Singapur hat sich in den vergangenen Jahren zu einer der trendigsten Metropolen weltweit entwickelt. Direkt gegenüber vom weltbekannten Marina Bay Sands Hotel mit seinen drei Türmen und dem Surfboard auf dem Dach liegt das legendäre Fullerton Hotel; einst Poststation, Marineamt und Handelszentrum auf der ehemaligen Seeräuberinsel. Zum 90. Geburtstag des Fullerton waren die mehrere hunderttausend Euro teuren Supersportwagen und Luxuslimousinen, die Tag für Tag den Promenadeplatz am Fullerton Square beparken, nicht viel mehr als beiläufige Statisten. Selbst der spiegelnde Bugatti Veyron, der vor der Hotellobby parkte oder sein knallroter Nachfolger Chiron bekamen nicht allzu viel Aufmerksamkeit. Die wirklichen Stars standen stilecht in Szene gesetzt rund um die beiden Hauptgebäude des Fullerton Hotels.
Exklusive Sportwagen und Nobelkarossen prägen das alltägliche Straßenbild der 5,6-Millionen-Metropole Singapur, doch echte Klassiker gibt es in einem der wichtigsten Wirtschaftsstandorte nur selten zu sehen. Dort, wo eine Kennzeichenlizenz schnell 60.000 bis 80.000 Dollar kosten kann und die Vergabe seit Februar 2018 nur noch nach Abmeldung eines entsprechenden Altfahrzeugs erfolgt, stehen die Oldtimer in privaten Sammlungen und werden nur selten bewegt. Im Alltag ist man im Fond einer Mercedes S-Klasse, eines Siebener BMW oder eines Bentley Bentayga hinten links betont kommod unterwegs, während der kundige Chauffeur die Geschicke im Straßenverkehr leitet.
Offene Cabriolets sieht man aufgrund des heiß-schwülen Wetters am asiatischen Äquator nur allzu selten und so überrascht es durchaus, dass den Concours dElegance anlässlich des 90. Fullerton Geburtstags das hellgraue Mercedes 280 SE 3.5 Cabriolet aus dem Jahre 1971 von Jaya J. B. Tan gewann. In den späten 60er und frühen 70er Jahren war der 3,5er die elegante Oben-ohne-Antwort auf die offenen US-Luxussonnenterassen von Lincoln oder Cadillac. Der viersitzige W111 setzte sich als "best of show" nicht nur gegen zahlreiche Vorkriegsmodelle wie den Rolls-Royce Twenty Connaught Tourer von 1926, einen sportlichen MG TB von 1939 oder den Triumph Dolomite Roadster 14/65 aus dem gleichen Jahre durch, sondern verwies auch die zwei ebenfalls ungewöhnliche Klassiker auf die Plätze zwei und drei. Mit dem 1967er Jaguar E-Type Series 1.5 Roadster von Lim Kuan Gin kam ein weiteres Cabriolet aus der Nachkriegszeit auf den Podest und siegte in der Publikumswertung. Und von wegen Regenmekka Singapur: selbst beim mittelblauen Citroen 2CV 6 von Arnout Everts aus dem Jahre 1981 - als Nummer drei beim Concours platziert - lässt sich das Rolldach öffnen. Von dem Franzosen wurden in Frankreich zwischen 1948 und 1988 mehr als 3,8 Millionen Mal produziert.
Cabrios gewinnen im Regenparadies
Bei den rund 30.000 Zuschauern ebenfalls noch im Kurs: der offene Ford Mercury von 1940 und ein McLaughlin Buick 90L, mit dem einst Königin Wilhelmina von Holland allzu komfortabel reiste. Als Geschenk für den treuen Chauffeur fand die Luxuslimousine mit Achtzylinder-Reihenmotor im Laufe der Dekaden her zufällig den Weg nach Australien, ehe er nach Singapur kam. Im Gegensatz dazu war ein Auto wie der Holden FB Special von 1961 genau für den australischen Markt zugeschnitten. Wer es sportlicher mochte, verguckte sich in exklusive Boliden wie den sexy Lamborghini Miura, einen Ferrari Daytona, das 1962er Corvette 340 Convertible oder den BMW M1 in mit M-Koloration, der in diesem Jahr ohnehin seinen 40. Geburtstag feiert.
Besonders exklusiv an der Marina Bay von Singapur zu bestaunen: die Sonderausstellung der Modelle des Sultans von Johor, der nicht nur sein exklusives Krönungsfahrzeug, ein Mercedes 600 Pullman Landaulet von 1981 beim Fullerton Concours präsentierte. Kaum weniger sehenswert der historische Fuhrpark des Fullerton Hotels selbst mit Modellen wie dem Rolls-Royce Silver Cloud I 4.9 von 1956, dem Rolls-Royce Corniche 6.8 oder dem Rolls-Royce Phantom VI, die sonst nur zu besonderen Veranstaltungen bewegt werden. Und für die es nicht zu einem Preis reichte oder dem Kauf eines Klassikers reichte, gab es automobile Begehrlichkeiten im Tiefgeschoss des Fullerton. Modellautos von Lego oder Tamiya fanden imposanten Absatz. Doch günstig ist anders, denn selbst hier kosteten einige der Modelle ein paar hundert Dollar. Immerhin kamen für einen wohltätigen Zweck noch 200.000 Singapur Dollar zusammen.