Am Wetter kann es diesmal nun wirklich nicht liegen. Wer sich die Aufzeichnungen des Deutschen Wetterdienstes anschaut sieht, dass die Amplituden von Sonnenstunden und Regenfällen in den vergangenen Jahren im normalen Rahmen lagen. In anderen Regionen auf der Welt sah es nicht anders aus. Und doch tun sich Cabrios und Roadster in den letzten Jahren schwerer als je zuvor; die Kunden machen einen Bogen um die offenen Versuchungen. Bestes Beispiel ist Peugeot – die Marke war als Teil des PSA-Konzerns in den späten 90er und Anfang der 2000er Jahre eine imposante Größe in der europäischen Cabriowelt. Der Peugeot 206cc, allemal schick, aber nicht durchweg eine filigrane Oben-ohne-Schönheit, war nicht nur in Deutschland das meistverkaufte Cabrio. Sein größerer Bruder, der ebenfalls klappbedachte Peugeot 307cc, sorgte für schlaflose Nächte bei der deutschen Konkurrenz. VW konterte mit dem Dauerläufer Golf Cabrio und insbesondere dem Viersitzer Eos, dessen sonnenkönigsartige Gestalt nach weniger als zehn Jahren nunmehr ausgelaufen ist.

Peugeot hat sonnigen Versuchungen längst abgeschworen und kapriziert sich längst auf Brot- und Butterautos. So haben weder die aktuellen Generationen des 208 noch vom klassenhöheren Kompaktklassemodell 308 überhaupt noch ein Cabrio im Angebot. Früher gab es sogar ein charismatisches Peugeot 504 Cabrio. Bei der Konkurrenz sieht es kaum anders aus. Auch Ford und Nissan haben ihre optischen Beleidigungen Focus CC und Micra CC vom Markt genommen. Angenehm für das Straßenbild, doch eine Bankrotterklärung für eines der wohl emotionalsten Segmente im Autogeschäft. Selbst in der Premiumliga sind die offenen Versionen nicht mehr überall gesetzt. BMW doktert seit Jahren an einem Nachfolger für den Z4 herum und will diesen nunmehr wohl nur durch Mitarbeit von Toyota auf den Markt bringen, das dann einen neuen Supra als Sportcoupé ableiten will. Kleine bezahlbare Roadster wie einst einen Alfa Romeo Duetto oder selbst einen BMW Z3 sucht man vergeblich. Ganz zu schweigen von offenen Modellvarianten wie Fiat Ritmo, Talbot Samba oder einem Honda S 2000.

Selbst ein Renault Megane Cabrio steht wegen anhaltender Erfolglosigkeit vor dem Aus. Das gleiche Schicksal ereilt im Herbst den Mini Roadster und auch der Audi TT Roadster muss sich zukünftig mehr nach den Sonnenstrahlen strecken. Lief die erste Generation des offenen TT zwischen 1999 und 2007 mit weltweit 90.000 Verkäufen durchaus erfolgreich, verkaufte sich das Nachfolgemodell mit 53.463 Stück schleppend. Hier und da versuchen es die Hersteller, die nicht mehr vorhandenen Cabrios mit wenig artgerechten Targa-Billiglösungen eines Fiat 500C, eines Citroen C1 oder eines Opel Adam Rocks mit großem Stoffdach zu überspielen. Opel bietet mit dem offenen Cascada immerhin eine ebenso sehenswerte wie bezahlbare Alternative zur geöffneten Premiumkonkurrenz von BMW 4er, Audi A5 oder Mercedes E-Klasse. Mercedes weitet sein Portfolio an offenen Modellen mit dem AMG GT Roadster oder einem S-Klasse Cabrio sogar weiter aus, um sich konsequent von der Konkurrenz abzuheben. BMW ist mit dem offenen Triumvirat an offenem 2er, 4er und 6er allemal erfolgreich, auch wenn der konsequent sportliche Z4 ein Schattendasein neben Porsche Boxster und Mercedes SLK fristet.

Wie ein Fels in der Brandung präsentiert sich demgegenüber die vierte Generation des Mazda MX-5. Die Japaner setzen unverändert auf Leichtbau, faire Preise, puristischen Fahrspaß und Hinterradantrieb. Doch die Stückzahlen sind selbst für ein Erfolgsmodell wie den MX-5 längst nicht mehr grandios. 1990 konnten die Japaner noch mehr als 90.000 MX-5 unter die Sonnenhungrigen bringen; 1998 lag der Bestwert der zweiten Generation bei 58.000 Mazdas und 2013 wurden weltweit gerade noch 11.639 offene Doppelsitzer an Frau und Mann gebracht. Lag die Zahl der weltweiten Roadster-Verkäufe 2007 noch bei 255.000 Stück, fror die Zahl 2014 bei rund der Hälfte ein. Bis 2020 rechnen die Analysten von IHS Automotive immerhin mit einem Zuwachs auf 190.000 Autos ? nicht zuletzt durch ein paar neue Spaßmacher. “Das SUV ist das neue Cabrio. Führer waren die Cabrios und Roadster die Lifestyle-Fahrzeuge. Heute wird diese Nische durch Kompakt-SUVs und Cross-Over-Modelle besetzt?, erläutert Henner Lehne, verantwortlicher Analyst bei IHS Automotive zum Rückgang der Roadster-Verkäufe, “speziell bei der weiblichen Kundschaft, bei der Z3/4, TT , MX5 und Co sehr beliebt waren, spielen Compact SUVs eine immer größere Bedeutung. Sie kombinieren, im Gegensatz zum Cabrio, Lifestyle mit Praktikabilität und empfundener höherer Sicherheit.” Bleibt abzuwarten, ob sich die offenen Versuchungen bald wieder erholen. Der nächste Sommer kommt bestimmt ? offen wie geschlossen.

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Stefan Grundhoff

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