Automarken wie Audi, BMW, Mercedes, Toyota, Ford oder Hyundai wollen sich mehr denn je als Mobilitätskonzerne mit Hightech-Anspruch in Szene setzen. Das ist auf der weltgrößten Computer- und Entertainmentmesse CES in Las Vegas deutlich leichter als auf den dahinsiechenden Autoshows. Kein Wunder, das viele Marken eher in der Spielerstadt vor flimmernden 4K-Großbildschirmen ihre Neuheiten ins rechte Licht rücken, als auf den Motorshows von Detroit, Chicago oder Genf. Das Auto ist längst zum Mobile Device auf Rädern geworden und so soll die Consumer Electronics Show trotz jährlicher Höhe und Tiefen auf lange Sicht zur Automesse für Zukunftstechnologien werden.
Mercedes macht es den rund 150.000 Fachbesuchern auf der ersten großen Messe des Jahres dabei besonders leicht. Die Schwaben zeigen in der Spielerstadt erstmals den neuen Mercedes CLA, den kleinen Bruder des CLS. Die 4,69 Meter lange Coupélimousine sieht nicht nur gut aus, sondern sie ist auch mit dem Hightech-Bediensystem MBUX neuester Bauart ausgestattet, das hier 2018 Premiere feierte.
Der sehenswerte Viertürer hat das hängende Hinterteil seines Vorgängers abgelegt und schiebt sich so vorbei an der hausinternen Konkurrenz von Mercedes C-Klasse und der A-Klasse Limousine. Doch bei Daimler geht es auf der Las-vegas-Messe nicht nur um Bedienkonzepte und ein neues PKW-Derivat. Rechtzeitig zur CES lieferte die Nutzfahrzeugsparte den ersten elektrischen Lastwagen der US-Marke Freightliner an Testkunden aus und der lässigste aller autonomen Peoplemover trägt den Namen Mercedes Vision Urbanetic und geht nächtens auf dem Las Vegas Strip auf Tour bevor er morgens wieder den Messestand in der Nordhalle schmückt. "Empathie war uns beim Vision Urbanetic besonders wichtig: Das Fahrzeug ist aufmerksam und interagiert mit Menschen durch verschiedene Beleuchtungselemente", so der zukünftige Daimler-CEO Ola Källenius, "mit dieser Art von Fahrzeugen greifen wir nach den Sternen. Und das ist ein entscheidender Teil von Innovation."
Audi und BMW zeigen auf der wichtigsten Computermesse der Welt nicht nur bekannte Zukunftsstudien wie den Audi Aicon, den BMW iNext und ein autonomes Motorrad, sondern auch ihre visionären Bedienkonzepte einer vernetzten Autowelt. Fahrer und Insassen werden im turbulenten Alltagsverkehr zeitnah so eine völlig neue Erlebniswelt erleben. Viele Funktionen sind dabei eng mit den Fahrerassistenzsystemen verwoben. Kein Wunder, dass auf den Straßen der Spielerstadt Las Vegas seit rund einem Jahr schwarze und weiße BMW 5er des Technologiezulieferers Aptiv unterwegs sind und rund um die Uhr Testkilometer sammeln. Zusammen mit dem Fahrdienstbetreiber Lyft hat Aptiv in den vollautonomen BMW-Modellen mehr als 25.000 Fahrten durchgeführt. Doch so langsam werden die Kunden ungeduldig und scharren mit den Hightech-Hufen, wann die autonomen Fahrfunktionen auch Einzug in Serienmodelle halten. Versprechungen gibt es viele - nur mit der Serienumsetzung hapert es zumeist noch kräftig.
Aber bitte autonom
Byton geht mit seinem Bedienkonzept weiter als die Konkurrenz und zeigt auf der CES erstmals sein imposantes Seriencockpit, das Einzug in seine elektrischen Modelle hält. Der 48 Zoll große Bildschirm schlägt alles, was es bisher in einem Auto zu sehen gab und bedient Fahrer und Beifahrer gleichermaßen mit Informationen und Entertainment. Neben dem M-Byte, der ab Ende 2019 in Serie geht, wurde die Limousine K-Byte für 2021 und das dritte Elektromodell für 2023 angekündigt; mit tatkräftiger Unterstützung von Zulieferern wie Bosch, Faurecia, FAW oder CATL, die die Akkutechnik beisteuern. Überhaupt zeigen Zulieferfirmen wie Faurecia, Bosch und Co. wie die Autos der nahen Zukunft im Innenraum aussehen werden.
Honda oder Hyundai lassen ihren Gedankenspielen auf der Messe größeren Auslauf und präsentieren Studien von automatisierten Fahrzeugen, die entlegensten Regionen erreichen und sich somit für Einsätze in Katastrophengebieten oder als Expeditionsfahrzeug eignen. Ähnlich weit in Zukunft blicken Shuttlemobile von Bosch oder das System READ aus dem Hause Kia. Die künstliche Intelligenz der mobilen Shuttlebox erkennt fast unbemerkt Biosignale der Insassen und passt den Innenraum entsprechend an, während ZF, Waymo und Co. ihre Robotertaxis vorstellen, die bald die amerikanischen Straßen bevölkern. Überhaupt gibt es nur wenige Stände, an denen die künstliche Intelligenz bei der Mobilität von morgen keine Rolle spielt. Modernste Prozessoren mit gigantischen Rechenleistungen, Kamerasystemen und Hightech-Sensoren machen es möglich. Wer braucht zum Öffnen der eigenen Autotür da noch eine Fernbedienung oder einen Schlüssel? Smartphone oder Fingerabdruck machen es möglich.
Darüber hinaus kommt kaum ein Autohersteller oder Zulieferer auf der CES in Las Vegas ohne seinen eigenen persönliche Bedienassistenten aus. Hersteller wie Audi, BMW oder Mercedes bieten in ihren Fahrzeugen eigene Systeme an und binden dabei persönliche Assistenten von Apple, Google oder Amazon ein. Andere setzen bevorzugt auf die Assistenzfunktionen der Smartphones und sorgen für eine automobilgerechte Integration über Sprachbefehle wie "hey Siri", "Alexa" oder "okay Google", während die Bordelektronik via Cloud auf die entsprechenden Funktionen zurückgreift. "Die Herausforderung an die OEMs, einen entsprechenden persönlichen Assistenten auf den Markt zu bringen, ist riesig", erläutert Colin Bird-Martinez, Senior Analyst für automotive Software und Services bei IHS, "Autohersteller sourcen weiterhin einen Großteil ihrer Servicearchitektur an dritte aus. Es ist nicht ungewöhnlich für einen OEM, eigene vernetzte Dienste anzubieten, aber ein Ökosystem von Zulieferern und Partner für die einzelnen Funktionen zu kreieren."