Auf der “ars electronica” in Linz setzen sich kreative Köpfe und führende Wissenschaftler aus aller Welt mit der Mobilität der Zukunft auseinander. Wer erwartet, in 30 Jahren mit schwebenden Autos durch die Welt zu gleiten, wird enttäuscht, dafür spielt das autonome Fahren eine zentrale Rolle.

Die wild durcheinander fünf rollenden Halbkugeln schauen aus, wie automatische Staubsauger. Doch das scheinbare Chaos hat System. Wer genau hinschaut, erkennt, dass die Maschinen miteinander kommunizieren und auch auf Menschen reagieren. Biegen sie ab, projizieren die rollenden Curlingsteine einen Richtungspfeil auf den Boden, steht ein anderes Auto den Weg, bleiben sie stehen und signalisieren mit einem Leuchten der Dioden, dass die andere Kugel Vorfahrt hat. Noch eindeutiger wird der Dialog, wenn ein Mensch in das Geschehen eingreift. Kreuzt man den Weg des Fahrzeugs, bleibt es stehen, der LED-Ring leuchtet weiß und die eingebaute Kamera wirft einen Zebrastreifen auf den Boden.

Einfache Gesten als Teil der Kommunikation

Hat der Fußgänger seinen Weg absolviert, setzt der kleine Roboter seine Fahrt fort. Dass ein Auto stehen bleibt, ist nichts Außergewöhnliches, das macht jeder Notbremsassistent. Wichtig ist ein “Dialog”, wie er tagtäglich im Verkehr stattfindet und vertrauensbildend ist. Überquert man die Straße, nimmt man mit dem Fahrer im Auto Blickkontakt auf und verständigt sich Non-Verbal über die Absicht des Fußgängers. Wie soll das bei einer Maschine vor sich gehen? Eine Möglichkeit sind die erwähnten Projektionen auf den Asphalt. Unterstützt wird dies durch ein Leuchtsignal, das das automatisierte Auto aussendet. Die weiße Farbe bedeutet: “Ich habe Dich gesehen und bleibe stehen, “Fundiertes Vertrauen”, nennt Daimler-Zukunftsforscher Alexander Mankowsky diese Interaktion zwischen Mensch und Maschine.

Zum Dialog werden auch einfache Gesten gehören. Ein “Weiter-Winken” gibt dem Auto freie Fahrt, ein Heben des Arms, um ein Taxi heranzurufen, wird auch bei einem führerlosen Auto den gewünschten Effekt haben. Außerdem sollen die Robo-Autos auch die Intention des Menschen richtig vorhersagen. Macht er einen Schritt in Richtung der Fahrbahn, bedeutet es für die automatisierten Autos “Stopp”, dreht er der Straße den Rücken zu, kann der Verkehr ungehindert fließen. Dieses friedfertige Miteinander zeichnet ein ganz anderes Bild, als die Horror-Szenarien, die der Action-Denkfabrik Hollywood entspringen. In Filmen wie “Terminator wollen die Killermaschinen den Homo Sapiens ausradieren. So wird die Zukunft des Gespanns Mensch und Roboter nicht aussehen. Zumindest, wenn es nach dem Willen der klugen und kreativen Köpfe geht, die sich auf der Zukunftsmesse Ars Electronica in Linz mit dem Mobilität der Zukunft beschäftigen.

Neue Formen des Platz-Teilens

“Roboter und Mensch sollen sich je nach ihren Stärken und Schwächen ergänzen”, sagt Dr. Martina Mara, eine Psychologin, die sich mit dem Zusammenspiel zwischen den Menschen und den Robotern beschäftigt. Dass autonom fahrende Autos eine Hauptrolle beim Verkehr von morgen spielen werden, gilt als ausgemacht. “Wie wird sich das anfühlen, wenn man als Mensch von Robotern umzingelt sein wird”, fragt Martina Mara.

Wie sich die Autos und die Menschen den immer weniger werdenden Platz in den Mega-Citys teilen werden, ist ebenfalls ein Kernthema beim Festival für Kunst, Technologie und Gesellschaft, das seit 1979 veranstaltet wird. Das Konzept, das die verschiedenen Fortbewegungsarten getrennt sind und die Autos auf breiten Straßen durch die Städte fließen, stammt aus dem Jahre 1939 und wird in Zukunft in dieser Form nicht mehr Bestand haben. Wenn man den Robo-Autos vertrauen kann, greift das Konzept der “Shared Spaces”, also Lebensräume, die sich Mensch und Maschine teilen. Wenn Autos auf Zeichen reagieren und pflichtgemäß ausweichen, reichen Signalbarken aus, um einen Bereich abzugrenzen. Diese Idee wird heute schon in Städten wie dem niederländischen Groningen praktiziert, wo sich Kinder, Fahrradfahrer und Autos eine Straße teilen und der Spielplatz durch eine niedrige Absperrung abgeschirmt wird.

Das autonome Fahren als Generalschlüssel für die Mobilität der Zukunft

Natürlich verändert diese Mobilitäts-Revolution auch das Automobil selbst. “Das Auto muss das ultimative Kommunikationsmittel werden”, lächelt Vera Schmidt, die sich bei Mercedes-Benz mit dem Advanced Design beschäftigt. Das entscheidende Medium wird dann die Hülle des Fahrzeugs sein, die aus einer Membran bestehen, die als Medium zwischen Umwelt und Passagieren fungiert. So können Wunsch-Landschaften, wie der Lieblings-Urlaubsort, anstelle der realen Umwelt projiziert werden und Werbung ausgeblendet werden. “Brauchen wir in Zukunft noch Straßenlampen und Leitplanken”, fragt Vera Schmidt, die schon an der neuen S-Klasse arbeitet, die ab 2020 auf den Straßen rollen wird. Die Designerin favorisiert ein Bedienkonzept, das aus einem Guss ist und maximal zwei Anzeigeflächen hat – etwa ein Head-Up-Display und einen Info-Bildschirm, zwischen denen die Anzeigen hin und her geschoben werden.

Für Alexander Mankowsky ist das “autonome Fahren der Generalschlüssel für die Mobilität der Zukunft”. Das “sich selbst bewegende Artefakt”, wie der Vorausdenker des schwäbischen Premium-Herstellers das Auto nennt, wird wieder mehr an Bedeutung gewinnen. Die Individualisierung des rollenden Lebens- beziehungsweise Innenraums wird zunehmen und es ist auch denkbar, das sich Automobile an die Wohnung andocken und die Fläche vergrößern. Allerdings wird das Autofahren der Zukunft nicht nur das automatisierte Luxus-Rollen sein, sondern auch die unplugged Version – das Spaßfahren auf abgesperrten Rennstrecken.

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