Das autonome Fahren wird im neuen Jahrzehnte kommen, das ist sicher. Die Frage ist, wie sich die Automobile dann unterscheiden und ein Premium-Fahrzeug den Aufpreis rechtfertigt. Mercedes, BMW und Audi tüfteln bereits an der Antwort auf diese Frage.

Die Pressemeldung über den Coup war vergleichsweise nüchtern. Mit kargen Worten berichteten Mercedes, Audi und BMW, dass sie sich mit der finnischen Nokia-Tochter “Here” über einen Kauf geeinigt hätten. “Here” ist ein Anbieter für digitalisierte Straßenkarten, die bereits in rund 80 Prozent der Navigationssysteme von Autos installiert sind. Der Preis wird irgendwo zwischen 2,5 und 2,8 Milliarden liegen. Von knallharten Verhandlungen ist die Rede. Letztendlich setzte sich das deutsche Automobil-Triumvirat durch und bekam den Zuschlag. Die seltene Einheit der Premium-Konkurrenten hat einen klaren Grund, und der liegt jenseits des Atlantiks.

Digital-Vorstand nur eine Frage der Zeit

Die deutschen Autobauer wollen sich zum einen nicht noch abhängiger von Google und Apple machen, die mit ihren Smartphones beziehungsweise den dazugehörigen Betriebssystemen sukzessive das Infotainment in den Autos übernehmen. Und genau die Unterhaltung und die Vernetzung – auch mit dem Navigationssystem – werden ein ganz entscheidendes Element sein, das ein Auto ausmacht. Zum anderen ist ein perfektes Kartenmaterial unabdingbar für das Autonome Fahren. “In Zukunft wird die Digitalisierung eine immer größere Rolle spielen. Ein Automobilhersteller wäre gut beraten, wenn er sie als eigenen Geschäftsbereich sieht “, sagt Thomas Schiller, Leiter Automotive bei der Unternehmensberatung Deloitte.

Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis es einen Digital-Vorstand gibt. Bei BMW verdichten sich die Gerüchte, dass der neue Chef Harald Krüger mittelfristig den Vorstand umbauen und einige Geschäftsbereiche zusammenlegen will. Da würde es nicht verwundern, wenn die Münchener einen solchen Digital-Vorstand installieren würden. “Beim automatisierten Fahren spielt der Transport von einem Ort zum anderen nicht mehr die entscheidende Rolle. Denn das kann ja jedes Auto. Es geht hier viel mehr um Sicherheit auf den Straßen, Fahrkomfort und Entlastung der Fahrer”, erklärt Wolfgang Bernhart, Partner im Competence Center Automotive der Unternehmensberatung Roland Berger. Für die Premium-Autobauer wird die Marke immer wichtiger. Die definiert sich im Zeitalter der Robo-Autos über Luxus, Individualisierung und natürlich Design.

Spaß und Nische

Alle diese Trümpfe werden die Premium-Hersteller in Zukunft spielen. Konzept-Autos wie der Mercedes F015 Mercedes tragen nicht umsonst den Beinamen “Luxury in Motion”. Das Verwöhnen der Passagiere beginnt schon beim Einsteigen. Das Auto wird die Namen und die Vorlieben der Menschen kennen, die es befördern wird. Das beginnt bei der idealen Einstellung des Klimas, der Lieblingsmusik, der perfekten Beleuchtung, die sich der Stimmung des Fahrgastes anpasst und hört beim Fahrstil des autonomen Autos auf. Auf Wunsch wird sich das Auto sportlich bewegen oder entspannt, wie bei einem klassischen Chauffeur.

Natürlich wird es auch in Zukunft eine kleine Spaß-Fraktion geben, die auf abgesperrten Rennstrecken dem archaischen Vergnügen des Tempobolzens frönt. Doch generell wird der Preiskampf härter werden: “Der Besitz eines Wagens wird nicht mehr attraktiv sein; verschiedene Car Sharing-Modelle werden sich stärker auf dem Markt etablieren – vor allen in großen Ballungszentren. Den Zweitwagen wie heute wird es nicht mehr kaum noch geben”, glaubt Bernhart. Das führt zu einem Preisdruck, der vor allem im Volumensegment einen beinharten Verdrängungswettbewerb zur Folge haben wird. “Es wird eine natürliche Selektion durch E-Mobilität und das Autonome Fahren stattfinden”, ergänzt Schiller. Manche Hersteller werden sich auf Nischen konzentrieren und da versuchen, ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen, wie das Jaguar und Land Rover bereits praktizieren.

Marken-Image

“Um weiter im Geschäft zu bleiben, müssen sich die Auto-Hersteller neue Öko-Systeme schaffen”, rät Schiller. Diese neuen Geschäftsfelder sind digitale Features, bei denen die deutschen Automobilhersteller den ersten Schritt mit dem Erwerb der Here-Kartendaten schon getan haben. Aber auch andere Dienste, wie garantierte stadtnahe Parkplätze oder eine Mobilitätsgarantie für jede Reise sind wichtig. Also ein kleines Auto für die Stadt und ein größeres für die Langstrecke. Letzteres dürfte dann auch mit einer Brennstoffzelle betrieben werden.

Letztendlich kauft man aber eine Marke, ein Image ein Lebensgefühl. BMW ist nicht umsonst ganz fasziniert von Apple und versucht schon seit geraumer Zeit mit dem Konzern aus Cupertino eine Allianz zu schmieden. Ein erfolgreicher Autohersteller wird in Zukunft “hip” und “cool” sein. ” Ein positives Image und eine klare Positionierung der Marke sind für Automobilhersteller ganz entscheidend, um weiterhin erfolgreich zu sein”, ist sich Wolfgang Bernhart sicher. Da sind die deutschen Premium-Hersteller gut aufgestellt. Und wenn es nötig ist, werfen sie auch ihr Konkurrenzdenken über Bord und ziehen an einem Strang.

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