Die letzten Monate verliefen vergleichsweise gut für Fiat: Mit neuen Produkten, wie dem lang erwarteten Fiat 124 Spider, dem Pickup Fullback oder dem Tipo gibt der Autobauer ein kräftiges Lebenszeichen. Vor allem mit dem Tipo gelang den Italienern ein Befreiungsschlag, denn der Kompaktwagen findet in Europa ziemlich viel Anklang. Mit dem Kombi, der unlängst in den Kampf um die Geldbörsen der Kunden eingegriffen hat, soll sich die Bilanz noch verbessern. Mit dem Kompaktwagen ist den Italienern ein Überraschungs-Coup gelungen, denn er schickt sich an, die Nische der Preis-Leistungs-Autos zu besetzen, die Skoda sukzessive verlässt. "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich mit dem momentanen Geschäftsverlauf unzufrieden bin", strahlt Fiat-Chef Olivier Francois.

Trotzdem nehmen die Italiener den Fuß vom Gas. Einen neuen Punto wird es nächstes Jahr nicht geben. Auch einem Italo-Golf erteilt der smarte Manager eine Absage. "Wir sind Fiat nicht Volkswagen. Wir müssen unseren Werten treu bleiben." Die Definition welche das sind bleibt Francois nicht lange schuldig: "Was Fiat speziell macht, ist die Fähigkeit bezahlbare Autos anzubieten, die auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind." Auch eine große Mittelklasse-Limousine wird nicht am italienischen Horizont erscheinen. "Wir sind eine Klein- und Kompaktwagenmarke", stellt der Fiat-Mann klar.

Das Symbol und gleichzeitig Verkaufsdauerbrenner dieses Bekenntnisses ist der Fiat 500. Doch bis eine neue Generation der Kleinwagen-Ikone die Herzen der Kleinwagenfreunde erwärmt, wird allerdings noch viel Wasser den Po hinunterfließen. Aller Voraussicht nach wird der neue Cinquecento erst 2019 im Scheinwerferlicht strahlen. In Olivier Francois‘ Fiat-Welt sind die Produkte in schwarz und weiß unterteilt. Auf der dunklen Seite der italienischen Macht sind die ganzen emotionalen Produkte, wie 124 Spider und der Fiat 500, von dem es ja auch eine Jet-Set-Version gibt, die Anleihen bei den schicken Riva-Booten nimmt, edles Mahagoni-Holz inklusive. Auf der weißen Seite stehen die Vernunftautos, wie es eben der Tipo ist.

Kundenzufriedenheit im unteren Drittel

Klingt alles ganz stimmungsvoll. Doch bei genauerem Hinsehen wird doch der eine oder andere Riss im Gebälk der Turiner Marken-Prachtvilla, die der Fiat-Chef illustriert, sichtbar. Bei der Qualität hakt es nach wie vor. "Fiat rangiert in unseren Qualitäts- und Kundenzufriedenheits-Studien im letzten Drittel", stellt Dr. Axel Sprenger, Europachef des renommierten Marktforschungs-Institutes J.D. Power fest. Dass die Basis-Version des Tipo beim EuroNCAP-Test mit lediglich drei von fünf Sternen abgeschnitten hat, ist ebenfalls kein Ruhmesblatt.

Finanziell lockern sich die Fesseln nur langsam. Auch wenn Fiat im letzten Halbjahr mehr Geld verdient hat, drücken den FCA-Konzern doch nach wie Schulden, die die Entwicklung von Zukunftstechnologien hemmen. "Fiat hat im Bereich der alternativen Antriebstechnologie ein Problem. Bei der Innovationsstärke im Bereich E-Mobilität liegt der Konzern im Vergleich der 19 globalen Automobilkonzerne auf den hinteren Rängen. Auch in den In den wichtigen Zukunftsfeldern Connected Car und Elektromobilität fährt FCA hinterher", stellt der Automobil-Experte Professor Stefan Bratzel fest, dessen Institut Center of Automotive Management (CAM) die Innovationskraft der Automobil-Hersteller in regelmäßigen Abständen untersucht.

Doch da ist Oliver Francois nicht bange. Für den umtriebigen Manager sind Autos, wie der VW I.D., die auf Messen, wie dem Pariser Autosalon die Besucher anzogen, reine Zukunftsprotzerei. "Wir können diese Sachen auch und werden Sie zeigen, wenn die Zeit reif dafür ist", trommelt Francois und verweist auf den Fiat 500e und die Plug-in-Hybrid-Version des Familien-Vans Chrysler Pacifica, der in den USA verkauft wird. Für den Fiat-Mann ist klar, dass nur die Autos verkauft, die auch Profit versprechen. Bloße Prestigemodelle mit Strahlkraft müssen da hintenanstehen.

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