Mit der Berufung des 49-jährigen Knirsch hat sich Audi bei der Hackenberg-Nachfolge für einen Manager mit ebenso wechselvoller wie interessanter Karriere entschieden. Diese begann 1990 als junger Ingenieur in der Audi-Motorenkonstruktion, führte über Stationen bei Porsche zum Zulieferer Pierburg und 2013 zurück zu Audi. Dort gab Knirsch zur großen Überraschung im Juni diesen Jahres bekannt, dass er seinen Posten als Leiter der wichtigen Motorenentwicklung wieder aufgeben und den Hersteller verlassen werde. In Branchenkreisen wurde spekuliert, Knirsch bereite sich auf die Nachfolge von Daimler-Entwicklungschef Thomas Weber vor, der seinerseits Ende 2016 in Ruhestand tritt. Nun also die Kehrtwende. Der profilierte Manager bleibt bei Audi und übernimmt offiziell zum 1. Januar den Posten als “Vorstand Technische Entwicklung der Audi AG”.
Dieses Profil braucht es auch bei der VW-Premiumtochter. Bei Audi tritt der 49-jährige Manager in große Fußstapfen. Nach dem kurzen, von vielen Missverständnissen durchsetzen Intermezzo mit dem heutigen Bentley- und Bugatti-Chef Wolfgang Dürheimer als Entwicklungsvorstand, war Hackenberg von Martin Winterkorn 2013 als eine Art “Feuerwehrmann” nach Ingolstadt beordert worden um dort die Verhältnisse neu zu ordnen. Dabei waren “Hacki” und “Wiko” immer schon mehr als Topmanager im selben Konzern. Beide galten als extrem technik- und detailversessen. Bei Hackenberg kam noch sein besonderes Faible für Design hinzu. Nach seiner Rückkehr nach Ingolstadt wurde er denn wie ein Heilsbringer gefeiert. Die Rolle genoss der in Herne geborene Manager sichtlich, so sehr, dass man sich in und um Ingolstadt schon fragte, ob nun eigentlich Hackenberg Audi-Chef ist oder Rupert Stadler. Auch nach seinem 65. Geburtstag im Frühjahr machte Hackenberg keine Anstalten, in Ruhestand zu treten. Umso tiefer der Fall im Gefolge der Abgasaffäre. Schnell galt als ausgeschlossen, das ausgerechnet Technik-”Gott” Hackenberg nichts vom Einsatz der Manipulationssoftware bei VW-Dieselmotoren wissen solle, weshalb er beurlaubt wurde. Hackenberg kündigte an, dagegen vorgehen zu wollen, nun hat man sich aber wohl geeinigt. In der Pressemitteilung ist die Rede von Rücktritt und einer einvernehmlichen Lösung.
Für seinen designierten Nachfolger gab es schon mal wärmende Worte von Matthias Müller, der nun auch als Vorsitzendes des Audi-Aufsichtsrats fungiert: “Stefan Knirsch verfügt über eine breite Erfahrung in der Automobilindustrie und zwar nicht nur aus der Perspektive des Autoherstellers, sondern auch des Zulieferers. Das sind hervorragende Voraussetzungen für seine neue Aufgabe“.
Ähnliche Töne schlägt Audi-Chef Rupert Stadler an: „Stefan Knirsch ist mit dem Konzern und der Technischen Entwicklung gut vertraut. Wir kennen ihn als kreativen und visionären Macher. Mit ihm werden wir gerade in dieser fordernden Situation durchstarten.”
Das wohl auch weil der promovierte Werkstofftechniker Stationen in seinem beruflichen Werdegang hat, die nicht jeder Technikchef vorweisen kann. So übernahm er 2007 die Leitung der After Sales-Funktion im Vertrieb der Porsche AG. 2010 wechselte er dort in die Leitung des Bereichs Unternehmensqualität. Dort hat er – wie in seinen Jahren im Zuliefererlager – Erfahrungen gesammelt, die angesichts der aktuellen Krise besonders gefragt sein dürften.
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Frank Volk