Zahlreiche Unwägbarkeiten belasten derzeit die deutsche Automobilbranche. Die schwächelnde Nachfrage aus dem Ausland sorgte in den ersten sechs Monaten dieses Jahres für Produktions- und Exportrückgänge. Im ersten Halbjahr wurden knapp 1,9 Millionen Autos exportiert und damit rund 15 % weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wie der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Bernhard Mattes, am Dienstag (2. Juli 2019) in Berlin mitteilte.
Das wirkte sich auch auf die Produktion aus, die mit 2,5 Millionen Autos bis Juni rund 12 % unter Vorjahresniveau lag. Rund drei Viertel aller Personenfahrzeuge in Deutschland werden jedes Jahr ins Ausland verkauft, die meisten davon nach Großbritannien und in die USA. Deutlich zufriedener stimmten die Branche die Zulassungszahlen im Inland: Rund 1,8 Millionen Fahrzeuge wurden hierzulande in den ersten sechs Monaten zugelassen und damit etwa ein % mehr als in den ersten sechs Monaten 2018.
Für das Gesamtjahr rechnet der Verband indes mit einer Entspannung. Die Inlandsproduktion werde sich demnach mit rund 4,9 Millionen Fahrzeugen bei einem Minus von 5 % im Vergleich zum Vorjahr einpendeln. Bei den Exporten geht der Verband ebenfalls von einem Rückgang von 5 % aus und rechnet mit 3,8 Millionen exportierten Autos.
Die Branche steht derzeit von mehreren Seiten unter Druck: Im März hatte die EU strengere Klimaregeln für Autos beschlossen. Seither lautet das Ziel, den CO2-Ausstoß von Neuwagen bis 2030 um 37,5 % im Vergleich zu 2021 zu senken. "Zehn Jahre sind ein langer, für diese Aufgabe aber ein kurzer Zeitraum", sagte Mattes.
Der größte Hebel für dieses Ziel sei die Elektromobilität. "Keine der Alternativen kann in diesem Umfang in den nächsten zehn Jahren diesen Beitrag zur Zielerreichung leisten wie die Elektrifizierung." Die Hersteller würden bis 2023 ihr Modellangebot auf über 150 E-Modelle verfünffachen, versprach Mattes.
Herausforderungen durch Handelskonflikt
Wegen manipulierter Abgaswerte bei Dieselmotoren hat die Branche bei Verbrauchern in den vergangenen Jahren viel Vertrauen verspielt. Zu aktuellen Vorwürfen in diesem Zusammenhang an Audi und das Kraftfahrtbundesamt (KBA) nahm der VDA-Präsident keine Stellung. "Wir wollen den Blick nach vorne richten und hoffen, dass die Vergangenheitsthemen schnell bewältigt werden", sagte er lediglich.
Mattes betonte die Herausforderungen durch den Handelskonflikt, den die USA vor allem mit China austragen. China ist der drittgrößte Exportmarkt für die Branche. Mattes warb für freien Handel und betonte die Bedeutung des Freihandelsabkommens, das die EU mit dem lateinamerikanischen Staatenbund Mercosur ausgehandelt hat. Allein in Brasilien seien Hersteller und Zulieferer aus Deutschland mit mehr als 120 Produktionsstandorten vertreten.
Die jahrelangen Verhandlungen waren am Freitag (28. Juni 2019) abgeschlossen worden. Allerdings müssen die Parlamente der Mitgliedstaaten noch zustimmen. Vor allem bei Landwirten stößt das Vorhaben auf harsche Kritik. Sie rechnen mit unfairem Wettbewerb wegen ungleicher Anforderungen beim Umweltschutz. Klimaschützer fürchten unter anderen, dass für noch mehr Anbauflächen weiter Regenwald abgeholzt wird.