Über 500 Kilometer Reichweite
Der Unterschied zwischen dem schwedischen und dem finnischen Donnervogel liegt allerdings im Ursprung der Leistung. Denn während beim Koenigsegg ein fünf Liter großer Benzinmotor für ein Dauergrinsen des Fahrers und seines glücklichen Beifahrers sorgt, entsteht beim Toroidion die Gesichtsentgleisung aus purem Strom. Der Vorteil liegt auf der Hand oder besser gesagt ist auf der Stoppuhr abzulesen. Denn während der Treibstoff verbrennende Schwede nach rund 20 Sekunden beim obligatorischen Sprint das Zieltempo erreicht, steigt der Stromerfahrer schon wieder aus – er braucht nur elf Sekunden. Ach ja, das Zieltempo beträgt nicht gemütliche 200 oder langweilige 300, sondern atemberaubende 400 Kilometer pro Stunde! Und das Beste: Der Finne könnte noch 50 km/h drauflegen…
Die Reichweite des mit zwei je 200 Kilowatt starken Front-Rad-Motoren und zwei je 300 Kilowatt starken Heck-Rad-Motoren ausgestatteten Finnen soll über 500 Kilometer betragen. Seine vier Kühler für die vier Motoren haben so viel zu tun, dass sie noch lange nach dem Abstellen des Wagens wie eine Straßenbahn surren. Damit die aufgebaute Allrad-Energie auch wieder abgebremst werden kann, dafür steht eine Carbon-Keramik-Bremsanlage parat.
24 Stunden von Le Mans gewinnen
Verantwortlich für den ein Megawatt starken Toroidion 1MW aus Raasepori in Finnland ist sein Schöpfer Pasi Pennanen. Der Mittvierziger ist schon von klein auf mit dem Auto-Virus infiziert worden. Mit jungen acht Jahren ereignete sich ein folgenschwerer Vorfall, der sein Leben in die linke Spur fuhr: Er sah den Film Le Mans mit Steve McQueen. Seit dem drehte sich bei ihm alles nur noch um Autos, Autos und noch mehr Autos. Im Laufe der Jahre wurde aus seiner Besessenheit ein Job. Er entwickelte zwanzig Jahre lang Konzept- und Serienfahrzeuge für die Marken Jaguar, Honda und Zagato. Wobei ihm ein ständiger Traum im Hinterkopf blieb: Die Entwicklung eines eigenen Fahrzeugs. Und genau dieser Traum wurde vor acht Jahren zum ersten Mal in kleinster Runde kommuniziert. Aber es sollte nicht irgendein Auto sein, es sollte ein Auto sein, “das die Welt verändert.”
Aus diesem Grund wurde 2011 die Marke Toroidion gegründet, mit dem Ziel “ein Elektroauto auf die Räder zu stellen, das die 24 Stunden von Le Mans gewinnen kann”, verrät der CEO und Chefdesigner Pennanen. Der Name Toroidion setzt sich aus den Worten Toroidion und Ion zusammen, also den Begriffen für ein rettungsringförmiges, mathematisches Objekt, auch Torus genannt und ein elektrisch geladenes Atom. Dass dieses recht ambitionierte Ziel nicht in der Kneipe, sondern am Computer in Excel-Tabellen definiert wurde, klingt nur anfangs seltsam. “Nach zahllosen Berechnungen haben wir unsere größte Frage – zumindest theoretisch – beantwortet: Ja, man kann Le Mans mit einem Elektroauto gewinnen!”
Bis zu 3,5 Millionen Euro teuer
Herausgekommen ist mit dem 1MW das leistungsstärkste Elektrofahrzeug der Welt. “Dieses Fahrzeug könnte vieles verändern, ähnlich wie das iPhone in der Handyindustrie oder das erste Auto in Zeiten von Pferdefuhrwerken. Es wird nichts mehr so sein, wie zuvor”, schwärmt Pasi Pennanen. Vier Jahre hat die Entwicklung des Ein-Mega-Watt-Boliden gedauert. Auf die Frage nach den benötigten Arbeitsstunden winkt Pennanen ab. “Arbeitsstunden und die dazugehörigen Gesetze sind Gewerkschaftserfindungen. Es kann nichts Großes und schon gar nichts Neues erfunden werden, wenn sie darauf Rücksicht nehmen”, erklärt er. Dass bei solch einem Projekt völliges Stillschweigen verordnet wurde, kommt nicht von ungefähr. “Ich habe vieles in der Automobilindustrie gelernt. Die Vorteile einer sorgfältigen Geheimhaltung zum Beispiel. Nicht einmal per Mail durfte über dieses Fahrzeug kommuniziert werden”, verrät Pennanen.
Der je nach Ausstattung zwischen 1,5 und 3,5 Millionen Euro teure Bolide mit einer Wartezeit von zwei Jahren und einer Anzahlungsleistung in Höhe von 50 Prozent bietet aber noch mehr, als die pure Kraft. Das selbsternannte Hypercar hat sogar einen Kofferraum von 500 Litern Fassungsvolumen, ein Antidiebstahl-GPS-System und ein höhenverstellbares Fahrwerk. Die Ventilation für den Innenraum wird per Solarenergie angetrieben und auf Wunsch stehen sogar eine Klimaanlage sowie eine leichte Panzerung nach STANAG Level 1 zur Verfügung. Wer mit dem 860 Kilogramm leichten und 4,32 Meter langen Sportler auf die Rennstrecke will, für den stehen zusätzlich ein FIA-zugelassener Käfig, ein spezielles Aerodynamik-Kit und beleuchtete Startnummern und Rennstreifen zur Wahl.
Besonders stolz ist Pasi Pennanen auf die Batterietechnik, mit der er laut eigener Aussage “in keiner Konkurrenz zu Tesla” steht. Denn “die machen was anderes als wir. Wir haben alle traditionellen Probleme gelöst, denen ein Elektroauto heute gegenübersteht. Diese Probleme sind die Reichweite der Batterie und ein zu langsamer Batteriewechsel.” Der für den Rennsport entwickelte Toroidion 1MW mit auffallenden Flügeltüren lässt sich in kürzester Zeit mit einer neuen Batterie ausstatten. Vom Cockpit aus entriegelt der Fahrer per Knopfdruck die Arretierung und die neue Batterie kann schnell nachgeschoben werden. “Diese Technik lässt sich auch auf kleinere Fahrzeug, LKW oder auch Motorräder übertragen. Sogar im maritimen oder auch im Luftfahrt-Bereich ließe sich diese Technik anwenden”, schwärmt Pennanen. Einen Fan hat er schon: Fürst Albert II von Monaco. Fünf Minuten lang hat sich das Oberhaupt der Familie Grimaldi bei der Weltpremiere des Toroidion 1MW im Cockpit des blauen Blitzes über das Fahrzeug informiert.