Die Jugend in Japan hat nicht mehr so recht Lust auf Autos. Die Straßen platzen aus allen Nähten, Parkplätze sind unbezahlbar und ganz nebenbei ist das Netz an öffentlichen Verkehrsmitteln das beste auf der ganzen Welt. Kein Wunder, dass sich Heranwachsende in Metropolen wie Tokio oder Hiroshima vieles Wünschen, außer einem eigenen Auto. Sie sitzen morgens, mittags und abends in der Metro und starren während der Fahrt versonnen auf das eigene Smartphone. Wer nicht in der U-Bahn oder dem Zug sitzt, gönnt sich zu abendlicher Stunde eine Taxifahrt und genießt den 80er-Jahre-Charme in Modellen wie Nissan Cedric oder Toyota Crown. Wenn schon ein eigenes Auto, dann fällt die Wahl in vielen Fällen auf die allzu beliebten Kei-Cars, die je nach Region in Japan einen Markanteil von 35 bis 60 Prozent haben.

Kei-Cars sind mit Abstand die günstigste Möglichkeit, in Japan ein eigenes Auto zu fahren. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entschieden sich die Japaner eine neue, völlig eigene Fahrzeugklasse einzuführen. 1949 wurden die Kei-Cars, maximal 3,40 Meter lang, 1,48 Meter breit und von einem Motor mit maximal 660 Kubikzentimetern angetrieben, offiziell eingeführt. Die Kleinstwagen sind steuerbegünstigt, mit einem gelben Nummernschild unterwegs und genießen Sonderregelungen, was den Nachweis eines Parkplatzes angeht. Zahlen Kei-Car-Fahrer nur umgerechnet 81 Euro, wird darüber hinaus bis zur Ein-Liter-Marke dreimal so viel fällig. Gleichzeitig fahren sie auf mautpflichtigen Autobahnen günstiger. Wird beispielsweise die 350 Kilometer lange Strecke von Tokio nach Nagoya zur Berechnung herangezogen, zahlen die Kei-Cars nur 43 statt 54 Euro. Noch wichtiger ist aber das Parkplatzproblem. Längst können in Japan nur Autos zugelassen werden, für die auch ein fester Stellplatz zur Verfügung steht - mit der Ausnahme von Kei-Cars.

Einst waren die kleinen Cityautos nur müde Fortbewegungsmittel, mit denen man vergleichsweise günstig, trockenen Fußes von A nach B kam. Über die Jahre wurden die Fahrzeuge einfallsreicher und individueller. Turboaufladungen holen aus den Dreizylindern mittlerweile bis zu 100 PS heraus. Bei den Kei-Cars gibt es zwei Arten. Die einen sind Kleinwagen für solche Japaner, die einen besonders stylishen, urbanen Lebensstil zeigen wollen. Bisweilen sind dies sogar Coupés oder kleine Roadster für maximal zwei Personen. Eines dieser Modelle, der Daihatsu Copen, schaffte es Mitte des vergangenen Jahrzehnts sogar als cooler Exportschlager bis nach Europa. Ähnlich schick und individuell sind Modelle wie der Suzuki Hustler oder der Suzuki Lapin.

In Europa nahezu undenkbar: der 52 PS starke Bunny-Wagen Lapin als reines Frauenauto deklariert. Große Augen, satte Rundungen und fesche Farben fallen schon von außen auf. Das eigentlich Weibliche findet allerdings im Innenraum statt. Hier finden sich zwei Schminkspiegel, ein halbes Dutzend Ablagefächer, Handtaschenhalter und eine wohlige Wohnzimmeratmosphäre. Mit dem Drücken des Startknopfes erscheinen ein paar Häschen im Display, die ihre Fahrerin willkommen heißen und sogar zum Geburtstag gratulieren. Der ebenfalls nur rund 700 Kilogramm schwere Suzuki Hustler ist maskuliner und verfügt trotz überschaubarer Dimensionen über Details wie Bremsenergie-Rückgewinnung, ESP, Citynotbremse, Allradantrieb und natürlich ein Navigationssystem. Wem die 52 PS nicht reichen, steigt in die 64 PS starke Sportversion. Noch spektakulärer: der Suzuki Cara und der baugleiche Autozam AZ-1 von Mazda aus dem Jahre 1993 mit Flügeltüren.

Die meisten wollen jedoch nicht unbedingt die eigene Lebensart zur Schau stellen, sondern maximalen Mobilitätsnutzen auf minimalen Raum genießen. So erklären sich die zahlreichen Mikrobusse und -transporter, die die Städte der Innenstädte bevölkern. Sie heißen Daihatsu Tanto, Mazda Scrum oder Suzuki Palette und haben Ausstattungsdetails wie ausklappbare Sitze, große Schiebetüren und eine kaum zu schlagende Variabilität. Große Bildschirme, Soundsystem, Spielkonsolen, WLan-Zugang und eine voll vernetzte Hightech-Navigation haben selbst die kleinsten Kei-Cars an Bord. Schließlich gehören nicht nur in Tokio ein bis zwei Stunden Stau täglich auf dem Weg in die Arbeit dazu. Für umgerechnet 13.000 bis 20.000 Euro gibt es die knapp eine Tonne schweren Allzweckmobile mit Leistungen von 40 bis 70 PS. Längst laufen Planungen, die kommenden Minibox-Vans mittelfristig von einem Elektromotor antreiben zu lassen. Die maximale Reichweite ist angesichts der überschaubaren Distanzen innerhalb der Städte kein Problem.

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