So ganz können sie bei Renault nicht aus Ihrer Haut. Sobald man den französischen Crossover startet, ertönt ein freundliches Jingle. Ein bisschen akustischer Franko-Pop muss schon sein, wenn man die Karosserie in 90 Farbkombinationen (Dach und Karosserie) ordern kann. Dazu gibt es eine Ambiente-Beleuchtung, bei der acht Farben zur Auswahl stehen. Doch damit hat sich das Disco-Gefühl schon erledigt. Keine Lichtorgel, keine lang blinkenden Dioden, sondern ein betont aufgeräumtes Interieur, das mit seinem hochkant positionierten zentralen tabletartigen 9,3 Zoll Display an einen Tesla erinnert.
Zumal man sich in dem merklich aufgewerteten Interieur deutlich wohler fühlt als in den Plastikwüsten-Ambiente vergangener Tage. Wir waren in der zweithöchsten Ausstattungsstufe "Intens" unterwegs und freuten uns über unterschäumte Flächen und Stoff-Applikationen. Sofort fällt auf: Das Interieur gleicht dem des technischen Bruders Clio und ein Großteil der Bedienung läuft über den Touchscreen ab, was ohne große Eingewöhnung klappt. Damit die Ansicht und Funktionalitäten aktuell bleiben, werden die Updates drahtlos aufgespielt. Bereits jetzt erleichtert die "Google-Suche" das Finden von Adressen.
Wer will, kann sein Smartphone via Apple CarPlay oder Android Auto spiegeln und dessen Apps nutzen. Unter dem Touchscreen befinden sich die Lademöglichkeiten - zwei USB-Anschlüsse und eine induktive Fläche. Das digitale Zehn-Zoll-Cockpit fügt sich mit seinen animierten Rundinstrumenten nahtlos in diese Umgebung ein. Die Farbe und die Darstellung der einzelnen Instrumente kann sich der Fahrer nach Gusto einstellen - in den von Renault gesetzten Grenzen natürlich. Unter anderem kann man sich auch einen Navigationsbildschirm zwischen Drehzahlmesser und Tacho anzeigen lassen. Interessantes Detail: Der (Sicherheits-) Abstand zum Vordermann wird in farblich unterlegten Sekunden dargestellt - grün- gelb- rot.
Munterer Motor
Das Fahrwerk ist eher auf der komfortablen Seite angesiedelt, ohne zur archaisch französischen Schiffschaukel zu mutieren. Gerade bei schlechten Straßen zahlt sich diese Abstimmung aus, wenn es schneller um die Kurven geht, neigt sich die Karosserie etwas und der fehlende Seitenhalt der Sitze wirkt sich in einem Mitschunkeln des Oberkörpers aus. Aber das Fahrverhalten ist neutral und die Lenkung spricht recht präzise an, was den Spaßfaktor erhöht.
Der 96 kW / 131 PS starke Benziner ist ein munterer Geselle, auch wenn er eine leichte Antrittsschwäche nicht ganz verhehlen kann, und kommt in Kombination mit der Sechsgang-Handschaltung gut mit dem 1.309 Kilogramm schweren Crossover zurecht. Nach 10,6 Sekunden knackt der Captur die 100-km/h-Marke und schafft maximal 196 km/h. Dabei hält sich der Vierzylinder auch akustisch zurück und meldet sich nur dann zu Wort, wenn man ihm mit Vollgas zum gestreckten Galopp animiert. Mit einer Portion Laisser-faire geht es am entspanntesten voran - einfach laufen lassen. Das resultiert in einen Norm-Spritverbrauch von 5,8 l/100 km. Nach unserer ersten Testfahrt spuckte der Bordcomputer 7,0 l/100 km aus.
Deutlich gewachsen
Der neue Captur steht wie der Clio auf der CMF-B-Plattform des französischen Autobauers. Damit gehen einige neue Assistenzsysteme einher: Unter anderem ein Querverkehrswarner, der beim Ausparken hilft und ein Stau-Assistent, der zwischen Tempo 0 km/h und 170 km/h aktiviert werden kann. Dabei kombiniert Renault den Spurhalte-Assistenten mit einem adaptiven Tempomaten. Allerdings steht dieses Ausstattungsdetail aktuell nur für die stärkeren Motorisierungen in Kombination mit dem aufpreispflichtigen Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe zur Verfügung (Captur TCe 130 GPF EDC, TCe 155 GPF EDC und BLUE dCi 115 EDC). Serienmäßig sind unter anderem Voll-LED-Licht, ein Notbremsassistent mit Fußgängererkennung und ein Spurhalte-Assistent. Optional bieten die Franzosen einen Toter-Winkel-Assistenten an.
Bei den Abmessungen legt der Captur deutlich zu, ist jetzt 4,23 Meter lang, das sind fast elf Zentimeter mehr als bisher. Das wirkt sich natürlich auf den Radstand aus, der um zwei Zentimeter gewachsen ist. Damit haben die Fondpassagiere noch mehr Platz. Wenn man die Rückbank ganz nach hinten schiebt, lässt es sich hinten fürstlich reisen. Der Kofferraum hat ein Minimalvolumen von 422 Litern, legt man die Lehnen der Rückbank um werden maximal 1.275 Liter daraus. Allerdings tut sich hinter den Rückbanklehnen und dem oberen Ladeboden ein Schlitz auf.
Auch die Elektro-Fans dürfen sich freuen: Nächstes Jahr legt Renault den E-Tech Plug-in-Hybrid nach. Die elektrifizierte Variante verfügt über zwei Elektromotoren - einen mit 53 kW / 72 PS und einen integrierten Starter-Generator (ISG). Gemeinsam mit dem 67 kW/91-PS-Saug-Triebwerk ergibt das eine Systemleistung von 118 kW/160 PS. Die Batterie hat eine Kapazität von 9,8 Kilowattstunden, was für eine E-Reichweite von 45 Kilometern (WLTP) beziehungsweise 65 Kilometern im Stadtmodus und eine rein elektrische Höchstgeschwindigkeit von 135 km/h reicht.