Die Gründungsgeschichte von Uber könnte aus einem blassen Hollywood-Streifen stammen. Einfacher Plot - großer Erfolg. Die beiden Freunde Travis Kalanick und Garrett Camp versuchen im Winter 2008 an einem verschneiten Abend in Paris ein Taxi zu ergattern - ohne Erfolg. Kurzerhand ist die Idee zu Uber geboren. Ein paar Monate später bringen die beiden Amerikaner im März 2009 in San Francisco den Fahrdienst Uber CAB an den Start - eine private Ergänzung zu den dortigen Taxianbietern. Per Smartphone App kann sich jeder angemeldete Nutzer eine Fahrt von A nach B buchen. Nach und nach breitet sich Uber zunächst in den USA. Immer mehr laden sich die einfach gestrickte Uber App auf das eigene Smartphone während gleichzeitig die Zahl der Uber-Fahrer in die Höhe schießt. 2012 expandiert Uber ins Ausland - erste Nachahmer bieten ähnliche Fahrdienste an. Mittlerweile ist Uber in 65 Ländern aktiv und hat mehr als 16.000 Angestellte; ein Vielfaches davon sind die Uber-Fahrer.
Seit dem Marktstart gab es weltweit immer wieder Diskussionen um Uber. Gerichte untersagten die Fahrdienste; mussten sie dann aber immer wieder erlauben. Kritik wurde an verschiedenen Geschäftsgebaren laut und daran, dass Uber die Daten seiner Nutzer munter weiterverwertet. Gerade die lokalen Taxler gingen gegen die verschiedenen Uber-Dienste immer wieder auf die Barrikaden. Sie fürchten um das eigene Geschäft und die eigene Existenzgrundlage.
Heute, neun Jahre nach seiner Gründung, hat Uber einige Börsenschwankungen hinter sich, mit Dara Khosrowshahi einen neuen CEO, der von Expedia kam und mehr als fünf Milliarden absolvierte Fahrten. Viele amerikanische Städte haben Uber als Taxi-Ergänzung mit offenen Armen empfangen; einige nicht. Ebenso wie in Europa wollen einige Stadt- und Regionenoberhäupter die lokalen Taxianbieter schützen. Dabei zeigen gerade die großen Metropolen, dass Taxi und private Fahrdienste problemlos nebeneinander bestehen können. Insbesondere jüngere Leute wissen den kalkulierbaren Festpreis der Fahrdienste von Uber zu schätzen. Wer will, kann sich seine Uber-Tour mit anderen Personen teilen und reduziert seinen Fahrpreis so nochmals nennenswert. Wer eine luxuriöse Limousine oder einen großen SUV möchte, kann dies per Smartphone ebenfalls vorbestellen. Einfacher geht es nicht - günstiger nur selten. Längst hat Uber seine Fahrdienste weiter aufgefächert und gibt in vielen Städten die Möglichkeit, Essen auszuliefern, bietet Frachttouren an und arbeitet an autonomen Fahrdiensten.
Uber ist überall - fast
Doch wieso haben sich Uber, Lyft oder Grab in vielen Städten zur beliebtesten Möglichkeit entwickelt, eine feste Strecke zurückzulegen? Ein mehrtätiger Test zeigt die Vor- und Nachteile am Beispiel der USA, wo Uber am weitesten verbreitet ist. Teil I im Süden der USA: In Birmingham / Alabama soll es an einem Nachmittag von der Innenstadt zum Flughafen gehen. Zwei Personen mit großem Gepäck und komfortabel soll es sein. Daher wird per Smartphone Uber XL ausgewählt; der Chevrolet Tahoe mit langem Radstand ist genau der richtige für die Tour. Er soll 33 Dollar kosten und in drei Minuten vor der Hoteltür Downtown Birmingham stehen. Geklickt, gebucht und minutengenau rollt der schwarze Luxus-SUV vor der Tür. Der Fahrer mit Headset am rechten Ohr lädt engagiert die beiden großen Gepäckstücke ein. Eine freundliche Frage wie es geht und los gehts. Wohin genau, weiß der Pilot über seine eigene Smartphone-App, die ihm nebst aktueller Stausituation den schnellsten Weg zum Flughafen weist.
Der große SUV ist innen wie außen aus dem Ei gepellt. Ankunft nach kurzer Fahrt und die App fragt, ob man mit der Fahrt zufrieden war, den Fahrer bewerten möchte und dann klickt man gern auf den Button für das Trinkgeld, der innenhalb von wenigen Sekunden gleich die Rechnungsmail auf den neuen Preis aktualisiert. Wer sich einige Taxis in den Straßen von Birmingham / Alabama anschaut, hat keinen Zweifel daran, sich genau richtig entschieden zu haben.
Der nächste Test ein paar Stunden später in Las Vegas. Abendliche Ankunft in der glühend heißen Spielermetropole, die in den vergangenen Jahren auf mehr als zwei Millionen Einwohner angewachsen ist. Die Taxisituation mit ihren mehr als 30 Gesellschaften ist spezielle am Abend angespannt. Viele Taxis haben ebenso wie das Hotel Luxor oder das Circus Circus schon bessere Zeiten gesehen. Am Flughafen soll es ein mit einem Taxi zum südlichen Ende des legendären Las Vegas Strip gehen. Der Fahrer ist freundlich und lädt den Koffer engagiert in einen Toyota Camry neuester Bauart - sauber ist es nicht. Kaum eingestiegen, startet dieser die Taxiuhr mit den roten LCD-Ziffern und plaudert sofort engagiert los. Jedoch nicht mit einem als Fahrgast, sondern mt seinem Gegenüber am Smartphone. Die 20minütige Fahrt ins Hotel kostet stramme 46 Dollar. Nach der Fahrt leuchtet auf dem kleinen Bezahldisplay der Betrag auf und der Hinweis, ob man 25, 30 oder gar 40 Prozent Trinkgeld geben möchte. Angesichts der Serviceleistung und des alles andere als sauberen Fahrzeuginneren eine Frechheit.
Zu Stoßzeiten mit Preisschwankungen
Am nächsten Vormittag geht es in die Nähe des Flughafens zurück. Nach den mäßigen Erfahrungen mit dem lokalen Taxler soll es diesmal ein Uber sein. Ein Blick aufs Display und zahlreiche Fahrzeuge sind innerhalb von drei Minuten vor dem Hotel, die in Las Vegas neben den Taxispuren längst ebensolche für Uber- und Lyft-Dienste haben. Es soll günstig sein und so wird Uber X / Uber Pool angeklickt. Heißt, man teilt sich die Fahrt ggf. mit anderen Gästen, die in die gleiche Richtung wollen. Tanya ist mit ihrem schwarzen Chevrolet Impala kurz nach dem Bildschirmkick da. Der kurze Hinweis über die Bekleidung macht es ihr trotz Menschenauflauf einfach, einen zu finden - sie winkt und man steigt ein. Gut, sie will reden und aus den Boxen wummern dezent aber kraftvoll schwungvolle Beats. Sie will um die Ecke noch einen Gast einladen, der eine ähnliche Fahrtroute hat. Kurz abgegriffen, weitergefahren und in rund 20 Minuten am Ziel. Fahrtkosten bei ähnlicher Strecke wie gestern Abend inklusiv Trinkgeld nicht einmal zehn Dollar.
Am Mittag die nächste Fahrt quer durch Vegas. Diesmal allein und diesmal in einem roten Honda Fit, baugleich mit dem europäischen Honda Jazz. Der Wagen sieht aus wie geleckt und hat trotzdem schon 71.000 Meilen auf der Uhr. Die Klimaanlage kühlt die 46 Grad Celsius Außentemperatur angenehm herunter und der Fahrer ist in Plauderlaune. "Wer nicht gerne Auto fährt und nicht gerne mit Menschen spricht, ist hier falsch", sagt Chauffeur Peter, "ich fahre am Tag zehn bis zwölf Stunden. Je nachdem wie fit ich bin und ob große Events in der Stadt sind. An einem Tag sind 300 bis 500 Dollar bei meinen rund 30 bis 35 Touren in jedem Fall drin." Der Mittfünfziger erzählt, dass andere Fahrer in Vegas bis zu 16 Stunden arbeiten: "Das ist hart und da ist es auch schwierig mit der Sicherheit. Aber die Verlockung ist groß und natürlich verdient am Wochenende besonders gut." Da auf sechs Uber-Aufträge gerade einmal ein bis zwei Fahrten über den Konkurrenten Lyft kamen, hat Peter seine Lyft-Lizenz vor vier Monaten abgegeben. Wieder ein piekfeines Auto und ein freundlicher Fahrer - gerade in Las Vegas nicht immer an der Tages- oder Nachtordnung.
Nach ein paar mehr Fahrten mit Uber und offiziellen Taxis das gleiche Bild. Die Uber-Autos sind optisch wie technisch in einem deutlich besseren Zustand als die Taximodelle, die häufig schon ein paar hunderttausend Meilen abgeschrubbt haben. Die Fahrer sind nicht immer, aber meistens freundlicher und eben auch mitteilungsfreudiger. Beim Preis kostet ein Uber zumeist einen Bruchteil des Taxis mit dem nennenswerten Vorteil, dass man vorher weiß, was man bezahlt und einem nach mäßiger Fahrleistung noch bis zu 40 Prozent Trinkgeld abverlangt werden. Doch natürlich gibt es auch Ausnahmen, denn die Uber-Preise sind mit der Buchung zwar fix; variieren jedoch gemäß Nachfrage. Wer am späten Samstagabend im überfüllten Las Vegas eine Fahrt benötigt, wird per App auf die längere Wartezeit und höhere Preise hingewiesen. Dann kostet die Tour, die am Tag bei 22 Dollar liegt schnell einmal 35 Dollar - aber ebenfalls fix und wer nicht will, muss nicht buchen. Dann ist der Preisunterschied zum Taxi jedoch marginal. Auch Ryan ist schon ein paar Jahre als Uber-Fahrer unterwegs und berichtet gerne aus seinem Alltag. "Ich verdiene nur Geld, wenn ich auch fahre. Daher mache ich gerade am Abend einen Bogen um den Las Vegas Strip und nehme nur die Nebenstraßen. Als ich anfing, was mir klar, dass ich in einer solchen Stadt auch besoffene Gäste im Auto habe. In manchen Städten lohnt es sich als Uber-Fahrer - in manchen nicht." Er spricht in der Region Las Vegas / Henderson von mehr als 70.000 Uber-Lizenzen, von denen aber viele nicht fahren und viele nach einigen Monaten wieder aussteigen. "Der Job ist hart", unterstreicht Ryan, "darüber machen sich manche eben kein Bild. Gerade die langen Fahrten in der Nacht sind anstrengend. Aber es ist einfach toll, wen man hier alles kennenlernt." Abwarten, ob sich Uber in den nächsten Jahren auch in Europa durchsetzen kann. Gerade in Deutschland will sich Uber mit Elektromodellen einen Namen machen. Doch letztlich macht eben nur der Preis die Musik.