Es war schon seit einigen Jahren ein offenes Geheimnis. VW wird den Passat in nächster Generation nicht als Limousine weiterbauen, sondern lediglich als Kombi. Auch die Tage des Arteon dürften gezählt sein. Die Rolle einer komfortablen Reise-Limousine übernimmt künftig ein vollelektrisches Fahrzeug, der ID.7.
Lange Touren mit einem E-Auto waren bislang ein heikles Thema. Viele Autofahrer winken ab, weil Ladeinfrastruktur, Ladeleistung und Batteriekapazität in keinem guten Verhältnis zueinanderstehen. Probleme, die man auch bei Volkswagen bestens kennt. Um den ID.7 zumindest von der technischen Seite aus reisetauglich zu machen, haben sich die Entwickler in Wolfsburg mächtig ins Zeug gelegt. Sie entwickelten für die bestehende MEB-Plattform eine neue und sehr effiziente Antriebseinheit. Kein anderes ID-Modell hat bislang die intern APP550 genannte Technik unter der Haube. Die permanenterregte Synchronmaschine (PSM) leistet 210 kW/ 286 PS und entwickelt ein üppiges Drehmoment von 550 Newtonmeter – wie bei Elektromotoren üblich ab der ersten Umdrehung abrufbar. Es dürfte den ID.7 zu einer sehr souveränen und geschmeidigen Limousine machen.
Cw-Wert nicht weit vom Serien-Weltrekord entfernt
Für eine auch im Alltag reisetaugliche Reichweite kann der ID.7-Kunde eine Batterie mit einer Nettokapazität von 86 kWh wählen (Version Pro S). VW spricht nach WLTP-Norm von knapp 700 Kilometern. Selbst wenn es in der Realität später um die 500 Kilometer sein sollten, wäre dies ein extrem guter Wert. Bei der Basisversion Pro stecken 77 kWh im Boden, sie sollen gut für 615 Kilometer sein.
Die beruhigenden Reichweiten sind auch das Resultat einer ausgefeilten Aerodynamik. Der ID.7 wurde bewusst strömungsgünstig konzipiert, kommt auf einen Cw-Wert von nur 0,23 und fährt damit im Spitzenfeld. Zum Vergleich: Den Weltrekord für Serienfahrzeuge hält derzeit der Mercedes EQS mit 0,21.
Auf der anderen Seite: Einen wichtigen Komfortaspekt in der Elektromobilität markiert heute die Ladeleistung. Wie schnell kann die Batterie unterwegs wieder aufgefüllt, wie zügig die Reise fortgesetzt werden? Der ID.7 lässt sich Bestfall und in Verbindung mit der großen Batterie an einem HPC (High Performance Charger) mit bis zu 200 kW bestromen. Das schafft bislang kein anderes Elektroauto von Volkswagen und ist bei einer 400-Volt-Plattform wie dem MEB ein Spitzenwert. Zudem lässt sich auf dem Weg zur Ladesäule der Akku vorkonditionieren, um eben diese hohe Stromleistungen aufnehmen zu können. 25 Minuten soll es dauern, bis die Batterie wieder 80 Prozent ihrer Kapazität hat.
Kleine Wolfsburger Revolution im Cockpit
Lange fest stehen bereits die Abmessungen des in Emden produzierten Stromers. Der ID.7 ist mit 4,96 Meter so lang wie die neue Mercedes E-Klasse. Der Radstand beträgt stolze 2,97 Meter. Schon diese Eckdaten zeigen: Es herrschen üppige Platzverhältnisse. Für Fahrer und Beifahrer hat VW neuartige Komfortsitze mit Massagefunktion und adaptiver Klimatisierung entwickelt. Maximale Wellness auf langer Tour. Das Gepäck aber soll ebenfalls nicht zu kurz kommen. Der Kofferraum des ID.7 fasst 532 Liter, die Rücksitzlehnen sind geteilt umlegbar und erweitern die Ladekapazität deutlich.
Die größte Überraschung bietet die elektrische Oberklasse-Limousine im Cockpit. Man kann ohne Übertreibung von einer kleinen Wolfsburger Revolution sprechen. Der klassische Instrumententräger hinter dem Lenkrad ist passé. Stattdessen werden hier nur die nötigsten, gesetzlich vorgeschriebenen Dinge wie zum Beispiel die Geschwindigkeit auf einem Mini-Display angezeigt. Für alles andere ist das – Achtung! – serienmäßige Head-up-Display in der Windschutzscheibe zuständig. Kein Modell im VW-Konzern hat so etwas von Haus aus an Bord. Damit nicht genug. In die Scheibe werden beispielsweise auch virtuelle Abbiegepfeile nach dem Augmented-Reality-Prinzip eingeblendet.
Intelligentere Sprachbedienung
Die anfängliche Kritik beim ID.3 aufgrund dessen nicht beleuchteten Touchsliders (für Temperatur und Lautstärke) unterhalb des großen Mitteldisplay haben sich die VW-Entwickler zu Herzen genommen. Beim ID.7 sind sie beleuchtet. Ebenso verbessert haben sich die Materialqualität und Konnektivität. Die Sprachbedienung wurde deutlich intelligenter. Beispielsweise reicht es zu sagen: „Hallo IDA, meine Hände sind kalt.“ Das System schaltet dann die Lenkradheizung ein und führt warme Luft dorthin. Auch die Bedienung des optionalen Glasdaches läuft bequem über Sprache.
Der Vorverkauf des ID.7 startet im Sommer. Die ersten Fahrzeuge sollen Ende des Jahres beim Händler sein. Preise nennt VW noch keine. Aber schaut man sich die Preisstruktur des ID.4/ID.5 an, sollte man sich schon einmal mit einem Niveau ab 55.000 Euro anfreunden. Das Topmodell kratzt sicher an der 70.000-Euro-Marke.