Im Mai 1968 sorgte Citroën mit seinem Spaßmobil namens Mehari auch abseits französischer Strandbars für offene Münder. Die IAA-Studie des Cactus M lässt viele Sonnenanbeter von einer modernen Neuauflage träumen. Wir stiegen ein und fuhren das Strandmobil.

Im Frühjahr 2018 feiert der Citroën Mehari seinen 50. Geburtstag. Was läge für die Franzosen näher, als sich mit einer Neuauflage des Mehari selbst ein Jubiläumsgeschenk zu machen? Der Ur-Mehari ist zumindest in Europa eine Legende – wenn auch eine klappernde. So cool waren zu Zeiten, als Crossover und SUV noch in den Sternen standen, allenfalls der MINI Moke oder der VW Buggy.

Rasselndes Urmodell

Der Weltkriegs-Kampfpilot Roland de la Poype kreierte mit dem Citroën Mehari, benannt nach einem Nomadenstamm in der Wüste, ein einzigartiges Freizeitmobil. Der Franzose nahm schamlos das Chassis eines 2 CV und baute auf ihm ein Kunststoffcabriolet für Wochenendaktivitäten aller Art. An sich hatte de la Poype die Absicht, das Fahrzeug in seinem eigenen, kleinen Unternehmen aufzubauen und zu vertreiben. Doch der geplante Name “Donkey” war in Paris auf Umwegen Citroën zu Ohren gekommen und der Großkonzern entschied das Spaßmobil nach einigem hin und her selbst auf die allzu dünnen Reifen zu stellen. Insgesamt wurden vom 3,50 Meter langen Mehari in seinen knapp 20 Jahren Produktionszeit 144.953 Fahrzeuge gefertigt. Die Veränderungen über die Jahre hielten sich in Grenzen. 1977 gab es einen neuen Kühlergrill und zwei Jahre später wurde sogar eine Allradversion aufgelegt, die vom stärkeren Motor des Citroën Visa angetrieben wurde. Sonst blieb weitgehend alles beim alten.

Der Mehari war mit seinem winzigen 0,6-Liter-Triebwerk (22 kW / 30 PS) selbst zu seiner Zeit puristischer den je. Kaum Instrumente, wenige Schalter, abwaschbare Sitzschalen und statt jeglichem Komfort gab es mächtig Fahrspaß. Selbst Gendamerie und Feuerwehr holten sich das praktische Allzweckmobil in den Fuhrpark. Und dass obschon das spindeldürre Lenkrad beinahe horizontal aus dem Armaturenbrett ragte und die Pedale in luftiger Höhe nicht nur Fahrer mit kleinen Füßen vor allerhand Probleme stellten. Der aus dem 2 CV bekannte Zweizylindermotor eignete sich gestern wie heute eher für einen Rasenmäher oder eine Schneefräse denn für einen fahrbaren Untersatz und trotzdem ist die offene Badewanne ein Launemacher. Die Neuauflage auf Basis des Citroen Cactus bietet immerhin 1,2 Liter Hubraum, drei Zylinder und flott schnatternde 110 PS. Das reicht allemal, um am Strand seinen Spaß zu haben. Statt eines sinnvollen Allradantriebs gibt es nur wechselbare Grip-Control-Fahrprogramme für mehr Traktion. In einem etwaigen Serienmodell sicher zu wenig.

Abwaschbarer Innenraum

Stehen Mehari und Cactus M nebeneinander, wirken sie wie Großmutter und Enkelin – tiefste Vergangenheit und visionäre Zukunft – und doch liegen sie nicht nur auf den zweiten Blick mit azurblauem Meer im Hintergrund näher aneinander denn je. Dem Nachwuchs-Cactus-M sieht man seine Abstammung beim ohnehin ungewöhnlichen Cactus natürlich an. Daran ändern auch die steil stehende Windschutzscheibe, die erhöhte Bodenfreiheit und die Geländereifen nichts. Schon nach ein paar Metern Fahrt in Wurfweite des Meeres merkt man der Studie des Cactus M an, dass es sich um ein Showcar, ein Einzelstück handelt, das auf der IAA viele Blicke auf sich zog. Um abseits befestigter Wege zu überzeugen sind Messemodelle wie der Cactus M nicht gemacht. Sie sollen optisch begeistern, einen verzaubern und so Lust machen auf eine reale Serienumsetzung.

Doch vergleicht man die holprige Fahrt am Steuer des azurfarbenen Prototypen mit dem, was einem gerade der historische Mehari zugemutet hat, fühlt man sich mindestens so verwöhnt wie in einem Serien-Cactus. Die großen Kunststoff-Türen erinnern an die Wackel-Konstruktion aus dem Mehari; verbinden die Buggy-Gene mit stoßunempfundlichen Airbumps des Cactus wie eine zweite Haut. Die rustikale Beschichtung findet sich zum Beispiel auch auf dem Ladekantenschutz wieder. Sie trotzt leichten Stößen, Salzwasser und nimmt Lackkratzern den Schrecken. Im Innern präsentiert sich der Cactus M noch spartanischer als sein Serien-Bruder Cactus. Geblieben sind jedoch die zwei Bildschirme auf dem Armaturenbrett und eine handvoll schlichter Schalter, über die selbst die Gänge eingelegt werden. Wie es sich für ein Surfermobil gehört, fehlen dem Cactus M im Normalbetrieb so überflüssige Details wie ein Dach oder Seitenscheiben. Stattdessen können die Surfbretter mit zwei Handgfriffen im Trägersystem auf Windschutzscheibenrahmen und Überrollbügel befestigt werden. Die Sitze sind ebenso wie das Armaturenbrett mit farbenfrohem Neoprenstoff bezogen und trotzen so selbst Salzwasser. Der Innenraum des Cactus M lässt sich mit dem Schlauch abssspritzen und das Wasser läuft wie von Geisterhand durch den perforierten Fahrzeugbogen ab. Für den Fall der Fälle gibt es ein Notverdeck.

Der Citroën Cactus M bietet auch als Konzeptstudie eine Reihe praktischer Lösungen. Problemlos können Insassen dank eines eingebauten Tritts über die offenen Flanken mit einem lässigen Sprung ins Innere des Zukunftsfranzosen gelangen oder die Surfbretter befestigen. Wer will, kann den 4,16 Meter langen Cactus M sogar zu einem fahrbaren Hotel umfunktionieren. Die Zeltkonstruktion ist im doppelten Kofferraumboden untergebracht. Die Zeiten, in denen ein Zelt noch kniffelig mit eigenen Händen aufgebaut werden musste, sind lange vorbei. Das Zelt bläst sich über ein Kompressorsystem nahezu wie von selbst auf, indem drei Trageröhren in Minutenschnelle mit Luft geflutet werden.

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