Wer kennt sie nicht, die Band The Flower Pot Men. Wie noch nie gehört? Spätestens wenn die ersten 15 Sekunden ihres berühmtesten und zugleich auch einzig erfolgreichen Songs aus dem Jahr 1967 über den Äther geflogen sind, beginnt die innere Stimme Let’s go to San Francisco zu summen. Dass es nicht das Lied über eine der schönsten Städte der Welt, sondern die Nähe zur bekannten Stanford Universität ist, die im Laufe der vergangenen Jahrzehnte für einen Ansturm an die oft vernebelte und regnerische Nord-Westküste Kaliforniens sorgte, werden auch Alt-68er nicht bestreiten. Fakt ist jedoch, dass mittlerweile viele der im rund 40 Kilometer südlich von San Francisco im berühmten Silicon Valley lebenden Arbeiter und Studenten lieber der Stimme von Leadsänger Tony Burrows folgen würden, als noch einen Tag länger dort zu wohnen.

Mit dem Auto das Haus verwalten

Der Grund liegt auf der Hand: Silicon Valley hat den höchsten Immobilienpreis-Durchschnitt der gesamten USA. Dementsprechend verhält sich auch der Mietspiegel. 2.000 Euro für ein Zimmer sind nicht die Seltenheit. Die Schlagzeile, dass ein Zelt im Vorgarten nahe der Google-Zentrale für umgerechnet 1.000 Euro im Monat vermietet wird, ist keine Ente. In genau dieser Gegend hat sich seit einigen Jahren nahezu jeder Automobilhersteller sein Forschungscenter installiert. So liegen Facebook, Google und Co. in unmittelbarer Nähe von Mercedes, BMW und so. Dass neben den Deutschen, Japanern und Südkoreanern auch Amerikaner hier in puncto Automobil der Zukunft forschen ist klar. Und so eröffnete Ford im Juli 2012 sein Research and Innovation Center, kurz RIC. Seit dem wird an Technologien geforscht, die das Leben eines Ford-Fahrers vereinfachen sollen.

So kann in Zukunft, sofern es nach den Ingenieuren und Designern von Ford geht, per Sprachwahl die Temperatur im Haus geregelt, die Beleuchtung im Garten gelöscht oder das Garagentor geöffnet werden. Bevor all das jedoch in einem Serienfahrzeug zum Einsatz kommt, müssen noch viele Barrieren übersprungen und noch mehr Sicherheitslücken gestopft werden. Denn wenn in einem kurzen, unbeobachteten Moment ein Fremder dem Fahrzeug den Befehl zur Haustür-Entsperrung erteilt, kann diese Technologie auch schnell zum schlimmsten Alptraum avancieren. Doch was wurde auch schon alles über die größten Spionageapparate im privaten Sektor, die Smartphones, hergezogen. Genutzt werden sie trotzdem.

Schnelleres Pferd oder langsames Auto

Der eigentliche Fokus liegt – und da rollen aktuell fast alle Hersteller in dieselbe Richtung – auf dem autonomen Fahren. Über 100 Mitarbeiter umfasst das Team von Ford RIC-Chef Dave Kaminski, der seit 27 Jahren für das Unternehmen arbeitet. “Neben den beiden Forschungs-Zentren in Dearborn und Aachen ist das RIC in Palo Alto das dritte im Bunde. Wir arbeiten mit über 200 Start-up-Unternehmen und fünf Universitäten zusammen”, erklärt er. Dass nicht nur geforscht, sondern auch schon längst in der Praxis mit umgebauten Ford Fusion-Modellen, die bei uns unter dem Namen Mondeo bekannt sind, geprobt wird, ist nichts Neues. Wie sich Ford dem Thema und seinen Tücken näher, hingegen schon ein wenig.

So fällt beim ersten Blick in die kleinen Labor-Einheiten auf, dass hier zu arbeiten im Grunde recht viel Spaß machen dürfte. Hier liegen zwei Playstation-Gamepads auf dem Tisch, dort ist ein Lenkrad-Pedalerie-Gestell zum virtuellen Rennfahren aufgebaut und an der großen Plakatwand im Büro sind Mitarbeiter-Sätze zu lesen wie: “Das hier ist der Ort, wo Ford zum Technologie-Unternehmen wird. Verändert die Zukunft!” Ebenfalls darauf zu finden ist das bis heute nicht zu 100 Prozent historisch belegte Zitat des Fordgründers Henry Ford: “Wenn ich meine Kunden gefragt hätte, was sie hätten haben wollen, hätten sie gesagt: ein schnelleres Pferd!” Und genau dieser letzte Satz ist es, worum es eigentlich in solch einem Forschungslabor geht: Über den Tellerrand schauen und nicht einfach nur das besser machen, was gerade zur Hand ist.

Neues Kinderspiel: Stopp das Autonome Auto

Während sich das eine Labor-Team mit dem Sammeln und Auswerten von über 600 Fahrzeugdaten rund um den Globus beschäftig, kümmert sich ein anderes Team um Sensoren, welche Fußgänger von Autos unterscheiden sollen. Um sicherzustellen, dass nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder erkannt werden, behilft sich das von Frauen dominierte Team einer kleinen Pappfigur des Schauspielers Matthew McConaughey. Einen sogar für Laien spaßigen Job scheint wiederum das Team nebenan zu haben. Hier wird in alter Playstation-Spiel GTA-Manier mit einem Männchen über wenig befahrene Straßen einer Stadt gelaufen. Na gut, der virtuelle nackte, aber geschlechtslose Mann ist unbewaffnet, was sowohl für die USA als auch für ein Playstation-Spiel ungewöhnlich erscheint.

Aber es geht in diesem Bereich ja auch nicht darum, einen nackten verrückten Mann davon abzuhalten, das eigene Auto zu klauen. Es werden stattdessen aktiv ständig neue Situationen geschaffen, in denen das nahende Fahrzeug richtig reagieren muss. Richtig Stimmung wird in dem ansonsten recht trist wirkenden Labor aber wahrscheinlich erst dann aufkommen, wenn irgendwann einmal Kinder die beiden Gamepads in die Finger bekommen, um auch deren Verhalten den später autonom fahrenden Fahrzeugen näher zu bringen. Denn so schön und selbstfahrend die Zukunft dank der vielen klugen Köpfe im Silicon Valley auch werden wird, auf eines wird es wahrscheinlich erst einmal keine Antwort geben, wie eine Mitarbeiterin verrät: “Kinder könnten, ach was rede ich, sie werden sich einen Spaß daraus machen, Autonome Autos zum Stehen zu bringen, sobald sie einmal raus haben, wie leicht das ist” In solch einem Fall wäre ein schnelleres Pferd ja eigentlich doch nicht so schlecht.

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