobilhersteller nur unter größten Kraftanstrengungen zu erreichen sein.
Tatsächlich besteht die Gefahr, dass Individualmobilität teurer wird als bisher, da diese neuen Grenzwerte nur mit Elektro-Fahrzeugen erreicht werden können. Bislang ist die Elektromobilität im Grunde ein Zuzahlgeschäft für die Autobauer. Dennoch liegt in diesem harten Verdikt auch eine Chance, den Wandel der Mobilität voranzutreiben. Der Deutschen Umwelthilfe geht das alles nicht schnell genug. Sie will die Klimaschutzziele auch mit Tempolimits auf der Autobahn erreichen. "Ja, wir prüfen auch, welche juristischen Möglichkeiten wir hier für die Durchsetzungen haben", kündigte Resch in Berlin an.