Eins der schönsten Feste rund ums Automobil lockt tausende Zuschauer bei perfektem Wetter in den Schlosspark des Grafen Metternich. Trotz der hohen Eintrittspreise sollte der Besuch für Autofans ein Muss sein.

Schon die Anfahrt zum edel anmutenden Schlosspark macht schnell klar, dass es mehr Autofans gibt, als gedacht. Soweit das Auge reicht Autos, Autos und noch mehr Autos. Aber nicht nur irgendwelche, sondern historische, moderne, seltene und utopisch teure. Na gut, wird sich der Erstbesucher denken, das habe ich auch auf einer Messe oder Ausstellung. Der große Unterschied zu nahezu allen anderen Veranstaltungen mit derlei Top-Aufgebot ist jedoch nicht zu überhören. Denn fast alle der hier zu sehenden Stars zeigen auf einem gut einsehbaren und ausreichend langen Rundkurs, was in ihnen steckt. Einzige Ausnahmen sind die Juwelen der Veranstaltung, die auf ihrer Schlosspark-Insel zu schade zum Fahren sind.

Einer diese mobilen Edelsteine ist der Mercedes-Benz 540 K aus dem Jahr 1938. Der unter dem Namen Stromlinienwagen bekannte Schwabe zeigte schon vor fast 80 Jahren, wie ein Luftwiderstandsbeiwert von cW=0,36 erreicht werden kann. In unmittelbarer Nähe stehen zwei Fahrzeuge Stoßstange an Stoßstange, die auf den ersten Blick kaum unterschiedlicher sein könnten. Der genau 100 Jahre alte Detroit Electric Model 52 Double Drive, der auch den kleinen Besuchern bekannt vorkommen dürfte, dient er doch Oma Dorette Duck in Entenhausen als Auto – und der Tesla Model S 70D. Wie der Name schon verrät handelt es sich aber nicht nur beim bekannten Tesla, sondern auch beim roten Oldtimer um ein Elektroauto. Lautlose Vergangenheit und Moderne auf wenigen Quadratmetern.

Im Feld ist es wieder einmal fast am schönsten

Vom Thema Lautlosigkeit ist eine der Hauptattraktionen der Veranstaltung so weit entfernt, wie die Regenwolken dieser Tage zum Glück vom Austragungsort Jüchen. Der passender Weise Drago Ruggente, übersetzt brüllender Drache, genannte Bolide von Glen Billqvist aus Südschweden ist einzigartig. Selbst mehrere hundert Meter entfernt hört sich allein das Anlassen des 27 Liter großen V12-Aggregats an, als wenn ein Dutzend Fahrzeuge schlicht explodierten. Der ursprünglich für einen Caproni-Bomber 313 im Jahre 1938 entwickelte Motor hat es zwar nie in ein Flugzeug geschafft, doch sorgen seine 800 PS, die auf das Getriebe eines Ford LKW der 40er Jahre einpreschen, für einen unfassbaren Lärm. So schön das Chassis des Delage aus den 20ern ausschaut, so urgewaltig mutet der luftgekühlte Isotto Fraschini Flugzeugmotor an. “Es ist das größte Projekt meines Lebens. Ich arbeite im IT-Bereich und das Schrauben an den Fahrzeugen ist der perfekte Ausgleich”, erklärt Glenn Billqvist mit strahlenden Augen.

Zu den menschlichen Stars der Veranstaltung zählen neben den Rennfahrerlegenden Sir Stirling Moss, Hans Herrmann, Klaus Ludwig und vielen weiteren, natürlich auch in diesem Jahr die beiden Camping-Urgesteine Karl-Heinz und Annemarie Paumen. Die bereits zum zehnten Mal für rund eine Woche im Schlosspark campenden 83-Jährigen sind dieses Mal mit einem Volvo 164 von 1979 und einem Westfalia Camping 310-4 angerollt. Aber nicht nur Wohnwagen-, sondern auch Wohnmobilfreunde kommen dieser Tage voll auf ihre Kosten, so sind zahlreiche VW California aus jeder erdenklichen Epoche zu sehen. Ebenfalls epochenübergreifend stehen Rennboliden über das ganze Gelände verstreut zum Anschauen bereit. So zeigt Peugeot auf einem der vielen Herstellerstände neben einem echten Rally Paris-Dakar-Siegerfahrzeug ein Gruppe B-Monster auf Basis des 205 turbo 16 neben dem auf 200 Exemplare limitierten Serienfahrzeug. Von letzterem existieren in Deutschland nur noch drei Stück, die, wenn sie jemand überhaupt noch verkauft, Preise bis an die 200.000 Euro-Grenze erzielen.

Autobesitzer, die sich aufgrund ihrer Leidenschaft zu Clubs formiert haben, finden sich erneut im Dycker Feld wieder – und mit ihnen ihre zahllosen und in unendlich scheinenden Reihen aufgestellten Fahrzeuge. Allein dieser Teil der Veranstaltung ist schon fast den Eintrittspreis wert. Denn hier sind die Autos zu sehen, für die nicht erst im Lotto gewonnen oder eine Bank ausgeraubt werden muss. Ganz im Gegenteil. Hier stehen automobile Schätze, deren emotionalen Wert höher ist als ihr Materialwert. Ob nun die gefühlt komplette Produktion an BMW Z1, Lotus Seven, alten Stingrays aus dem Hause Chevrolet oder Austin Healey – sie alle versprühen ähnlich viel Faszination wie die seltenen Bristol-Cars oder Facel Vega auf der Schloss-Insel. Die 2,50 Euro pro Monat sollten angesichts dieser bleibenden Momente kein Problem mehr sein.

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