Das wurde aber auch höchste Zeit. Die Temperaturen klettern selbst im kleinen französischen Alpen-Örtchen Beaufort bereits auf über 30 Grad. Die fahrenden Eismänner brauchen fast schon Geldspeicher a la Dagobert Duck und die Nachbarn genießen ihre Cabrioausfahrten in kurzen Shirts und mit Sonnencremeresten im Gesicht. Die Zeit könnte kaum perfekter sein, da rollt Mercedes-Benz seinen letzten vermissten E-Klasse-Sohn auf die Straße, das Cabriolet. Und da nicht gekleckert, sondern vornehmlich geklotzt wird, steht auch gleich der E 400 4Matic mit 333 V6-PS für mindestens 70.282 Euro inklusive Allradantrieb parat. Es geht mit 54.228 Euro natürlich auch günstiger. Doch ist der Sommer dank der späten Markteinführung eh schon kurz genug geworden, da dürfen die 184 PS des E 200 neben dem E 300, dem E 350 d 4Matic und dem Einstiegsdiesel E 220 d mit 194 PS ruhig im Showroom stehen bleiben. Und wer will offen schon mit einem Diesel vor sich hinrasseln.

Dass diese überspitzte Entscheidung ihre Berechtigung hat, zeigt sich schon beim ersten Sprint bis Tempo 100. Nach 5,5 Sekunden ist nicht nur die digitale Tachonadel auf dem aus der E-Klasse-Familie bekannten, gewaltigen Bildschirm in der Dreistelligkeit angekommen. Die Mundwinkel des Fahrers haben ebenfalls Schwung nach oben bekommen, während sich die Hände der Beifahrerin schützend über ihr Haupthaar legen, um dem von ihr erwarteten Orkan zumindest ein wenig Widerstand zu leisten. Allerdings, und das wird ihr auch sehr schnell bewusst, ist dies überhaupt nicht notwendig. Denn mit einer einzigen Fingerbewegung gen Mittelkonsole fährt sowohl das Windschott zwischen den beiden Kopfstützen der Fondsitze heraus, als auch das elektrische Aircap-Windschottsystem. Aus Windstärke zwölf auf der Beaufortskala wird somit fast eine Flaute. Schade eigentlich, sorgte der starke Wind doch zumindest ein bisschen dafür, dass der ganze Blütenstaub dem Klavierlack fernbleibt.

Wem bei hochgefahrenen Fensterscheiben dennoch ein wenig frisch um den Hals ist, der wird jeden weiteren Meter mit der aktivierten Kopfraumheizung Airscarf Open Air genießen. Reicht all das nicht, um den bis zu drei Passagieren den Wind aus dem Haar zu nehmen, führt kein Weg an dem wichtigsten Schalter des gesamten Mercedes-Benz E 400 4Matic Cabriolets vorbei. Dem Schalter, der für das Öffnen und Schließen des Stoffverdecks mit Glasscheibe zuständig ist. Nach 20 Sekunden und bis Tempo 50 ist auch die schwächste Brise aus dem Innenraum verbannt. Jetzt herrscht auch auf den hinteren, alles andere als billigen Plätzen, Flaute. Die Frisur ist jedoch noch nicht ganz außer Gefahr, sollten die ebenfalls über eine Sitzheizung verfügenden Mitfahrer im Fond an die 1,90 Meter Körpergröße heranreichen.

Anders als der Wind, lässt sich der Fahrspaß nicht so schnell aussperren. Zu präzise ist die Lenkung, zu agil das selbst im Sportmodus noch sehr komfortabel abfedernde Fahrwerk. Der offene E 400 wirkt wie eine flotte Limousine – eben nur auf Wunsch ohne Dach. Und genau so muss sich ein Cabriolet anfühlen. Über Kofferraumvolumen und Stauraum wird gleichzeitig normalerweise kaum ein Satz verloren, da Cabrios von Natur aus in der Liga der unnötigen Spaßfahrzeuge spielen. Beim Mercedes E Cabriolet schaut das dieses Mal überraschenderweise ein wenig anders aus. 385 Liter im geschlossenen Zustand können sich bereits sehen lassen. Dank der im Verhältnis 50:50 umklappbaren Fondsitzlehnen bietet sich aber zum ersten Mal eine Durchlademöglichkeit an. Richtig durchladen, und zwar einen potenten V8-Benzinmotor, könnten Interessenten eines E-Klasse Cabriolets vielleicht auch in naher Zukunft. Christian Früh, Entwicklungschef der E-Klasse bei Mercedes-Benz, nährt verschmitzt lächelnd die Hoffnung auf mehr Leistung: „Ein V8 würde auf jeden Fall im Motorraum Platz finden. Mal sehen...“

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