Die britische Zurückhaltung ist fast schon sprichwörtlich. Ein echter Gentleman wird nie auf den Putz hauen, tut er es doch, dann würde er nur ein “sehr gewöhnlich” ernten. Allenfalls garniert mit einem mitleidigen Blick und definitiv mit einer hochgezogenen Augenbraue. Ob das der Grund ist, warum Jaguar beim neuen XF das Diesel-Topmodell nur mit 221 kW / 300 PS bestückt und damit sich gegenüber dem BMW 535d (230 kW / 313 PS) in Understatement übt? Immerhin bleibt die schnelle Katze damit in Schlagdistanz zum Münchener. Das ist wichtig, denn der BMW gilt in Gaydon als Referenz.
Sparsam im Verbrauch
Das geht sogar so weit, dass sich der Basis-Preis für einen Jaguar XF 3.0d (61.510 Euro) an dem BMW 535d (59.100 Euro) orientiert. Beim Motor hört die Gemeinsamkeit dann aber auf: Der BMW tritt traditionell mit einem Reihensechszylinder in den Ring, beim Jaguar sind die Töpfe in V-Form angeordnet. Das Biturbo-Triebwerk zeigt, wie nah die Briten den Deutschen schon gekommen sind. Es tritt kräftig an und beschleunigt sämig durch alle Gänge bis zur elektronisch begrenzten Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h. Wichtig für die Sprinter: Aus dem Stand ist das Landstraßentempo nach 6,2 Sekunden erreicht.
Anders als mancher seiner trinkfesten humanoiden Landsleute hält sich der Engländer beim Konsum zurück: Der Durchschnittsverbrauch von 5,5 Litern pro 100 Kilometer würde auch kleineren Autos gut zu Gesicht stehen. Allerdings braucht der UK-Sechszylinder Drehzahlen, um seine volle Kraft von 700 Newtonmetern zu erreichen. Unterhalb von 2.000 Touren tut sich der V6 etwas schwerer, hat aber immer noch genug Schmalz in den Oberschenkeln, um ein entspanntes Gleiten zu ermöglichen.
Bewegungsfreudiges Heck
Für sportliche Fahrer, die gerne Gänge wechseln (bitte ran an die Schaltwippen) ist das aber kein Hindernis. Die pure Drehfreude und die Kraft des Briten-Diesels bereitet einfach Spaß und steht den deutschen Konkurrenten nur wenig nach. Sobald sich die Kurbelwelle schneller dreht, grummelt der Selbstzünder etwas unwirsch. Aber das wird durch Freudenjauchzer des sportlich versierten Fahrers ob der sehr direkten Lenkung schnell übertönt. Doch jede noch so direkte Steuer-Übertragung mutiert zum nervösen Autobahn-Spielzeug, wenn das Fahrwerk die Befehle nicht präzise umsetzt. Auch hier haben die Ingenieure einen guten Job gemacht: Die Kombination aus variablen Dämpfern (1.200 Euro) und Integral-Hinterachse ermöglicht Komfort oder – auf Wunsch – eine sportliche Abstimmung.
Das Resultat überzeugt: Obwohl der Jaguar trotz geschrumpfter Abmessungen immer noch 4,95 Meter lang ist, geht er behände um die Ecken. Je länger man im XF unterwegs ist, desto mehr verwandelt sich das Volant zu der Verlängerung der Gehirnsynapsen. Das Prinzip ist einfach: Der Fahrer denkt, lenkt und das Auto agiert. Unterstützt wird das Ansinnen des Piloten von einem sehr mitteilsamen und bewegungsfreudigen Heck. Somit wird das Gewicht von 1.710 Kilogramm erfolgreich kaschiert.
Im Innenraum wird das Bemühen der Engländer deutlich, in der Premium-Liga mitzuspielen. Edles Leder, Chrom und Holz verbreiten eine behagliche Atmosphäre, doch einige Knöpfe rings um das Navigationssystem passen nicht wirklich ins Bild. Der zweitbeste Platz, den Jaguar XF zu genießen, ist hinten rechts. Bei der Beinfreiheit haben die Briten die E-Klasse als Maßstab ausgemacht und legen noch etwas drauf. Deswegen können auch großgewachsene Zeitgenossen gemütlich Platz nehmen und sogar die Beine etwas ausstrecken. Mit einem Volumen von 540 Liter reicht auch das Kofferraumvolumen für einen Familienausflug am Wochenende aus.
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