Opel und Peugeot, seit einiger Zeit gemeinsam zum französischen PSA-Konzern gehörig, haben sich schrittweise nahezu komplett von der Sportlichkeit verabschiedet. Einst war Opel die sportlichste aller deutschen Volumenmarken, stellte Wettbewerber wie Volkswagen und selbst Ford mit seinen Rallye- sowie Rennmodellen ins Abseits und eroberte sich nicht nur mit Fahrzeugen wie Ascona, Manta oder Kadett, sondern insbesondere deren Sportversionen ein Image, von dem heute noch viele Blitz-Fans schwelgen.
Walter Röhrl donnerte in den späten 70ern bei weltweiten Rallyeläufen mit einem Opel Ascona 400 in Bestzeiten durch Wald und Flur, während die Serienmodelle mit Leistungsnachschlag und entsprechender Optik im Verkaufsraum glänzten. Kadett GSE, Kadett GSI, Manta 400 oder sogar ein Corsa GSI - vielen gehen da noch heute die Augen über. Dazu gab es Siege in der DTM, bei Langstreckenrennen und die Renngene wurden sogar noch vor Jahren in Serienmodelle wie den Opel Corsa OPC Nürburgring in die Fahrzeuge gebracht, sodass die sportlichen Kunden verzückt zugreifen konnten. Jahrelang hatten die leistungsstarken OPC-Modelle mit Verweis auf Technik, Leistung und Fahrwerksabstimmung einen Ruf, den sich so mancher Wettbewerber gewünscht hätte.
Wer sich mittlerweile im arg aufgeräumten Produktportfolio der Rüsselsheimer umschaut, sucht Sportmodelle vergebens. Das GSI-Signet ist zu einer reinen Ausstattungsvariante geworden und leistungsstarke Sportmodelle wurden nach dem Diktat aus Paris gestrichen. Der stärkste Astra hat gerade einmal 145 PS; die Konkurrenz von VW Golf (310 PS), Hyundai i30 (275 PS) oder Kia Ceed (204 PS) ist nicht nur auf dem Papier weiter denn je enteilt. Ganz ähnlich sieht es bei der Schwesterfirma Peugeot aus. Hier wurde viele Jahre auf Sportlichkeit und insbesondere den Rallyesport gesetzt. Die Modelle des kleinen Peugeot 205 GTI - mit 1,6 oder 1,9 Litern Hubraum - waren in den 80ern echte Spaßmacher. Doch hier haben die Franzosen mit dem nicht mehr ganz so kleinen Peugeot 208 nichts im Angebot, das Laune machen könnte. Immerhin gibt es noch den Peugeot 308 GTi, der von einem 1,6 Liter großen Turbomotor zu sportlichen Höchstleistungen gebracht wird.
Ford hatte seinen sportlichen Kompaktmodellen mit dem ST- und RS-Signet in der vergangenen Generation ebenfalls einen Siegeskranz umgeworfen. Zwar war der bullig wummernde 2,5-Liter-Turbo-Fünfzylinder aus dem Hause Volvo verschwunden, doch auch einem zwei Liter großen Vierzylinder entlockten die Entwickler einem Focus RS bis zu 350 PS und gaben ihm mit dem überfälligen Allradantrieb einen neuen Meilenstein mit, den es sonst nur bei den Premiumherstellern und VW gab. Doch der Ford RS wurde ebenso gestrichen wie die sportlichen ST-Versionen der größeren Modelle bis hinauf zu S-Max und Mondeo. Einen ST gibt es noch als 200 PS starken Dreizylinder im Ford Fiesta und beim 190 PS starken Ford Focus ist das ST nicht mehr als eine Ausstattungsvariante.
Elektro statt sportliches Image
Ganz ähnlich sieht es bei einem erfolgreichen Kleinhersteller wie Subaru aus. Die Automobilsparte von Fuji Heavy Industries dominierte lange Jahre die Rallye-Weltmeisterschaft, ließ die Kombination aus dunkelblauem Lack und güldenen Felgen zu einer weltweiten Sportikone werden und ließ kaum eines seiner Allradmodelle nicht mit einer imageträchtigen Sportversion auf die Kunden los. Doch die Zeiten, in denen sportliche Impreza-Modelle nicht nur die Rallyefans begeisterten, sind lange vorbei. Auch die großen Limousinen wie Outback oder Legacy sind entweder verschwunden oder die einst so leistungsstarken Motorisierungen wurden schlicht und einfach gestrichen. Der Subaru Outback als aktuelles Topmodell ist mit einem 2,5 Liter großen Vierzylinder mit 175 PS zu bekommen, das war es. Der 300 PS starke Subaru WRX STi ist ebenso aus dem Programm gestrichen wie der einstige Wettbewerber Mitsubishi Lancer Evo. Die Japaner haben in den letzten Jahren nicht nur die sportlichen Versionen aus dem Portfolio radiert, sondern für Europa auch das gesamte Programm eingefroren. Neue Modelle wird es mittelfristig nicht mehr geben.
Ganz ähnlich sieht es bei Volvo aus. Einst leistete sich Volvo mit Polestar nicht nur einen engagierten Haustuner, sondern hatte auch überaus sportliche R-Modelle im Angebot. Das waren weniger die V8-Triebwerke von S80 und XC90 aus dem Hause Yamaha, sondern eher die bullig wummernden Fünfzylinder, die einst Modelle wie den Volvo S60 R oder zuvor einen Volvo 850 T5-R befeuerten. Doch die chinesischen Schweden gingen noch einen Schritt weiter, machten Polestar zur hauseigenen Elektromarke und verschrieben sich für die Volvo-Modelle einer Selbstverpflichtung, dass alle neuen Autos ab dem Frühjahr 2020 bei 180 km/h abgeregelt werden. Sportliche Modelle hatte es in den vergangenen Jahren ohnehin nicht mehr gegeben und das einst als Volvo C70 geplante Powercoupé wurde zum Polestar 1, der mit seinen über 600 PS jedoch immerhin noch 250 km/h rennen durfte.
Renault setzt komplett auf Elektro - statt RS
Bei Nissan dauert der Kampf noch an. Zwar sollte der Porsche-911-Turbo-Konkurrent GT-R / Skyline bereits vor Jahren von einem potenten Nachfolger abgelöst werden, doch die angespannte Finanzsituation sorgte immer wieder für Verschiebungen. Der endgültige Start des neuen Modells: ungewiss. Immerhin werden die ebenfalls in die Jahre gekommenen zwei Karosserievarianten des Nissan 370 Z im kommenden Jahr von einem neuen Z-Sportler abgelöst. Derlei Engagement würde man sich auch bei Renault wünschen. Seit langem in der Formel 1 aktiv und für echte Renner wie Renault Clio V6, Clio RS, Megane RS oder gar einen Renault Spider bekannt, steht die Elektromobilität ohne jeglichen dynamischen Anspruch derzeit über allem. Der elektrische Renault Zoe soll ebenso für Image und Reichweite sorgen wie der nun auch elektrisch angetriebene Twingo ZE. Renault Sport, an der Atlantikküste weitab der Pariser Firmenzentrale beheimatet, parkt mit Fingerübungen auf dem Abstellgleis.
Fragt man nach den Gründen für die abgelegte Sportlichkeit, gibt es meist ausweichende Aussagen, denn die oftmals glorreiche Sporthistorie zu verneinen, fällt vielen nicht leicht. Die Gründe für sterbende Modelle sind bei den meisten zu geringe Stückzahlen und der dringende Hinweis, dass das Interesse an echten Sportmodellen im Laufe der Jahre kleiner geworden sei. Bei dem dünnen Angebot kein Wunder. Oftmals ist es jedoch die Neuausrichtung des Konzerns oder zumindest der einzelnen Marke sowie eine notwendige Konzentration auf das Kerngeschäft. Dass dabei das einstige Image, das viele Fans der Marke gelockt oder bei der Marke gehalten hat, auf der Strecke geblieben ist, nehmen viele mit einem Grummeln hin.
Die immer größer werdenden Entwicklungskosten und nicht zuletzt die Vorgaben der Behörden in Sachen Sicherheit und Effizienz lassen einst elementare Sportversionen, Modelle oder Karosserievarianten sterben. Das wird sich in den kommenden Jahren zumindest bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen eher noch verstärken. Anders sieht es bei Elektromodellen aus, wo die Motoren einen vergleichsweise kleinen Teil der Kosten in Anspruch nehmen und sogar ein zweiter oder dritter Elektromotor für ein vertretbares Aufgeld verbaut werden kann. Mittelfristig ist es daher denkbar, dass es bei den E-Fahrzeugen sogar wieder ein paar Spartenversionen geben könnte. Kein Wunder, dass Volkswagen sogar mit dem Gedanken gespielt hatte, eine Studie eines elektrischen Buggy Realität werden zu lassen.