Es sind Zahlen der Stärke, die Daimler am Donnerstag in Stuttgart auf den Tisch legte. Ein paar Zahlen gefällig? Plus 10 Prozent mehr Absatz bei der Kernmarke Mercedes-Benz auf 1,723 Millionen verkaufte Pkw, 2,5 Millionen verkaufte Autos konzernweit, + 10 Prozent Konzernumsatz auf knapp 129,9 Milliarden Euro. Was die Finanzwelt freut: der Zuwachs bei der Rendite fiel noch deutlich stärker aus als der von Absatz und Umsatz. Mercedes-Benz legte beim Gewinn vor Zinsen und Steuern aus dem laufenden Geschäft um 43 Prozent auf 6 Milliarden Euro zu, die Umsatzrendite für das Gesamtjahr stieg von 6,5 auf 8,1 Prozent. Im besonders guten vierten Quartal lag sie bei 8,7 Prozent. Wenn man denn ein Haar in der Suppe suchen wollte: Analysten hatten mit 8,8 Prozent gerechnet. Dafür lag der Gewinn vor Zinsen und Steuern mit 2,824 Milliarden Euro in Q4 am oberen Ende der Erwartungen.
Treiber der Entwicklung war die Modelloffensive mit S-Klasse und C-Klasse vorneweg. 2015 hat Daimler-Chef Zetsche zum “Jahr der SUV ausgerufen”. Auf einen anhaltenden Geländewagenboom setzen fast alle Experten. Mercedes stellt hier in diesem Jahr ein praktisch neues Quartett auf die Straße. Vier neue oder überarbeitete Exemplare mit Geländewagen-Optik kommen. Den Auftakt machte das GLE Coupé in Detroit, im Frühjahr folgt der GLE, wie die M-Klasse der neuen Nomenklatur folgend künftig heißt. Das Timing passt perfekt: In den USA und China laufen große SUV heiß. Das US-Werk, das für die SUV-Modelle zuständig ist, baut seine Kapazität bereits auf 300.000 Stück pro Jahr aus. Nicht nur deshalb rechnet IHS Automotive-Experte Henner Lehne damit, dass Daimler 2015 noch dynamischer wächst als 2014 und den Rückstand auf die Premiumkonkurrenten BMW und Audi weiter verkürzen kann.
Entsprechend offensiv fallen die Ankündigungen aus Stuttgart an. Obwohl Finanzchef Bodo Uebber mit einem nur moderaten Wachstum der Weltwirtschaft rechnet und das Pkw-Absatzwachstum auf vier Prozent taxiert, will der Autokonzernin den Gewinn vor Steuern in allen Konzernbereichen “deutlich” steigern: “Wir haben uns vorgenommen, bei der Ertragskraft ein Niveau zu erreichen, das es im Unternehmen bislang noch nicht gab.” Auf der technologischen Seite strebt der Autobauer die Technologieführerschaft beim autonomen Fahren an.
Kritische Faktoren gibt es auch. Gegenwind kam zuletzt nur von Kartell-Ermittlungen der EU-Kommission gegen Europas große Lkw-Hersteller. Für mögliche Strafzahlungen musste Daimler im vierten Quartal satte 600 Millionen Euro zurücklegen. Überhaupt das Lkw-Geschäft: die Erwartungen für Europa sind mäßig, in Südamerika stehen die Zeichen weiter auf Krise. Dafür brummt der Nafta-Raum. Für Verunsicherung sorgt auch die wirtschaftliche Entwicklung in China. Dort hat Zetsche die “Hauptkampfzone” verortet, will Mercedes-Benz die Konkurrenten Audi und BMW bis 2020 von der Spitze der Premiumbauer verdrängen.
2014 sind die Schwaben den bayerischen Rivalen nicht entscheidend näher gekommen. Doch im neuen Jahr könnte es weiter bergauf gehen. Denn das zwei Milliarden Euro schwere Sparprogramm der Pkw-Sparte sollte 2015 seine volle Wirkung entfalten.
Weiteren Grund für Optimismus liefern die Geldflut der Europäischen Zentralbank und der damit verbundene schwache Euro. Während die niedrigen Zinsen die Finanzierung eines Neuwagens günstiger machen, sorgt der Kursverfall der europäischen Gemeinschaftswährung für billigere Exporte aus der Heimat etwa nach China oder in die USA. Die weltweit verteilten Werke der großen Autobauer schwächen diesen Effekt allerdings etwas ab.
Zetsche wird wohl verlängern
Die insgesamt starke Entwicklung festigt die Position von Daimler-Chef Zetsche weiter. Inzwischen gilt als sehr wahrscheinlich, dass der Konzernchef seinen Ende 2016 auslaufenden Vertrag noch einmal verlängern wird. Für die Zeit danach steht Vertriebsvorstand Ola Kaellenius bereit.
Auch die Aktionärsvertreter dürften angesichts des derzeitigen Laufs der Schwaben keine Einwände haben. War der Mini-Aufschlag von 5 Cent im vergangenen Jahr eher ein Symbol wachsender Zuversicht, hat die Erhöhung jetzt handfeste wirtschaftliche Gründe: die Dividende von 2,45 Euro (Vorjahr: 2,25), die Vorstand und Aufsichtsrat für die Hauptversammlung am 1. April vorschlagen wird, ist noch höher als die 2,40, die Analysten im Vorfeld erwartet hatten. Ein Rekordwert ist auch das im Jahr der vielen Rekorde.
Über einen weiteren Höchststand können sich die Daimler-Mitarbeiter freuen: Der Dax-Konzern zahlt den Beschäftigten für das vergangene Geschäftsjahr eine Rekordprämie von 4350 Euro. Rund 135.000 Tarifmitarbeiter profitieren davon.
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Aus Stuttgart berichtet Frank Volk