AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie können als BMW Energy Services auch kleinere Speicher, also so genannte Mittelspeicher und auch Kleinspeicher, assemblieren. Das ist doch das Besondere, dass Sie die technischen Anlagen selbst beliebig runter- und auch hochskalieren können.
Richtig, die Auslegung unserer Fahrzeugspeicher ermöglicht uns einfach für die unterschiedlichen Anwendungsszenarien zu skalieren. Einen Speicher kann man beispielsweise auf Basis einer Handvoll, aber auch mit 50 Speichern oder wie in Leipzig eben mit 700 Elementen betreiben. Je nach Anwendungsszenario.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie haben von einer Blaupause gesprochen. Was genau meinen Sie damit?
Mit unseren Speichersystemen können wir künftig auch andere Kunden, nicht nur unsere Werke bedienen. Was wir mit unserem Werk in Leipzig im großen Maßstab mit 700 Batterien machen, könnten wir auch in eine kleine Firma stellen – in entsprechender Größenordnung natürlich. Hier hat unser Joint Venture die Digital Energy Solutions gerade ein Mittelspeicherprojekt bei einem mittelständischen Industrieunternehmen auf Basis von sieben Speichern umgesetzt. Auch hier geht es um lokale Energieoptimierung in Verbindung mit Energieeigenerzeugung und Netzstabilisierung via Regelenergie.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Sie meinen eine Batteriefarm für einen privaten Haushalt oder für ein kleines Unternehmen?
Nun ja, in einem privaten Haushalt macht eine Farm sicherlich keinen Sinn. Hier sprechen wir eher von einer Speicherkapazität, die maximal einem Fahrzeugspeicher entspricht.
Wir fangen jetzt erst einmal im industriellen Maßstab an und gehen dann runter auf kleinere Mittelständler. Da können wir auch Speicher verkaufen, denn die haben ja eine ähnliche Herausforderung wie wir bei der BMW Group: Die haben eine Photovoltaikanlage und wollen den nachhaltig erzeugten Strom zum Beispiel für sich selber besser nutzen. Wenn sie ihn gerade nicht verbrauchen, können Sie ihn einspeichern. Das heißt in Summe macht so eine Konstellation aus Photovoltaikanlage, Speicher und aus eigener Produktion enorm viel Sinn. Und das sind dann wirklich maßgeschneiderte Lösungen für die Firmen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Ich fasse noch einmal zusammen: Das erste Geschäftsmodell ist, dass Sie den Strom, den ihre Windräder generieren, speichern und für Ihr eigenes Werk verwenden. Der Business Case Nummer zwei ist, Regelenergie bereitzustellen und so das allgemeine Stromnetz zu stabilisieren. Und drittens wollen Sie künftig maßgeschneiderte Batteriefarmen an KMUs verkaufen. Korrekt?
Korrekt. In Deutschland wird zunehmend Strom aus erneuerbaren Quellen ins Netz eingespeist. Das bedeutet, dass mal (zu) viel und mal (zu) wenig Strom erzeugt wird. Deshalb macht die Speicherung Sinn, denn es gibt ein Geschäftsmodell, das heißt Primärregelleistung, da geht es letztendlich darum, die Netzfrequenz im Stromnetz stabil zu halten. Wir können im Sekundenbereich sehr schnell Energie in das Netz einspeisen oder aus dem Netz herausziehen. Das können faktisch nur Batterien. Und dafür braucht man eine spezielle Technologie, sodass die Anlage sehr schnell reagiert. Diese IT-Leistung haben wir selbst entwickelt.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Was machen Sie mit den Batterien, wenn die selbst für die Speicherfarm nicht mehr taugen?
Bisher haben wir noch keinen Speicher mit derart langer Laufzeit. Die Erfahrung bisher zeigt, dass die Automotive-Speicher sehr stabil sind, und nicht die Alterung haben, die man vielleicht befürchten könnte. Ist der Speicher aber wirklich nicht mehr nutzbar, dann wird er einem Recycling-Prozess zugeführt, um die einzelnen Rohstoffe zurück zu gewinnen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Beherrscht heute schon jemand das Batterie-Recycling?
Es gibt ganz verschiedene Verfahren dazu. Wir sind dabei, mit einem sehr modernen Verfahren die Rohstoffe wieder zu separieren.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Müssen Sie mit dem Bereich Energy Services auch schon Geld verdienen?
Ja klar, wir haben einen Business Case dahinter gelegt und es geht um profitable Geschäfte, die im Gesamtsystem Elektromobilität auch Sinn machen. Und das Elegante hier ist, dass wir hier wirklich auch einen Nachhaltigkeitsbeitrag leisten. Das ist in unserer Definition die ideale Nachhaltigkeit, wenn man sowohl ökonomisch als auch ökologisch etwas Gutes tut.

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