VDA, Bernd Gottschalk
Beurteilt exklusiv für AUTOMOBIL PRODUKTION die Lage führender Zulieferer: Bernd Gottschalk, Geschäftsführer AutoValue und ehemaliger VDA-Präsident. (Bild: VDA)

Es ist gut zwei Jahre her, dass ThyssenKrupp seine Umformtechnik an Gestamp verkauft hat. Zeit, sich zu fragen, wo das Unternehmen nun besser aufgehoben ist. Im TK-Konzern von heute, der selbst noch mitten in der Neuordnung steckt, sind die traditionellen Aktivitäten aus Brackwede oder Ludwigsfeld kaum noch vorstellbar. So schnell geht das! Dabei ist mit dem CEO Egelkamp an der Spitze des Bereichs die personelle Kontinuität sogar noch erhalten geblieben. Gut so. Das spricht für Gestamp.

Die Kunden jedenfalls haben den Eigentümerwechsel nicht bestraft, denn Daimler hat Gestamp Umformtechnik die Lieferantenauszeichnung im Bereich "Chassis" zuerkannt. Und gerade erst hat BMW einen Großauftrag in Brackwede platziert, der hohe Investitionen am Standort nach sich zieht. So soll für den VW Amarok der komplette Unterbau geliefert werden. Gut für die Mitarbeiter, möchte man meinen. Aber den Aufträgen folgen nicht nur Investitionen, sondern eben auch das Kostensenkungsprogramm "Fit for 2016", das die Konzernspitze in Madrid verordnet hat. Der Konzernchef fordert "ein Signal der Beschäftigten", und man ahnt, was gemeint ist: 40 Stundenwoche ohne Lohnausgleich, Wegfall von Pausen im Dreischichtbetrieb, mehr Leiharbeiter, und vieles mehr. Gestamp, das ist inzwischen klar, hat seine Konzern-Aktivitäten deutlicher auf den Bereich Automotive fokussiert als früher ThyssenKrupp. Deren ehemaliger TK-Automotive-Bereich fiel Stück für Stück auseinander.

Eine Fokussierung auf das Auto hilft. Selbst der Betriebsrat sagt, dass man ohne Gestamp die neuen Großaufträge von BMW und Volkswagen nicht erhalten hätte. Die "neue Heimat" hat das Geschäft also beflügelt. Gestamp gilt in der Industrie als hochkompetent und mit seinen 33 000 Mitarbeitern an 120 Standorten weltweit als "Powerhouse". Die Unternehmenstochter Umformtechnik wiederum ist heute hochkomplexen Anforderungen ausgesetzt. Das leisten Werke und Mitarbeiter, damals wie heute. Eine gute Rendite gehört aber auch zur Zukunftssicherung von Standorten, speziell im Hochlohnland Deutschland, das immer stärker im Wettbewerb mit anderen steht. Wenn diese Brücke von Leistung und Gegenleistung gebaut und tragfähig ist, sollte sich die Frage erübrigen, ob die neue spanische Heimat eine gute Heimat ist.

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