"Wir haben den Elfer wieder sportlicher positioniert", sagt Dr. Thomas Maulick, verantwortlich für das Fahrwerk der neuen Baureihe 992. Fans des Porsche 911 werden das gerne hören, doch dass es der vergangenen Generation 991 an Sportlichkeit gefehlt hätte, kann man ihr kaum vorwerfen. Porsche legte bei der Optik des neuen Modells mit der internen Bezeichnung 992 dezent Hand an, veränderte in erster Linie das Heck und brachte den Innenraum auf einen zeitgemäßen Stand. Die Antriebe blieben abgesehen von einer Leistungsspritze nebst Otto-Partikelfilter nahezu gleich und so dürfte auch der erwartete Hybridantrieb bis zu seinem Serieneinsatz noch mehr als drei Jahre pausieren. Vermissen wird ihn aktuell keiner und er hätte dem Gewicht noch mehr zugesetzt als ohnehin. Axel Lang, Projektleiter des neuen achtstufigen Doppelkupplungsgetriebes, ist stolz auf seine neue Getriebeeinheit, die eine perfekte Symbiose mit dem doppelt aufgeladenen Dreiliter-Boxer bilden soll. Doch er muss einräumen, dass die neue Generation je nach Modell und Ausstattung bis zu 50 Kilogramm an Gewicht zugelegt hat. 50 Kilogramm sind gerade in der Sportwagenwelt ein gewaltiger Zuschlag, der sich nicht nur bei Verbrauch und Beschleunigungswerten negativ bemerkbar macht. Umso eindrucksvoller, der die neue Generation nicht nur sparsamer, sondern auch etwas schneller geworden ist.
Auf der Rennstrecke ist vom Übergewicht der 992er-Generation nichts zu spüren. Rennfahrer Timo Kluck donnert mit dem gelben Carrera S wie ein wilder um den Hockenheimring. Dass es anfängt zu regnen, kommt ihm gut zu passe, denn "jetzt kann ich zeigen, dass der Wet-Mode wirklich etwas für den Fahrer bringt. Der Wagen ist viel stabiler und leichter zu fahren." Dürfte auf den Hauptmärkten in den USA kaum jemanden ernsthaft interessieren und auch in Europa ist die feinfühlige Anpassung an rutschige Fahrbahnen ein nettes Detail, aber kaum ein großer Wurf, der Kunden lockt. Da dürfte das neue Bediensystem schon besser ankommen. Schwer verständlich jedoch, wieso der Sportler aus Zuffenhausen zwischen seinen animierten Instrumenten einen analogen Drehzahlmesser behält, denn sonst hätte man das frei programmierbare Display deutlich besser nutzen können. Jetzt lassen sich zumindest die beiden sieben Zoll großen Bildschirme links und rechts von dem Tourenzähler variabel bespielen, während der Großteil der Bedienung auf dem großen Zentraldisplay in der Mitte der Armaturentafel abläuft. Zudem hat der bekannteste Sportwagen der Welt bei den Fahrerassistenzsystemen deutlich nachgelegt und bietet nun solche Funktionen, die es bei der Premiumkonkurrenz meist schon ein paar Jahre gab.
Porsche ist nicht nur für seine Plattformen bekannt, die zwei Zyklen halten müssen, sondern auch dafür, dass die Triebwerke grundlegend erst bei der Modellpflege nach drei bis vier Jahren angefasst werden. So kam erst beim 991.2 die Turbotechnik für Carrera und Carrera S und beim Vorgänger 997.2 erst zur Modellpflege die Kombination aus Direkteinspritzung und Doppelkupplungsgetriebe. Eine komplett neue Motorentechnik dürfte daher auch diesmal erst mit der Modellpflege im Jahre 2022 folgen. Den Leistungsnachschlag auf 400 bzw. 450 PS bei 911 Carrera und Carrera S nehmen die Kunden jedoch ebenso gerne mit wie die neuen Matrix-LED-Scheinwerfer, Rundumkameras, Nachtsichtgerät und die mitlenkende Hinterachse.
Wieso kein Zweisitzer?
Wer sich das voll gepackte Motorabteil des 992 anschaut, dass durch Ladeluftkühler, Einspritzung oder Partikelfilter nahezu aus allen Nähten platzt, fragt sich, wieso Porsche nicht die Gene des Mittelmotorsportwagens Porsche 911 RSR in die normalen Baureihen transferierte. Wenn man die beiden ohnehin weitgehend ungenutzten Rücksitze des Porsche 911 gegen eine schick belederte Gepäckablage austauschen würde, könnte man auch den Boxermotor wertvolle Zentimeter nach vorne bringen. Das wäre gut für die Gewichtsverteilung, die Paketierung und das Hitzemanagement. Doch Porsche wollte die beiden Notsitze im Fond erhalten und hatte so keine Möglichkeit, das Triebwerk weiter nach vorne zu bringen. So blieb es bei geänderten Motorlagern, die ein paar Zentimeter nach vorn und in die Breite gewandert sind.
Die deutliche Verbesserung des Handlings macht sich insbesondere durch die neuen Räder- / Reifenkombinationen bemerkbar. "Erstmals fahren wir im Elfer eine Mischbereifung von 20-Zöllern vorn und 21-Zöllern hinten" erklärt Timo Kluck, während er noch einmal im leichten Drift durch das Motodrom von Hockenheim donnert. Ich bin seit über 18 Jahren bei Porsche, aber so ein gutes Paket hatten wir zu Beginn der Entwicklung noch nie. Die unterschiedlichen Zoll-Räder bieten echte Vorteile für den Fahrer." Das dürften die Piloten mehr spüren, als die 50 Kilo Übergewicht.