Sie buhlen um die gleichen Kunden, fahren in einer Liga und sind doch so unterschiedlich. Der neue 7er BMW wird mächtig Druck machen auf Platzhirsch Mercedes S-Klasse. Hier der erste Vergleich.
Bereits das erste Auftreten zeigt, in welche Richtung es gehen soll. Während die Weltpremiere der Mercedes S-Klasse vor zwei Jahren im Hamburger Airbus-Werk zelebriert wurde, buk BMW deutlich kleinere Würstchen und zog das Tuch in der eigenen BMW-Welt am Münchner Petuelring vom neuen Siebener. Auch wenn der erste Auftritt der Mercedes S-Klasse im seinerzeit regenreichen Hamburg nicht allzu pompös war, gab es eine klare Botschaft: es geht hinaus in die weite Welt, um auf großer Bühne erfolgreich zu sein. Bei BMW hat man nicht zum ersten Mal das Gefühl, dass es ein gutes Maß zu viel der Zurückhaltung ist. Laut auf den Putz hauen ist nicht das Ding der Münchner Bayern. Doch bedarf es nicht auch genau dessen, wenn man an die Spitze der Luxusklasse fahren möchte?
Submarke S-Klasse
Genauso unterschiedlich wie die Weltpremieren in den beiden deutschen Metropolen waren, genauso präsentieren sich die Modelle selbst. Die S-Klasse schindet schon wegen der mächtigen Front mit großem Kühlergrill und üppig dimensionierten Scheinwerferaugen Eindruck. Noch pompöser wird es bei den AMG-Modellen oder gar dem Zwölfzylinder, die sich mit Stoßzähnen ins Gedächtnis der potenziellen Kunden bohren. Der Siebener BMW lässt es deutlich dezenter angehen und wirkt trotz der kompletten Neuentwicklung eher wie eine stimmungsvolle Luxus-Evolution des bisherigen Modells. Die Front wirkt breiter, doch zierlicher und wie das 5,10 Meter lange Fahrzeug aus Dingolfing selbst: betont edel und technisch. Am Heck wirkt die S-Klasse üppiger, aber blass. Der BMW filigraner und schick. Purer Luxus sieht jedoch innen wie außen anders aus. Da spielt die Mercedes S-Klasse ihre Marktstärke allzu schmerzhaft gegenüber den Münchner aus. Im vergangenen Jahr verkaufte sich die Mercedes S-Klasse weltweit mehr als 100.000 Mal. 2011 war für den ausgelaufenen Siebener BMW mit 67.200 verkauften Fahrzeugen das erfolgreichste Jahr. 2014 waren es knapp 50.000 Fahrzeuge – nicht einmal halb so viel die der Hauptkonkurrent aus Schwaben.
Das liegt nicht nur an der Stärke der Mercedes S-Klasse, die im Luxussegment seit mehr als 40 Jahren auf dem Thron auf die Konkurrenz blickt. Im harten Vergleich war die Vorgängergeneration der S-Klasse nicht besser als der Siebener, der jetzt abgelöst wird. Im Gegenteil: in den meisten Disziplinen zeigte der Bayer dem güldenen Stern die Rücklichter. Doch die Kundschaft der Mercedes S-Klasse gilt als besonders treu und mit der neuen S-Klasse-Modellgeneration hat Mercedes die S-Klasse zur eigenen Submarke erhoben. Während es auch vom neuen Siebener BMW nur eine 5,10 Meter lange Normalversion und eine deutlich wichtigere Variante mit 14 Zentimeter mehr Radstand gibt, trumpfen die Schwaben ganz anders auf. Neben den beiden Standardmodellen (normal und lang) gibt es mit Maybach und Pullman zwei spektakuläre Langversionen, die nicht nur für Stückzahlen, sondern auch für jede Menge Image sorgen. Zudem wurde aus dem Luxus-Coupé CL kurzerhand ein sehenswertes S-Klasse Coupé und ein S-Klasse Cabrio wird folgen. Die Antwort aus München: keine.
Higtech im 7er
Das gilt auch für die auf vielen Märkten so wichtigen Sportversionen. Mercedes lockt hier durch S 63 und S 65 gleich mit zwei üppig motorisierten AMG-Sportgranaten. Die Antwort aus München: erneut keine. Für die aktuelle Modellreihe des Siebeners ist allenfalls eine weich gespülte M-Performance-Version im Gespräch. Doch die M GmbH aus Garching durfte sich offiziell bisher noch nie am Topmodell der Münchner versuchen. Wer Power und Luxus will, muss 100 Kilometer weiter südwestlich nach Buchloe reisen und bei Alpina zugreifen, die sich den BMW-Zwängen mit dem potenten B7 auch bei der neuen Generation nicht unterwerfen müssen.
Technisch dürfte die neue Siebener Baureihe Vorteile gegenüber dem zwei Jahre alten S-Modell haben. Der Münchner hat um 130 Kilogramm abgespeckt, bietet geringere Verbräuche, beeindruckende Fahrleistungen und lässt besonders das blasse Dieselangebot der S-Klasse mit dem 265 PS starken V6-Einzelspieler S 350 Bluetec und den drögen Vierzylinder-Dieseln müde dastehen. Beim Siebener wird es 730d, 740d und 750d mit kurzem und langem Radstand sowie Hinterrad- und Allradantrieb in einem Leistungsspektrum von 265 bis knapp 400 PS geben – alle mit sechs Zylindern. Bei den Plug-In-Hybriden liegt Mercedes dagegen vorne. Der S 500 Plug-In-Hybrid fährt mit seinem aufgeladenen Dreiliter-V6 mit seinen 442 PS deutlich vor dem BMW 740e, der mit einer 326 PS starken Symbiose aus vier Zylindern und einem Elektromodul auskommen muss. Der BMW wird immerhin als Kurz- und Langversion sowie mit Allradantrieb angeboten. Der Innenraum der S-Klasse wirkt durch große Displays und seine kuschelweichen Ledersessel insbesondere im Fond pompöser, luxuriöser und wohnlicher als das luxuriöse, aber auch hier betont technische Interieur des Siebeners. Der glänzt derweil ebenfalls mit Hightech-Displays, dem deutlich besseren Bedienkonzept sowie erstmals einem Bediengleichklang aus Sprache, Controller, Touch und erstmals auch Gestensteuerung.
Bleibt die Frage, ob die technischen Qualitäten und das Fahrgefühl letztlich den Star ausmachen oder es in dieser Liga letztlich doch mehr um Image, Noblesse und das rechte Auftreten geht. Hier scheint die Mercedes S-Klasse nach wie vor Vorteile auf ihrer Seite zu haben; auch wenn der BMW 7er bei der Technik das Maß der Dinge zu sein scheint. Der Siebener BMW steht nach seiner offiziellen Weltpremiere auf der Frankfurter IAA dann ab Ende Oktober im Handel – und der Kampf der beiden besten beginnt erneut. Bis 2016 der nächste Audi A8 ans Garagentor klopft. Der will, dass das Duell endlich zu einem echten Dreikampf wird.
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