So ganz neu ist die Idee mit einem elektrischen Fiat 500 nicht. Bereits 2013 stellten die Italiener unter Chrysler-Regie für die USA einen Fiat 500e vor, der eine umgebaute Elektrovariante des bekannten Bestsellers war. Spät springt FCA mit dem neuen Fiat 500e nunmehr auf den Elektrozug auf, der aufgrund der mehr als angespannten finanziellen Lage zum Erfolg verdammt ist. Im ersten Jahr will Fiat 80.000 Fahrzeuge verkaufen, die im gründlich renovierten Werk Mirafiori vom Band laufen.

Optisch ist der neue Fiat 500e ganz der Alte - obwohl die Dimensionen leicht gewachsen sind. Im Vergleich zum bisherigen 500er wuchs der italienische Kleinwagen auf der neuen Plattform 5,6 Zentimeter in der Länge und 6,1 Zentimeter in die Breite. Die Chefingenieurin Laura Farina versichert, dass trotz der großen Ähnlichkeit zum Vorgänger nur rund vier Prozent der Komponenten übernommen wurden. Chefdesigner Klaus Busse: "Der Cinquecento von 1957 hatte ein trauriges Gesicht und da er mit Hinterradantrieb ausgestattet war, brauchte er den Frontgrill nicht. Der 2007er 500 lächelte alle an, aber Fiat schaffte eine technische Lösung, um einen kleinen, abgesenkten Kühlergrill herzustellen. Der Novo 500 verzichtet auf den Grill, da er ohne Verbrennungsmotor nicht gekühlt werden muss."

Im neuen Fiat 500 wurde insbesondere der Innenraum stark verbessert und es gibt Dolce-Vita-Innovationen wie den Sound, der Fußgänger bis zu einer Geschwindigkeit von 5 bis 20 km/h warnt. Dabei ist es viel angenehmer, von den melodiösen Akkorden von Nino Rota im Fellini-Film Amarcord alarmiert zu werden, als vom Summen eines Cyborgs, wie es heute bei vielen Elektroautos der Fall ist. Das Platzangebot im Innern wuchs durch die gewachsenen Abmessungen leicht, was sich vor allem in der Breite der Schultern vorne und kaum in der Beinfreiheit hinten bemerkbar macht. Hier bleibt es unverändert eng.

Das Armaturenbrett ist flach und enthält nur wenige Tasten. Neben den sieben Zoll großen Instrumenten gibt es einen 10,25-Zoll-Info-Entertainment-Bildschirm, der vollständig konfigurierbar ist, sodass jeder Benutzer ihn auf die eigenen Bedürfnisse anpassen kann. Grafik, Betriebsgeschwindigkeit und die Möglichkeit der gleichzeitigen Kopplung von zwei Mobiltelefonen stellen einen Quantensprung gegenüber dem dar, was Fiat bisher auf dem Markt hatte und sind Teil der Standardausstattung der reich ausgestatteten Startversionen La Prima. Zudem ist der 500e mit Details wie Fernlichtautomatik, Abstandstempomat, kabelloses Aufladen von Mobiltelefonen, Rückfahrkamera sowie Notbremsung mit Fußgänger- und Radfahrererkennung ausgestattet wobei die Innenausstattung aus recycelten Materialien und Öko-Leder mit Kunststoffen gefertigt wurde.

"Der von Samsung hergestellte Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 42 kWh befindet sich zwischen den Achsen auf dem Boden des Autos und erhöht das Gewicht um rund 290 kg", erläutert Chefingenieurin Laura Farina, "so wiegt das Auto 1.300 Kilogramm und der vorne montierte Elektromotor leistet 118 PS." Dadurch wurde der Schwerpunkt des Autos gesenkt und die Massenverteilung auf 52:48 Prozent ausgeglichen, während der Benzin-Vorgänger 60:40 Prozent bot, was ein neutraleres Fahrverhalten verspricht. Die städtischen Straßen der piemontesischen Hauptstadt Turin sind reich an Löchern und Unebenheiten. Dies zeigt, dass der 500, obwohl er auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Komfort und Stabilität setzt, deutlich strammer als sein Vorgänger abgestimmt ist. In einigen Fällen ist die Federung etwas laut und die Bodenunebenheiten werden an die Insassen weitergeleitet. Zum Ausgleich gibt es deutliche Stabilitätsgewinne und hinzugewonnener Fahrspaß, die durch die 220 Nm Drehmoment entstehen, die ab dem Start anliegen. Aus dem Stand geht es in 3,1 Sekunden auf Tempo 50 - das ist flott. Bis zur 100-km/h-Marke sind es immerhin noch gute 9,0 Sekunden.

Müder Sherpa-Modus

In der City ist der 3,62 Meter lange Fiat 500e nicht nur Dank seines Wendekreises von neun Metern bestens aufgehoben. Das neue 360-Grad-Sensorsystem wirkt wie eine Drohne, die über dem elektrischen Citymodell kreist. Die italienischen Ingenieure sprechen von 320 Kilometern elektrischer Reichweite und einigem mehr in der City. Die Wahrheit ist aber, dass wir nur 27 Kilometer in der Stadt gefahren sind und die Batterieladung um zehn Prozent gesunken. Der in der Instrumentierung angegebene durchschnittliche Verbrauch lag bei 14,7 kWh / 100 km, mit denen man mit einer Akkuladung nicht mehr als 285 km zurücklegen könnte. Neben diesem Range-Modus gibt es mit den beiden Fahrprogrammen Normal und Sherpa entweder mehr Rollen oder das One-Pedal-Feeling, bei dem sich der Fiat 500e nahezu komplett mit dem Gaspedal fahren lässt. An die maximale Bremsverzögerung gewöhnt man sich dabei ebenso schnell wie bei der Konkurrenz. In diesem Sherpa-Modus für maximale Reichweite stehen jedoch nur 77 PS und eine Maximalgeschwindigkeit von schmalen 80 km/h zur Verfügung. So wird es langweilig und träge hinter dem Steuer.

Das Laden der Batterie im Wechselstrom bei 11 kW dauert lange 4.15 Stunden, bei 3 kW sind es daheim gigantische 15 Stunden. Deutlich besser ist das Schnellladen im Gleichstrom, das Dank drei Phasen mit 85 Kilowatt 35 Minuten dauert. Solange man eine solche Schnellladestation in der Nähe findet, kann man den 500e in fünf Minuten für weitere 50 Kilometer erstarken lassen. Zeit, um einen Cappuccino zu trinken. Und noch einmal über den Preis nachzudenken, denn 34.900 Euro für das komplett ausgestattete Startmodell La Prima sind das eine, doch auch das Basisversion wird rund 30.000 Euro kosten - mehr als doppelt so viel wie der Vorgänger.

Sie möchten gerne weiterlesen?

press-inform