Henrik Fisker ist so etwas wie das Stehaufmännchen unter den Automanagern. Denn nachdem der Däne als Designer von Modellen wie dem BMW Z8 und dem Aston Martin DB9 zu Weltruhm gelangte, hat er als Automobilhersteller bislang nicht sonderlich weit gebracht. Sein Luxus-Hybrid-Karma endete im Konkurs und der zusammen mit Bob Lutz geplante Viper-Umbau Force 1 war nicht viel mehr als ein Hobby für PS-Pensionäre. Schlagzeilen hat er deshalb eigentlich nur als Kurzzeit-Designer bei Tesla gemacht, als ihn Elon Musk wegen angeblicher Sabotage und Spionage vor Gericht zerrte – und dabei ausnahmsweise Mal den Kürzeren zog.
Fisker Ocean startet zu konkurrenzfähigem Preis
Doch jetzt ist der 60-Jährige wieder da – und will es seinem Rivalen auch auf der Straße heimzahlen. Denn nach fast fünf Jahren hat er endlich seinen elektrischen Erstling Ocean in die Serie gebracht und drum herum eine Marke kreiert, die Fisker zum veritablen Tesla-Konkurrenten machen soll. Während in Europa gerade die Auslieferung des SUV beginnt, das zu Preisen ab 41.560 Euro mit bis zu 707 Kilometern Reichweite gegen Konkurrenten wie den VW ID.4 oder das Tesla Model Y antritt und bei Magna in Graz auf eine Jahresproduktion von bis zu 150.000 Exemplaren ausgelegt ist, hat er deshalb im August in Los Angeles den Produktplan für die nächsten drei Jahre vorgestellt: „Wir stehen nicht still“, sagte Fisker, „sondern wollen die Welt wissen lassen, dass wir große Pläne haben und in viele verschiedene Segmente zielen. Jedes davon wollen wir neu definieren mit unserer einzigartigen Mischung aus Design, Innovation und Nachhaltigkeit.“
Fisker-Einstiegsmodell soll 2025 kommen
Eine Schlüsselrolle nimmt dabei das künftige Einstiegsmodell ein, das bislang nur als Personal Electric Automotive Revolution (kurz: Pear) apostrophiert ist und mit einen Debüt im Jahr 2025 vielleicht sogar dem schon lange avisierten aber bislang nur als Phantom bekannten Model 2 zuvorkommen könnte. Als etwa 4,50 Meter langes Crossover mit bis zu sechs Sitzen und über 500 Kilometern Reichweite zielt er mehr als der Ocean auf den Massenmarkt ab – und soll deshalb unter 30.000 Dollar starten, sagt Fisker im Hintergrundgespräch.
Um dieses Ziel, das auch VW für den ID.2, Renault für den elektrischen R5 und Stellantis für den Citroen C3 verfolgen, irgendwie zu erreichen, geht er gleich zweifach einen neuen Weg: Wo er beim Ocean erst die MEB-Architektur des VW–Konzerns verwenden wollte, dann aber doch eine eigene Plattform entwickelt hat und mit Rücksicht auf die Produktion bei Magna auf einem Band mit Toyota Supra und BMW Z4 trotzdem ein paar Kompromisse machen musste, hat er die SLV-1 genannte Architektur des Pear allein mit Blick auf die Kosten gestaltet: Steel++ nennt er das Konzept, das eine radikale Vereinfachung bringen soll: „Wir haben etwa 35 Prozent weniger Bauteile als ein konventionelles Elektroauto. Entsprechend schneller und günstiger lässt sich der Pear produzieren“, sagt Fisker. „Und auch ohne teures Aluminium wird das Auto damit obendrein leichter.“
Foxconn fertigt Fahrzeuge für Fisker
Neben der Konstruktion betritt Fisker auch bei der Produktion Neuland – und hat damit den bislang branchenfremden Industriegiganten Foxconn beauftragt. Bis dato vor allem bekannt als Lohnfertiger für Apples iPhone wollen die Chinesen sich auch als Auftragshersteller in der Automobilindustrie etablieren und haben dafür zum Beispiel das ehemalige GM-Werk in Lordstown in Ohio übernommen. Dort, wo General Motors zuletzt Vans und Behindertenfahrzeuge gebaut hat, sollen ab 2025 bis zu 250.000 Pear im Jahr vom Band laufen, stellt Fisker in Aussicht.
Während das Duell mit dem Model 2 bislang nur theoretischer Natur ist, wird der Kampf mit Tesla in einem anderen Volumensegment sehr viel konkreter: Denn analog zum Cybertruck plant auch Fisker einen Pick-Up, der als Alaska ebenfalls bis 2025 ins Rennen gehen soll und mit einem Grundpreis von 45.400 Dollar wohl unter dem Cybertruck liegen dürfte. Dafür gibt es auf der gestreckten Plattform des Ocean einen trickreichen Lastenträger, für dessen Pritsche der Magier Houdini Pate stand. Denn mit wenigen Handgriffen und einer variablen Rückwand soll sich ihre Größe variieren lassen, verspricht Fisker und stellt Reichweiten zwischen 370 und 540 Kilometern in Aussicht.
Fisker will Tesla allerdings nicht nur mit Massenmodellen bedrängen, sondern Elon Musk auch in der Prestigewertung schlagen: Als Antwort auf die nächste Generation des Roadsters plant er deshalb den Ronin, der alles womöglich noch ein bisschen besser kann als der offene Tesla. Trotz seines versenkbaren Hardtops hat der auf 999 Exemplare limitierte und mindestens 385.000 Dollar teure Fünfsitzer deshalb vier Türen, er soll annährend 1.000 Kilometer weit fahren und so zum Reichweiten-Champion werden. Vor allem aber soll er schon im nächsten Sommer startklar sein, während der Roadster wie alle Teslas reichlich Verspätung hat.