Das Lenkrad, mit dem die neue Mercedes S-Klasse oder der kleine Bruder E-Klasse einen beim Einsteigen ins elegante Cockpit empfängt, ist überaus schick anzuschauen. Es liegt gut in der Hand - natürlich mit weichem Leder bezogen und für die kalten Temperaturen entsprechend beheizbar. Doch was früher undenkbar erschien, bietet heute fast jeder Kleinwagen - zumindest auf Wunsch. Nicht nur die Sitze lassen sich auf Knopfdruck wohlig erwärmen, sondern auch der belederte Lenkradkranz. Doch so wenig sich abgesehen von den verborgenen Heizdrähten und dem zumeist obligatorischen Lenkradbezug aus handschuhweichem Leder am Drehring selbst getan hat, so viel ist mittlerweile auf den zwei bis vier Speichen los, die den Lenkradkranz mit der Nabe verbinden. Hier gab es früher nichts unterhaltsames und in der Mitte einen Hupknopf, der zumeist im Prallkörper verborgen war. Daran hat sich bis heute wenig geändert und auch die Autohersteller, die von Bussen und Lastwagen die Betätigung der Hupe zwischenzeitlich an den Blinkerhebel verpflanzt hatten, sind mittlerweile wieder zu Sinnen gekommen.

Doch die einst so leeren Speichen des Lenkrads sind bei nahezu allen Modellen mittlerweile mit einer Vielzahl von Bedienelementen übersäht. Ist die Speiche auf der Sechs-Uhr-Position zumeist leer oder wird von einem Typenschild verziert, findet sich auf den zwei bis vier Speichen auf den Positionen drei Uhr und sechs Uhr je nach Modell und Ausstattungsgrad ein Sammelsurium von Tastern, Drehreglern und Knöpfen. Zunehmend geht der Trend wie bei den neuen Mercedes-Modellen dabei auf berührungsempfindliche Touchoberflächen, wie man diese bisher von Bedienelementen im Armaturenbrett oder der Mittelkonsole kannte. Dabei nähert sich die Bedienung zusammen mit der auf den Touchdisplays der Bedienung des eigenen Smartphones an.

Problem jedoch: Wer durch die Vielzahl der Fahrzeugfunktionen navigieren will, sollte das bei den ersten Einsätzen nicht während der Fahrt tun, denn ein Modell wie die neue Mercedes S-Klasse verlangt einem viel Aufmerksamkeit ab. Dabei geht es weniger um das schiere Starren auf die Sensorflächen am Lenkrad selbst, sondern eher auf die beiden animierten Displays. Denn jede noch so kleine Berührung, ein kleines Verschieben der Fingerkuppen oder ein zu fester Druck bewirkt, dass sich das Design des Cockpits komplett ändert, einzelne Sicherheitsfunktionen ausgeschaltet werden oder die Traumschlager von Heavy-Metal-Sound übertönt werden.

Nobelmodelle mit Konzernsteuer

Ähnlich sieht es im Hause Volkswagen aus. Hier gibt es Lenkräder mit haptischen Tasten, über die sich die einzelnen Funktionen problemlos bedienen lassen - etwas hausbacken und in die Jahre gekommen, aber einfach und sicher zu bedienen. Mit dem höherwertigen Lenkrad gibt es auch hier deutlich schickere Sensortasten, an die sich nicht nur Grobmotoriker erst einmal gewöhnen müssen. Nicht anders sieht es bei den elektrischen Hoffnungsträgern VW ID.3/ID.4 aus, denn hier hat sich der Purismus von Innenraum und Armaturenbrett auch auf dem Lenkrad und entsprechend berührungsempfindlichen Flächen niedergeschlagen.

Wie man es schlicht und puristisch, aber etwas einfacher mit der Bedienung machen kann, zeigen Volvo und der chinesische Elektroautohersteller Polestar, die das Lenkrad schlicht mit wenigen Funktionen halten, aber auf Touchflächen verzichten. Reale Knöpfe und griffige Bedienelemente bietet auf bei BMW bei seinen aktuellen Modellen. Seit Jahren gehören die Lenkräder der Bayern ebenso wie die Lenkungen selbst zu den besten auf dem Markt. Das gilt auch für aktuelle Modelle wie den BMW X5, 3er oder 7er. Alles schick anzuschauen und ohne nennenswerte Eingewöhnungszeit zu bedienen. Gleiches bei Audi, doch die Ingolstädter stehen bei ihren Lenkrädern unter der Kostenregie des Volkswagen-Konzerns. Das Lenkrad des entsprechend teuren Topmodells A8 mit seinen vier Speichen bietet eine einfache Bedienung und nennenswerte Designanlehnungen an historische Porsche-Modelle wie den 964. Die Lenkräder der kleineren Modelle findet man so oder leicht modifiziert jedoch auch bei anderen Konzernmarken wie Skoda, Seat oder Volkswagen. Seats Edelableger Cupra darf bei seinen neuen Modellen mit den schicken Lenkrädern von Audis Sportmodellen brillieren, die neben den normalen Funktionen Direkttaster für Motorstart oder Fahrprogramm bieten. Problematisch ist, dass bei einem Nobelmodell wie dem Bentley Flying Spur ein Lenkrad verbaut ist, dessen Bedienung nahezu identisch mit dem eines VW Passat ist.

Trend: Bedieninseln und wechselnde Funktionen

Etwas rustikaler in der Haptik der Taster, aber problemlos zu bedienen sind die Lenkräder von Modellen aus dem Hause Cadillac, Ford, Geely oder Hyundai / Kia. Für nahezu alle Bedienungen gilt, dass man mit den Augen nicht die Bewegungen der Finger auf den Armen der Lenkräder verfolgt, sondern im Blick hat, was das Drücken und Drehen auf den darüberliegenden Displays bewirkt. Nackte Lenkräder ohne jegliche Bedienhilfen wie einst in den 60er oder 70er Jahren gibt es heute nur bei Billigmodellen, die sich die Lenkradtasten teuer extra bezahlen lassen oder einem Straßenrennwagen wie dem McLaren 765 LT. Dass es auf einer Rennstrecke auch anders geht, zeigt der Mercedes AMG GT Black Series, dessen Lenkmodul sich nicht von denen gewöhnlicher Straßenmodelle unterscheidet.

Der nächste Trend zeichnet sich bereits ab. Die Lenkräder der nahen Zukunft werden oftmals nicht nur über berührungsempfindliche Tasten, sondern zudem kleinere Flächen verfügen, die die zunehmend komplexer werdenden Menüs einfacher bedienbar machen sollen. Außerdem werden einzelne Bedienmodule keine feste Zuordnung mehr bekommen, sondern kleine Displays sollen wechselnde Menüfunktionen ermöglichen.

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