Volvo baut traditionell die etwas anderen Autos: Neu im Programm ist der hochbeinige Kombi V60 Cross Country. Für praxisorientierte Autofahrer mit Familie eine gute Wahl.
Bei Autos ist es manchmal wie in einer Familie. Da ist der eine Bruder, unkonventionell, markant und immer im Mittelpunkt. Der Typ, dem schnell die Herzen zufliegen. Daneben steht der seriöse Sprössling, korrekt gescheitelt mit stets sauberen Hemdkragen, dessen Attraktivität sich erst auf dem zweiten und dritten Blick erschließt, aber dann umso nachhaltiger ist. So ein Brüderpaar sind der Volvo S60 Cross Country und der V60 Cross Country. Beide stehen auf einer Plattform, die noch aus der Zusammenarbeit mit Ford stammt. Die Technik soll in den nächsten Jahren sukzessive modernisiert werden. Damit ist der Startschuss zu einer Produkt-Offensive erst gefallen: Bis 2019 wollen die Schweden mit elf neuen Modellen den Automarkt aufmischen.
Fällt auf!
Schließlich gehört der schwedische Autobauer zum chinesischen Geely-Konzern und soll der Mutter im Fernen Osten Geld in die Kassen spülen. Da ist es ganz gut, seine Klientel zu kennen, um die richtigen Produkte parat zu haben. Die Hälfte der Volvo-Kunden entscheiden sich für Offroad-Modelle. Die Modellausrichtung trägt so langsam Früchte. Nach einer Durststrecke sind die Schweden wieder auf Kurs: Im vergangenen Jahr verkaufte Volvo weltweit 465.866 Autos. Dieses Jahr soll die halbe Million fallen – das ist angesichts der Tatsache, dass das SUV-Flaggschiff XC 90 neu auf dem Markt ist, auch realistisch.
Doch was zählt, ist das hier und jetzt. Der Volvo V60 Cross Country ist ein Zwischending aus konventionellen Pkw und dem SUV XC60. Das Konzept des Crossovers haben die Schweden schon 1997 mit dem V70 Cross Country ersonnen. Auch 18 Jahre später fällt die hochbeinige Silhouette sofort auf. Rollt man durch die Innenstadt, drehen sich die Köpfe: Der kantige Schwede ist ein bunter Punkt in der teutonischen Blechparade, bestehend aus Audi A4 Allroad oder den etwas kürzeren VW Golf Alltrack. Volvo spielt bei seinem Feldweg-Kombi die übliche Klaviatur der optischen Offroad-Elemente: also hat auch der Schwede einen angedeuteten Unterbodenschutz vorne und hinten, garniert mit seitlichen Schwellern und obendrauf gibt es noch einen Kühlergrill mit schwarzen Waben. Zückt man das Maßband, erkennt man, dass die Karosserie des Cross Country genau 6,5 Zentimeter höher liegt, als die des Normalo-V60. Das ergibt eine Bodenfreiheit von etwas mehr als 20 Zentimeter. Allemal genug, wenn Vati oder Mutti die Familie zum Picknick über Stock und Stein chauffieren will.
Geringer Durst
Das Etwas-anders-sein setzt sich in dem Innenraum fort. Das Bedienkonzept mit der knopfüberladenen Mittelkonsole und dem kleinen Sieben-Zoll-Monitor, dessen altbackene Navigations-Grafik jedem Besitzer eines aktuellen Smartphones nur ein müdes Lächeln entlockt, ist nach einer gewissen Zeit eingängig. Dass Volvo das besser kann, zeigt das Bedienkonzept im neuen SUV XC90, das ähnlich wie Tesla an einem Tablet orientiert. Alles in allem ist der Innenraum dennoch stimmig und mit den Applikationen aus echtem Holz durchaus wohnlich gestaltet.
Die Instrumententafel besteht aus einem Acht-Zoll-Display mit digital animierten Anzeigen. Das kennt man bereits, gefällt aber nach wie vor, je nach Fahrmodus ändert sich die Farbe der Anzeigen. Rot steht für “Sport”, die härtete Lenkung dort täuscht aber eine Dynamik vor, die der Vierzylinder-Diesel nicht erfüllen kann. Der 140 kW / 190 PS-Motor müht sich nach Kräften, ist aber angesichts des Fahrzeug-Gewichts von stattlichen 1.742 Kilogramm nicht der Weisheit letzter Schluss, wenn es um Längsdynamik geht. Immerhin ist der Antritt mit 7,8 Sekunden von null auf 100 km/h ganz ordentlich, ebenso wie die Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h. Der Verbrauch 4,6 Liter pro 100 Kilometer kann sich sehen lassen.
Ist das Fahrzeug in Bewegung, fällt auf, dass die Achtgang-Automatik dem Diesel einiges vom Temperament des maximalen Drehmoments von 400 Newtonmetern raubt, die sich bereits ab 1.750 U/min vollständig zum Dienst melden. Eine fahraktive Fahrmaschine ist der Volvo V60 Cross Country nicht, flitzt aber trotz Wankneigung dank gezielter Bremseingriffe an einzelnen Rädern durchaus vernünftig um die Ecke, aber das Fahrwerk wirkt unharmonisch, da der Fahrzeugaufbau ständig in Bewegung ist. Für den Normalgebrauch reicht der Frontantrieb. Wer mehr Traktion will, sollte zum optionalen Allradantrieb greifen, den es aber nur in der Verbindung mit der betagten Sechsgang-Automatik gibt. Diese Kombination kostet dann mindestens 43.650 Euro. Bei den Frontantriebs-Versionen beginnt die Preisskala mit dem kräftigeren Diesel und der Achtgang-Automatik bei 41.300 Euro. Die Platzverhältnisse in der Fahrgastzelle sind langstreckentauglich. Im Fond kann man es sich auch als großgewachsener Europäer gemütlich machen. So steht dem Familien-Urlaub nichts mehr im Weg. Der Kofferraum fasst zwischen 430 Liter bis 1.241 Liter bei umgeklappten Rücksitzlehnen. Da bieten andere mehr. Das Gepäckabteil des Audi A4 Allroad Quattro bringt es auf mindestens 490 Liter.