Eine Fahrt im neuen McLaren 570 S Coupé gleicht einer Achterbahnfahrt. Mit dem kleinen aber feinen Unterschied, dass der Brite kontrolliert zum Ausbrechen gebracht werden darf.

Nahezu jeder Mensch auf diesem Planeten kennt sie, die berühmten ersten Worte von Neil Armstrong beim Betreten des Mondes. Und es gibt bestimmt noch zahllose wichtige Worte, Sätze und Reden von zahllosen weiteren Menschen, die unser aller Leben berührt und vielleicht sogar geprägt haben. Doch einen Satz vergisst niemand so schnell. Genau den, wenn er zum ersten Mal beim neuen McLaren 570 S Coupe das Gaspedal voll durchdrückt und die ersten vier Gänge durchbeschleunigt: “Oh mein Gott!” Es kann durchaus zu Variationen kommen wie “Ach Du Schande!” oder “Einfach unglaublich!” Wobei in den meisten Fällen der erste Vokal so sehr in die Länge gezogen wird, dass Tempo 100 schon längst überschritten ist. Bei einer Sprintfähigkeit von 3,2 Sekunden ist das aber auch kein Wunder. Wenn nicht weitere 6,3 Sekunden später das andere Pedal getreten wird, war es das auch mit der 200er-Marke. Ein paar Augenblicke später ist dann auch die Höchstgeschwindigkeit von 328 Kilometern pro Stunde erreicht. Der Normverbrauch von 10,2 Litern auf 100 Kilometern ist dann natürlich nicht mehr zu schaffen. Doch von Anfang an.

570 PS

Wenn Ende dieses Jahres der neue McLaren 570 S als Coupe auf den Markt kommt, müssen sich andere Sportwagenhersteller in Acht nehmen. Es kommt nur selten vor, dass ein Sportwagen mit solch dynamischen Potenzial nicht nur als Alltagsauto beworben wird, sondern es auch tatsächlich ist. Na gut, der Alltag eines Autofahrers, der sich einen ab 181.750 Euro teuren Wagen leisten kann, mag sich von dem vieler weiterer Autobesitzer unterscheiden. Doch sollten die rohen Eier im 144 Liter kleinen Kofferraum unter der Motorhaube über Pflastersteine oder die heimische Kies-Auffahrt transportiert werden, ist das in dem rassig dreinschauenden Sportler kein Problem. Das Zauberwort heißt hier adaptive Dämpfereinstellung. Und die ist für jeden Popometer deutlich spürbar. Noch wenige Minuten zuvor in der knallharten Track-Einstellung, wird der 4,53 Meter lange Sprinter per Drehknopf zum gemütlichen Dauerläufer. Für die gemeinen, steilen Auffahrten oder Bremshügel steht zudem eine Liftfunktion zur Verfügung, die den Vorderwagen bis Tempo 60 um vier Zentimeter anhebt.

Was ihn ebenfalls zum Every-Day-Use-Car macht, ist ein im Vergleich zu seinen Supersportwagenbrüdern erleichtertes Einsteigen. Geschafft hat es die Sportwagenschmiede durch ein neues Karbonfaser-MonoCell-Chassis mit schmaleren Türschwellen. Die nach vorn oben öffnenden Türen sind auch weiterhin ein echter Hingucker. Ohnehin ist der 1.440 Kilogramm schwere McLaren 570 S unabhängig von seiner Außenfarbe ein auffallender Exot im Straßenverkehr. Seine markante Front und sein etwas moppeliges Hinterteil lassen schon auf den ersten Blick erahnen, was da unter der vergitterten Abdeckung hinter dem Cockpit lauert. Und das völlig zu recht. Denn genau dort arbeitet der 3,8 Liter große V8 mit 570 PS. Die klassische Mittelmotor-Heckantrieb-Supercar-Anordnung ist nicht ohne Grund gewählt, wie sich bei scharf gefahrenen Kurven schnell herausstellt. Denn etwas mehr Gewicht auf der Hinterachse ist genau das, was für eine dynamische Tour durch Serpentinen und enge Spitzkehren passt.

Ab 5.000 Umdrehungen geht es richtig nach vorn

Sind sowohl die Motoren- als auch die Handling-Einstellungen auf Track gestellt, kann es losgehen. Ob mithilfe der Schaltwippen am ansonsten schalter- und knopflosen Lenkrad oder im Automatikmodus gefahren wird, spielt fast keine Rolle. Die automatische Gangwahl innerhalb des Siebengang-Getriebes ist äußerst realitätsnah. Und wen es nach einem kurzen Zwischensprint dürstet, der zieht kurz an der linken Wippe und lässt die Drehzahl in die Höhe schnellen. Damit selbst auf nasser Fahrbahn nicht ständig die Fahrtrichtung durch ungewollte 180 Grad-Drehungen geändert wird, steht eine sehr sportlich abgestimmte Traktionskontrolle parat. Waren noch vor ein paar Jahren selbst leichte Drifts in einem McLaren undenkbar, wird es in der neuen Generation nahezu gewünscht, wenn nicht sogar zelebriert. Im Zusammenspiel mit der präzisen, fast schon Gokart-ähnlichen, elektro-hydraulischen Lenkung bleibt der Fahrer dabei stets Herr über die gewünschte Fahrtrichtung.

Dass erst ab 5.000 Umdrehungen das maximal 600 Newtonmeter starke Drehmoment seine wahre Macht über die 20-Zöller ausüben kann, ist selbst für Sportwagen-Neulinge schnell zu erfahren. Denn genau dann setzt es sowohl einen mächtigen Tritt in den Rücken als auch mächtig was auf die Ohren. Der Sound des V8 kann sich hören lassen – vor allem in Tiefgaragen und Unterführungen. Wer sich nach dem ersten brachialen Antritt vergewissern möchte, ob seine Frisur noch sitzt oder seine Falten tatsächlich glattgezogen wurden und somit das teure Botox eingespart werden kann, für den gibt es im neuen 570 S Coupe eine Besonderheit. Denn er ist der erste McLaren mit einem Schminkspiegel. Ebenfalls zum ersten Mal existiert ein Handschuhfach im und zwei Frontscheibenwischer am Auto. Was es zwar auch gibt, aber wahrscheinlich als erste Amtshandlung deaktiviert wird, ist eine Start-Stopp-Funktion. Alles in allem wird das McLaren 570 S Coupe mit Sicherheit dafür sorgen, dass die aktuelle Jahresverkaufszahl von 1.649 Einheiten schon im kommenden Jahr deutlich ansteigen wird.

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