Am düsteren Mazda-Messestand fallen einem im Westflügel des modernen Messezentrums auf der angeschütteten Halbinsel Daiba fast die Augen aus dem Kopf. Der Concept RX Vision sticht sogar noch das coole Lexus-Coupé LF-FC ein paar Hallen weiter aus und erinnert an den Mercedes AMG GT. Nachdem die Tokio Motorshow zum Wechsel des Jahrhunderts international den Anschluss verloren hat und ins zweite Glied gerutscht ist, gehen die japanischen Hersteller bei ihrer im Zwei-Jahres-Rhythmus stattfindenden Messe diesmal wieder in die Vollen – zumindest was den lokalen Markt angeht. Die spektakulärsten Studien stehen bei Mazda, Lexus und Nissan. Während das Mazda Concept RX Vision den Ausblick auf einen Sportwagen mit der längst tot geglaubten Wankeltechnik gibt, will der noble Toyota-Ableger mit seinem 5,30 Meter langen Lexus LF-FC die deutsche Luxusliga angreifen. “Lexus will überraschen und mit seinem visionären Design Emotionen wecken”, erläutert Lexus-Präsident Tokuo Fukuichi, “der LF-FC ist Ausdruck unseres progressiven Luxusanspruchs in einer sehr nahen Zukunft.” Sein Brennstoffzellenantrieb, der Vorder- und Hinterachse antreibt, dürfte jedoch erst einmal Zukunftsmusik bleiben.
Urbane Sportlichkeit
Alltagstauglicher, aber dafür alles andere als unspektakulär ist das Nissan Concept des urbanen Mikrobusses Teatro for Dayz, dessen variabler Innenraum sich mit seinen großflächigen Projektionen verschiedensten Stimmungen anpasst. Leider noch ohne Innenraum präsentiert sich das Mazda Concept RX. “Die Studie ist mit einem Wankelmotor namens Skyactiv R ausgestattet”, erläutert Mazda-CEO Masamichi Kogai, “wann es in Serie geht, kann ich nicht sagen. Nur so viel: Der Wankel kommt bald wieder. Wir haben viel in puncto Treibstoffverbrauch beim Wankelmotor gemacht, denn ansonsten würde er von unseren Kunden nicht akzeptiert werden.”
Und auch Mercedes hat ein ungewöhnliches Cityconcept mit auf die Tokio Motorshow gebracht. In dem 4,80 Meter langen Loungebus mit Brennstoffzellenantrieb stellen sich die Mercedes-Designer die urbane Zukunft der Generation Z, geboren nach 1995, vor – komplett vernetzt und zudem autonom in einer Millionenmetropole wie Tokio unterwegs. Nicht derart online, aber ebenfalls eine Starbesetzung für die Straßen von Tokio: der Daihatsu Copen Cero, der wohl auf kurvigen Landstraßen außerhalb noch mehr Laune macht.
Wow-Autos?
Dass es auch bodenständiger steht, zeigt Toyota mit dem sehenswerten Doppelsitzer S-FR oder der kleine Konzernbruder Daihatsu mit seinem überaus wandlungsfähigen Cast, der hochbeinig unter anderem in den unterschiedlichen Modellvarianten Sport oder Activa in Japan angeboten wird. Einer der großen Renner in den Messehallen von Big Sight sind zudem ebenso kleine wie sehenswerte Verkaufsmobile. Die rollenden Tante-Emma-Läden sind insbesondere bei Daihatsu oder Suzuki einen Schau; haben aber keine Chance nach Europa zu kommen. Das sieht für den Suzuki Ignis schon besser als. Die schmucke Neuauflage des einst wenig sehenswerten Japaners dürfte als Einstiegscrossover mit und ohne Allradantrieb auch in unseren Breiten eine gute Chance haben. Da dürfte sich ein Brennstoffzellenfahrzeug wie der Honda FCV schon schwerer tun. Ebenso wie der Toyota Mirai bietet der neue FCV mit bis zu 700 Kilometern eine große Reichweite; doch bei der Infrastruktur sieht es in Europa oder den USA noch dunklerer aus als in den japanischen Großstädten.
Wenn einen schon Sportwagen und Coupés von Mazda und Lexus zum Träumen bringen, raubt einem die Gran-Turismo-Studie des Nissan Concept 2020 den Atem. Hoffentlich trägt diese mattrote Gefahr viele Designgene des nächsten GT-R Skyline in sich, der im kommenden Jahr vorgestellt werden soll. Etwas früher kommt bereits der nächste Toyota Prius auf den Markt. Eine Schönheit ist auch die mittlerweile vierte Generation nicht und zur Überraschung vieler bleiben Plug-In-Technik und zeitgemäße Lithium-Ionen-Akkus auch beim neuen Modell erst einmal außen vor. “Wir wollen besser Autos machen”, sagt Toyota-Chef Akio Toyoda, “und die Mobilität unterhaltsamer als je zuvor.” Das ungewöhnliche eigene Motto des Toyota-Messeauftritts: “Wow!” Fehlen nur noch die Wow-Autos. Die gibt es nur nebenan beim Markenableger Lexus.
Die deutschen Hersteller lassen es – abgesehen von Mercedes mit seinem Vision Toyko – auf der Japanmesse dezenter als gewöhnlich angehen. BMW zeigt erstmals seinen 500 PS starken M4 GTS mit Wassereinspritzung, Mini sein neues Cabriolet und Audi feiert die Nippon-Premieren von A4, dem 605 PS starken S8 und Q7 e-tron. Porsche hat mit dem nun aufgeladenen 911 Carrera 4S sowie dem 360 PS starken Macan GTS zumindest zwei kleine Weltpremieren im Reisegepäck. Volkswagen wollte auf der Messe im zunehmend dieselgeneigten Japan mit dem neuen Tiguan an sich eine Dieseloffensive starten. Aufgrund des Dieselskandals blieb die deutsche Dieselflotte in Wolfsburg und Markenchef Herbert Diess präsentierte allein die Plug-In-Version des neuen VW Tiguan. Die Dieseloffensive dürfte jedoch nicht allezu lange auf sich warten lassen. Crossover wie der Mazda CX-3 / CX-5 oder der Mercedes GLE werden vorrangig als Diesel verkauft, nachdem die Selbstzündertechnik bis vor ein paar Jahren in Japan nur Lastwagen vorbehalten war.