Wo dem Volkswagen-Konzern schon extern die Trümmer seiner Abgas-Manipulation um die Ohren fliegen, wollte man wenigstens intern zusammen stehen, um gemeinsam der schwersten Krise der Unternehmensgeschichte zu begegnen. Mit der inneren Solidarität scheint es nun schneller vorbei zu sein als gedacht. In einer zu diesem Zeitpunkt und in der Heftigkeit überraschenden Art, feuerte Bernd Osterloh gegen die Vw-Konzernspitze und beklagt das Fehlen einer Gesamtstrategie in der Krise. Bislang, mäkelt der mächtige Betriebsratschef in einem am Freitag, 6. NoVember, verschickten Schreiben an die Belegschaft und aus dem die Nachrichtenagentur dpa zitiert, habe man nur Einzelmaßnahmen gesehen, “ein Gesamtkonzept hat der Vorstand bislang nicht vorgelegt.”
Konkret richtet sich Osterloh in dem Schreiben an Konzernchef Matthias Müller und VW-Markenchef Herbert Diess mit den Sätzen: „Wir können nur an die Herren Müller und Diess appellieren, gerade in diesen Tagen die Einigkeit zwischen Beschäftigten und Management nicht weiter durch Sprachlosigkeit auf eine Zerreißprobe zu stellen.“
Mit Sprachlosigkeit ist vor allem die Richtung Arbeitnehmervertretung gemeint, interpretieren kann man das Schreiben auch als eine indirekte Aufforderung an Müller, den vor wenigen Monaten an die VW-Markenspitze geholten Herbert Diess einzubremsen. Dessen Auftrag war schon vor der Krise, die schwache Rendite der Kernmarke VW auf Kurs zu bringen. In Arbeitnehmerkreisen geht nun offenbar die Furcht um, der als harter Sanierer geltende Ex-BMW-Manager könne im Angesicht der Krise noch radikaler durchgreifen als ohnehin befürchtet.
VW-Markenchef Diess im Visier
Wie verschiedene Medien berichten, sei Matthias Müller durch die offene Attacke von Osterloh verärgert. Der wiederum hat im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung am Montag (9. November) ein klares Signal an VW-Neuling Diess gesendet, dass sich auf dünnes Eis begibt, wer in Wolfsburg über den Kopf des Betriebsrats hinweg regieren möchte: „In einer solchen Situation der Unsicherheit lasse ich meine Kolleginnen und Kollegen, die mich gewählt haben, um Ihre Interessen zu vertreten, nicht allein.“ Und weiter: „Der Betriebsrat wird bewusst außen vor gelassen. Der Vorstand verkündet Sparmaßnahmen einseitig und ohne Grundlage. Jetzt geht es um den maximalen Schutz der Beschäftigten, die anscheinend doch die Krise zahlen sollen, die andere verursacht haben.“
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Frank Volk