Dieser Mazda ist die Schau auf der Tokio Motorshow. Der RX Vision muss sich hinter einem Mercedes AMG GT nicht verstecken. Doch was kann die modernisierte Wankeltechnik wirklich?
Nach dem Ende des Semi-Sportlers Mazda RX-8 hatte es lange Zeit so ausgesehen, als sei das Ende der Wankeltechnik gekommen. Im Laufe der Jahrzehnte hatten sich immer wieder Autohersteller am Kreiskolbenmotor versucht – und hatte ihre technischen Bemühungen letztlich eingestellt. Zuletzt war es Audi, der einen kleinen Wankelmotor im Heck eines hybriden Audi A1 untergebracht hatte, der als Range Extender (Reichweitenverlängerer) dienen sollte. 1967 brachte Mazda seinen 110er Cosmo Sport auf den Markt. Ein seinerzeit spektakulärer Sportwagen, an dessen Tradition nunmehr wohl die Tokio-Studie des RX Concept anknüpfen soll. Mazda-CEO Masamichi Kogai: “Die Studie Sports Concept by RE ist mit einem Wankelmotorsystem namens Skyactiv R ausgestattet. Wann es in Serie geht, kann ich nicht sagen. Nur so viel: Der Wankel kommt bald wieder.”
Matsuda bei Wankel
Die Vorteile der Wankeltechnik sind seit Jahren gemeinhin bekannt. Die Motoren sind elastisch, drehfreudig, von vergleichsweise kleiner Bauart und durchaus langlebig. Doch die Kreiskolbentriebwerke haben bisweilen auch so ihre technischen Tücken und genau deshalb blieb ihnen der Durchbruch in der Motorentechnik seit einem halben Jahrhundert weitgehend verwehrt. Denn insbesondere beim Verbrauch von Öl und Kraftstoff haben die Rotationstriebwerke gegenüber gewöhnlichen Zylindertriebwerken nennenswerte Nachteile. “Wir haben viel in puncto Treibstoffverbrauch beim Wankelmotor gemacht”, unterstreicht Masamichi Kogai, “denn ansonsten würde er von unseren Kunden nicht akzeptiert werden.”
Die Entwicklungen des Kreiskolbenmotors im Hause Mazda begannen Anfang der 60er Jahre. Tsuneji Matsuda, damaliger Präsident von Mazdas Konzernvorläufer Toyo Kogyo, reiste persönlich nach Westdeutschland, um die Zentrale der NSU Motorenwerke AG zu besuchen. Mit den Entwicklern des Kreiskolbenmotors unterzeichnete der Japaner einen Vertrag über eine technische Zusammenarbeit. Deren Ziel war es, die weitgehend unbekannte neue Technologie zu vermarkten und sie einem breiten Publikum bekannt zu machen, um als Unternehmen mit Technikkompetenz auftreten zu können. Die Herausforderung Kreiskolbenmotor war für Mazda eine Chance, sich als einzigartiger und unabhängiger Autohersteller zu etablieren. Die Entwicklung des Wankelmotors (benannt nach Felix Wankel) erwies sich allerdings als extrem schwierig. 47 Ingenieure in der Mazda-Forschungsabteilung waren mit dem Thema befasst und sahen sich einer Vielzahl von Hürden gegenüber. Zum Beispiel der Frage, wie man die “Kratzspuren des Teufels” loswerden konnte: jene Rattermarken auf den Innenwänden des Rotorgehäuses, verursacht durch die Drehbewegungen des Kolbens bei hoher Geschwindigkeit. Am 30. Mai 1967 enthüllte Mazda den Cosmo Sport – das weltweit erste Serienfahrzeug mit einem Zweischeiben-Kreiskolbenmotor.
Sporter ohne Wankeltechnik?
Die mangelnde Akzeptanz ist neben der technischen Unwägbarkeiten das Hauptproblem der Wankeltechnik. Die kleinen Hubräume, allenfalls mittelprächtige Leistungsausbeuten und ein alles andere als sonorer Sound machte es in den letzten Jahren dem verblieben Modell des Mazda RX-8 schwer, ernsthaft als echtes Sportcoupé wahrgenommen zu werden. Dabei gab es in der Wankelhistorie durchaus Ausnahmen. Beim 1968er Marathon de la Route auf dem Nürburgring belegte ein 130 PS starker Mazda 110 Cosmo Sport Platz drei hinter zwei Porsche 911 – nach nervenaufreibenden 84 Stunden Renndauer. Nach dem Start des Cosmo Sport 1967 führte Mazda weitere Fahrzeuge mit Kreiskolbenmotor ein: darunter den Familia Rotary, das Luce Rotary Coupe, den Capella Rotary (RX-2 außerhalb Japans) und den Savanna (RX-3). Bald darauf sah sich Mazda mit neuen Schwierigkeiten konfrontiert: Die Verabschiedung schärferer Umweltgesetze durch den US-Kongress (sog. Muskie Act im Jahr 1970) und die Ölkrise von 1973 rückten die Themen Umweltverträglichkeit und Kraftstoffverbrauch in den Brennpunkt und ließen die Wankeltechnik stocken. 1980 / 1981 gewann der gerade einmal 150 PS starke Mazda RX-7 TWR von Tom Walkinshaw Racing mit Win Percy am Steuer zweimal in Folge die britische Touring Car Championship. Von 1980 bis 1990 holten sich jeweils 600 PS starke Mazda RX-7 GTO mit ihren 2,6 Liter großen Kreiskolbenmotoren über 100 Siege in der IMSA-Serie. Bis heute ist keiner erfolgreicher. Höhepunkt der Wankeltechnik war der Sieg des legendären Mazda 787 B bei den 24 Stunden von Le Mans im Jahre 1991.
Wenn Mazda die Tokio-Studie des RX Vision in den nächsten zwei Jahren zur Serienreife bringt, dann dürfte die nächste Wankelgeneration aufgrund des Konkurrenzdrucks nicht ohne Turboaufladung auskommen. Bisher halten sich die Mazda-Verantwortlichen in Sachen Antrieb bedeckter denn je. Das Leistungsspektrum des zukünftigen RX-9 dürfte bei deutlich über 300 PS beginnen. Zum Vergleich: der von Design und Dimensionen ähnlich konzipierte Mercedes AMG GT startet bei 462 PS. Bleibt die Frage, ob ein scharfes Coupé aus dem Hause Mazda unbedingt die Wankeltechnik braucht, um Erfolg zu haben? Wenn man sieht, wie sich die Skyactiv-Technologie mit einem ganzheitlichen Ansatz aus Motorentechnik und Leichtbau einen Namen gemacht hat – eher nicht.
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