Nahezu kein Knopf, wenige Schalter und ein ausschließlich zum Lenken fähiges Lenkrad inklusive zweier Schaltwippen - das muss ein aktueller Supersportwagen sein. Falsch gedacht. Es handelt sich um einen rund 46 Jahre alten Peugeot 504 GL. Und die beiden vermeintlichen Schaltwippen sind eigentlich die Hupe des Fahrzeugs. Durch die vier Gänge wird mit dem gewaltigen Lenkstockhebel, der rechts aus der Lenksäule herausragt geschaltet. Das puristische Interieur hingegen, könnte durchaus auf das eines aktuellen Sportwagens schließen lassen. Wäre da nicht das ziemlich altbackene Design der Lüftungs- und Heizungshebel. Ganz und gar nicht sportlich wirken schon in den ersten Sekunden die Sitzgelegenheiten. Ob vorn oder hinten, hier wird gemütlich Platz genommen und sich nicht hineingequetscht. Von Seitenhalt, Beinauflage und sonstigem neumodischen Kram ist hier natürlich nichts zu spüren. Der Peugeot 504 GL aus dem Jahre 1970 diente schon damals dem komfortablen Reisen und nicht dem sportlich ambitionierten Fahren.
Mit seinem 93 PS starken Reihenvierzylindermotor sind zwar 162 Kilometer pro Stunde möglich, aber nicht zu empfehlen. Ab Tempo 100, dass er bei Bedarf innerhalb von 13,2 Sekunden erreicht, nehmen die Windgeräusche so stark zu, dass eine Unterhaltung zum echten Stimmband-Stress-Test avanciert. Die Landstraße ist ganz klar des 504 GLs bester Freund. Zudem bügelt die Federung der selbsttragenden Ganzstahlkarosserie inklusive der Einzelradaufhängung auch gröbere Unebenheiten einfach weg. Allzu kurvenreich sollte die Strecke dann aber auch wieder nicht sein, da die Zahnstangenlenkung denselben Habitus an den Tag legt, wie schon der Rest des Fahrzeug-Setups. Sie ist mehr für eine gemütliche Gangart konzipiert.
Wird es mal kurvig, so wird es auch gern mal etwas anstrengend. Einen Alpenpass im 4,49 Meter langen und 1.175 Kilogramm schweren Peugeot 504 GL zu überqueren macht aber auch mit Blick auf eine weitere Tatsache wenig Spaß, beziehungsweise ist noch lang nach dem Gipfelsturm zu spüren. Denn das Kunststoff-Lenkrad ist, wie auch weitere Lenkräder zu dieser Zeit, sehr dünn und auf Dauer unangenehm. Längere Touren sorgen für mächtige Schwielen. Wer sich heutzutage für Autofahrer-Handschuhe nicht zu fein ist, kann sich den schmerzhaften Folgen jedoch elegant entziehen.
Führt kein Weg an der Benutzung einer Autobahn vorbei, lässt sich in der Zeit auch ohne Drehzahlmesser genau erfahren, wann 3.000 Touren anliegen. Denn genau dann gibt der, sich aus einem 56 Liter fassenden Treibstofftank ernährende 2,0 Liter große Vergasermotor, seine maximale Kraft von 160 Newtonmeter an die beiden angetrieben 14 Zöller am Heck weiter. Die Geschwindigkeit beträgt da rund 120 Kilometer pro Stunde. Selbst ohne die altersschwache Tankanzeige, die mehr einem Metronom als einem Fels in der Brandung gleicht, ahnt der Fahrer recht flott, dass schon vor fast einem halben Jahrhundert die Hersteller es nicht ganz so genau mit der Verbrauchsangabe genommen haben. 10,8 Liter Benzin auf 100 Kilometer entsprächen in der Theorie einer Reichweite von 528 Kilometern. In der Praxis sollte hingegen mit der Tankstellensuche bereits nach gut der Hälfte begonnen werden. Was aber natürlich überhaupt nichts macht, da ja schon bei der Anschaffung ordentlich gespart werden konnte. Heute ist zwischen fünf- und zehntausend Euro ein Peugeot 504 GL eigentlich immer zu finden. Und sollte es auch mal kein GL-504er sein, so starten seine Preise auf dem Gebrauchtwagenmarkt noch tiefer.