Tuning ist momentan „in“. Jeder Hersteller versucht, seinen Produkten eine sportliche Note zu geben. „Special Vehicle Race“ (SVR) nennt sich die Jaguar-Sperrspitze, die an den Pfründen der etablierten Sportwagen-Hersteller knabbern soll. Das Datenblatt des Attacke-Roadsters liest sich verheißungsvoll: 423 kW / 575 PS, ein Sprintvermögen von 3,7 Sekunden und eine ultimative Wettbewerbs-Geschwindigkeit von 314 km/h - beeindruckende Werte. Die aber erst durch Traktion, Agilität und Lenkpräzision den Unterschied auf dem Asphalt ausmachen. Geradeaus bolzen kann jeder. Emotional ist der F-Type SVR ohnehin ganz weit vorne dabei. Auf Knopfdruck erwacht der V8-Dampfhammer zum Leben, sonor grummelnd, voller Tatendrang darauf wartend den Roadster in Richtung des Horizonts zu treiben. Sobald man die Katze per Gaspedal-Kickdown von der Leine lässt, wechselt das Ungetüm im Rücken der Insassen laut brüllend in den Angriffs-Modus und schnalzt den 1.720 Kilogramm schweren Zweisitzer mit einer Unerbittlichkeit vorwärts, die die Passagiere tief in die bequemen Sportsitze mit den konturierten Wangen drückt. Diese Druckbetankung zieht die Insassen nach wenigen Metern in ihren Bann und schon bald empfindet man jede Geschwindigkeitsbegrenzung als persönliche Beleidigung.
Der Asphalt-Tiefflug wird angemessen akustisch untermalt: Das Grummeln schwillt zu einem infernalischen rotzig-brachialen metallischen Brüllen an, garniert mit knatternden Zwischengas-Verbrennungs-Salven, die lustvoll aus vier Heck-Posaunen schmetternd die anderen Verkehrsteilnehmer ins Hab Acht stellen. Wenn das wild röchelnde, luftschlürfende kompressorgetriebene V8-Monster im Rückspiegel auftaucht, springen selbst sportliche Mittelklasse-Limousinen demütig zur Seite. Die Freude über diesen Mobilitäts-Darwinismus endet nicht bei Kurven. Ein Heckflügel, der bei 96 km/h ausfährt, hilft zusammen mit dem Diffusor und dem serienmäßigen Allradantrieb die unbändige Kraft auf des Oben-Ohne-Geschosses auf den Boden zu bringen.
Die Carbon-Planke ist deutlich größer als bei der R-Version des F-Type und sorgt beim Wedeln für die nötige Traktion. Die ist auch nötig, da das Heck gerne aktiv an der Kurvenhatz teilnimmt. Das sind nicht die einzigen aerodynamischen Kniffe: Die Nüstern der Frontschürze sind größer und der Unterboden ist speziell geformt. Die SVR-Version ist rund einen Zentner leichter als die konventionellen F-Types und nahe des Grenzbereichs hilft jedes Kilogramm weniger bei der Agilität. Das merkt man auch in schnellen Kurven, wenn das Vehikel etwas weniger nach außen drängt. Die Lenkung setzt die Wünsche des Piloten exakt um, leidet aber unter der F-Type-immanenten Schwäche des eingeschränkten Mitteilungsbedürfnisses und der Leichtigkeit des Kurbelns. Da erreicht der Jaguar nicht die Präzision der Konkurrenten aus Zuffenhausen und Woking.
Unter anderem durch neue härtere Lager und einem dickeren hinteren Querstabilisator ist das Fahrwerk noch straffer als bei R-Modellen. Das spürt man vor allem im Dynamic-Modus, der sich nur für ebene Straßen und die Rennstrecke eignet. Lange Wellen werden souverän weggefedert, aber bei kurzen Schlägen, springt der Bolide sichtlich genervt hin und her. Da ist es besser im Normal-Modus zu bleiben, der mit der Unbill des Untergrunds deutlich besser klarkommt. Ebenso, wie die ZF-Achtgang-Automatik mit dem maximalen Drehmoment von 700 Newtonmetern. Das dieses permanente Angebot der Dynamik bleibt auch an der Zapfsäule nicht ohne Folgen: 11,3 Liter genehmigt sich das Cabrio pro 100 Kilometer.
Auch wenn sich Jaguar mit feinem Leder alle Mühe gibt, merkt man dem Innenraum an, dass er etwas in die Jahre gekommen ist. Das Infotainment ist bei den moderneren Katzen ausgefeilter und die Materialien wertiger. Schon bald, Ende Juli, steht der F-Type SVR beim Händler. Das Cabrio kostet 145.400 Euro, wer nicht auf den Ohne-Dach-Sturm steht, greift zum Coupé für 138.400. Euro. Allerdings beträgt der Aufpreis gegenüber den beiden zivileren F-Type R-Sportlern stattliche 25.200 Euro. Dafür gibt es 25 PS und einige Kilogramm weniger. Rein auf die Leistung bezogen, sind das 1.000 Euro pro PS. Auch in England ist es nicht günstig, mit Volldampf unterwegs zu sein.