Während sich die amerikanischen Autobauer auf der Detroit Motorshow scheinbar in Zurückhaltung üben, fahren die Europäer mächtig auf. Das sind die Hightlights der Detroit Motorshow 2016.

Das Frühstücksfernsehen ist den USA eine feste Größe. Da macht die einstige Millionenmetropole Detroit keine Ausnahme. Doch am Eröffnungstag der NAIAS 2016 flimmern zu morgendlicher Stunde diesmal in erster Linie Prominente wie Leonardo DiCaprio, Lady Gaga und Matt Damon über den Flachbildschirm. Nur in kurzen Einblendungen kommen zwischen Wetter und den Nachrichten die Verantwortlichen der Autohersteller vor das Mikrofon der Reporter. Die abendliche Verleihung der Golden Globes in Los Angeles als wichtigstem Fernsehpreis der Welt hat auch der North American International Autoshow im winterlichen Detroit einen Strich durch die Rechnung gemacht. So interessiert viele Amerikaner scheinbar nur am Rande, dass die nationale Autoindustrie gerade das erfolgreichste Jahr ihrer Geschichte hinter sich gebracht hat. 17,4 Millionen verkaufte Autos waren fast sechs Prozent mehr als 2014 und schoben das bisherige Rekordjahr 2000 auf Platz zwei. Auch die deutschen Hersteller konnten mit 1,4 Millionen US-Verkäufen das erfolgreichste Jahr ihrer Importgeschichte feiern. VDA-Präsident Matthias Wissmann: “Man muss klar sehen, die USA sind für uns einer der beiden wichtigsten Exportmärkte der Welt. Neben allem, was wir hier vor Ort produzieren, geht auch vieles aus Deutschland direkt in die USA.”

Neuer Chrysler Van

Die im winterlichen Detroit wenig geschätzten Golden Globes fügen nicht zum ersten Mal Detroit Schmerzen zu. Auch die Los Angeles Motorshow, gerade erst zwei Monate vergangen, kostet die Metropole im Bundesstaat Michigan Autopremieren und somit die so wichtige Aufmerksamkeit. Doch es liegt nicht nur an den amerikanischen Filmsternchen, dass sich die NAIAS diesmal selbst auf den lokalen Fernsehanstalten schwertut. Es sind auch die Neuigkeiten, die in diesem Januar deutlich geringer ausfallen als erwartet. Gerade das in Detroit allzu gern verhätschelte Herstellerdreigestirn – bestehend aus Ford, General Motors und Fiat-Chrysler – bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.

Da ist der mächtige Großraumvan Chrysler Pacifica, der mit seinem variablen Innenraum und jeder Menge Platz für acht Personen für echte Aufmerksamkeit sorgt; auch weil der Familientransporter erstmals als Plug-In-Hybrid zu bekommen ist. Nach Europa kommt der bis zu 287 PS starke Schiebetürvan als Nachfahre des einst so erfolgreichen Voyagers nach der neuen Ausrichtung von FCA nicht mehr. Mit dem Chevrolet Bolt (150 kW, 320 km Reichweite und 30.000 Dollar) ist zumindest ein neuer Konkurrent für BMW i3 und Nissan Leaf entstanden. Doch das rund vier Meter lange Elektromobil hat GM-Chefin Mary Barra an sich bereits vergangene Woche auf der CES in Las Vegas enthüllt. So bleibt es für die amerikanischen Hersteller bei müden Premieren wie dem Chevrolet Cruze Hatchback oder der Modellpflege des Ford Fusion, der in Europa als Mondeo verkauft wird. “Unser Star auf der NAIAS ist der Fusion”, sagt Joe Hinrichs, von Ford of the Americas, “wir setzen verstärkt auf Plug-In-Hybride; auch wenn die Nachfrage wegen der niedrigen Kraftstoffpreise aktuell gesunken ist.” Ein paar Meter weiter zeigen Honda Ridgeline und die imposanten Kraftpakete Nissan Titan Warrior Concept sowie Ford F-150 Raptor, dass Pick Ups in den USA die treibende Kraft sind. Der F-150 ist seit 39 Jahren der meistverkaufte Pick Up in den USA. Weltweit sieht es kaum anders aus. Alle 19 Sekunden wird ein Pick Up aus Dearborne verkauft.

Kraftvolle Europäer

Geht es um die größte Aufmerksamkeit auf der Motorshow in der Cobo Hall, spielen die europäischen Hersteller in der ersten Reihe. Neben der komplett neuen E-Klasse präsentiert Mercedes gleich noch das Luxuscabrio S 65 AMG und von US-Sternchen Ryn Weaver besungen den neuen SLC-Roadster, der den bisherigen SLK ablöst. “Wir sind der Hersteller von Traumwagen”, unterstreicht Daimler-Chef Dieter Zetsche, dass die Schwaben ihr Heil mehr als erfolgreich in den oberen Segmenten suchen.

Audi legt seinen A4 Allroad nach und gibt mit dem h-tron quattro concept einen Ausblick in die Zukunft alternativer Kraftstoffe. Das Wasserstoffmobil wird von einer 110 Kilowatt starken Brennstoffzelle und einem 100-kW-Akkupaket angetrieben. Die elektrische Reichweite: 600 Kilometer. Porsche und BMW lassen es mit imposanten Kraftprotzen wie 911 Turbo S (580 PS), X4 M40i (360 PS) und dem pausbäckigen M2 (370 PS) kraftvoller denn je angehen. Da kann allenfalls noch Lexus mit seinem 473 PS starken Luxuscoupé LC 500 mithalten. Während Volvo mit dem S90 den Limousinenbruder des erfolgreich gestarteten XC90 präsentiert, zeigt Fords Luxusableger Lincoln einen neuen Continental, der im Gegensatz zur eleganten Volvo-Limousine nicht nur von einem aufgeladenen Vierzylinder angetrieben wird. Schick: das neue Infiniti-Doppelpack aus Q50 / Q60 mit neuem V6-Doppelturbo.

Hyundai will Luxus spielen

Zwischen Demut und Optimismus laufen derzeit die öffentlichen Auftritte von Volkswagen ab. “2016 wird eines der wichtigsten Jahre für Volkswagen werden”, unterstreicht VW-Marken-Chef Herbert Diess auf der NAIAS-Bühne. “Wir wollen die Dinge in Ordnung bringen und müssen das Vertrauen in unsere Marke zurückgewinnen.” Ins US-Werk Chattanooga investiert Volkswagen 900 Millionen Dollar. Mit dem Geld schafft der Autobauer unter anderem eine neue Produktionslinie für das neue US-SUV, das Ende 2016 seine Premiere feiert. Rund 2.000 neue Arbeitsplätze entstehen dadurch. Herbert Diess erklärt: “Wir bieten mehr Qualität, Design und Innovationen als jede andere Volumenmarke.” Produktmäßig sieht es bei Volkswagen auf der NAIAS jedoch blass aus. Immerhin belegt die Studie des Tiguan GTE Active Concept, dass die Wolfsburger die USA weiterhin im Blick haben und bald in jedem Segment einen SUV platzieren wollen.

Den Aufstieg in die Luxusklasse will Hyundai mit seiner neuen Submarke Genesis schaffen. Der neue G90 macht zumindest Geschmack auf den Teilaufstieg. Ob das wie bei der Toyota-Tochter Lexus reicht, um zumindest in den USA in der ersten Nobelliga mitzuspielen, muss die Zukunft zeigen. Die zeigt zumindest im Volumen auch 2016 nach oben. “Auch wenn wir 2016 in den USA ein neues Rekordjahr erwarten”, räumt Steven Szakaly als Chef-Analyst der National Automobile Dealers Association (NADA) mit Blick auf bis zu 18 Millionen verkaufte Autos ein, “wird dies nur durch große Incentives ermöglicht, die die Kunden in die Schauräume locken. Das wäre ein Anstieg von rund zwei Prozent und das siebte Steigerungsjahr in Folge.” Vielleicht gibt es beim nächsten Mal ein paar mehr amerikanische Neuheiten und die Golden Globes finden nicht wieder am Vorabend der NAIAS 2017 statt.

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