Wenn Ingenieure ein neues Fahrzeug entwerfen, wollen sie ihre Sache möglichst gut machen. Das liegt in der Natur der Sache. Wenn ein Auto wie der Yaris der bestverkaufte Toyota in Deutschland und Europa ist, erhöht das den Erfolgsdruck deutlich. Jeder Fehlschlag kostet Geld und bremst im Versagensfall Karrieren ein, aber das Projekt Kleinwagen bekommt eine ganz andere Dimension, wenn Akio Toyoda den Wagen jeden Tag bewegt, um zur Arbeit zu kommen. "Da muss die Sache schon in Ordnung sein", sagt Luc Nuyts, Projektleiter Yaris Europa.
Also haben die Toyota-Experten beim neuen Yaris jede Schraube umgedreht, um nicht zum Rapport beim allgewaltigen Konzernchef antreten zu müssen. Der Kleinwagen steht jetzt auf der TNGA-B Plattform, ist mit 3,94 Metern kaum länger als bisher, hat eine um 57 Millimeter breitere Spurweite, ist um fünf Zentimeter breiter und um vier Zentimeter niedriger. Durch eine deutlich niedrigere Sitzposition finden auch großgewachsene Personen bequem auf den Vordersitzen Platz. Durch Maßnahmen wie eine Querverstrebung zwischen den beiden Federbeinen vorne erhöhte sich die Verwindungssteifigkeit der Karosserie um 37 Prozent. Das hat Auswirkungen auf das Fahrverhalten und den Komfort. Der neue Yaris ist keine Sänfte, federt aber deutlich harmonischer ab als bisher und lässt sich auch durch Fahrbahnunebenheiten nicht aus der Ruhe bringen. Die bequemen Sitze tragen ihren Teil zu diesem guten Eindruck bei.
Eine ähnlich große Revolution spielt sich beim elektrifizierten Antriebsstrang ab. Die antiquierte Nickel-Metallhydrid-Batterie wurde durch Lithium-Ionen Akkus ersetzt. Die sind zwölf Kilogramm leichter und haben mehr Leistung. Wie hoch die Energiedichte genau ist, darüber schweigen die Japaner. "Wir fokussieren uns auf einen möglichst niedrigen Verbrauch", sagt Techniker Keisuke Morisaki, der sich dann doch noch entlocken lässt, dass man rein elektrisch rund zwei Kilometer weit kommt und dabei bis zu 130 km/h schnell sein kann. Noch wichtiger ist die Tatsache, dass Litihium-Ionen-Akkus mehr Energie deutlich schneller aufnehmen und abgeben. Dadurch wird die Boost-Kraft um rund 50 Prozent gesteigert.
Fünf Sterne im Visier
Das hilft auch dem komplett überarbeiteten CVT-Getriebe, da die Drehzahl des ebenfalls neuen Dreizylindermotors geringer gehalten wird. Das Resultat: Der Yaris Hybrid tritt deutlich kräftiger an als der Vorgänger und auch das von einem Motorjaulen begleiteten Kaugummi-Symptom bleibt aus. Nur bei einem Kickdown meldet sich das Verbrennungs-Aggregat zu Wort. Die Kombination aus 59 kW / 80 PS starkem Elektromotor und dem 68 kW/92-PS-Benziner summiert sich zu einer Systemleistung von 100 kW / 116 PS. Das sind 12 kW/16 PS mehr als bisher. Damit erreicht der Japaner in 9,7 Sekunden aus dem Stand 100 km und ist bis zu 175 km/h schnell. So ist der Yaris im Stadtverkehr flott unterwegs, hält auf der Autobahn mit und macht trotz der geringeren PS-Zahl gegen Konkurrenten wie dem Renault Clio E-Tech eine gute Figur. Toyota gibt als Durchschnittsverbrauch 3,7 l/100 km (WLTP) an. Wir kamen bei den ersten Testfahrten auf einen Liter mehr, waren dabei auch auf Autobahnen unterwegs, aber nie schneller als 130 km/h.
Das große Pfund, mit dem Toyota gegenüber dem Clio und dem Honda Jazz wuchert, ist die Sicherheit. Dank der neuen Architektur will man beim nochmals verschärften EuroNCAP-Crashtest fünf Sterne erreichen. Serienmäßig sind unter anderem solche nützlichen Helfer wie ein Notbremsassistent mit Tag- und Nacht-Fußgängererkennung, ein adaptiver Tempomat, ein Abbiege- und Spurhalte-Assistent sowie ein Mittelairbag, der die vorderen Insassen zusätzlich schützt. Optional sind nach aktuellem Stand lediglich solche Details wie ein zehn Zoll großes Head-up-Display und die Querverkehrswarnung.
Umfangreiche Assistenzsysteme
Auch bei der Verarbeitung geben sich Japaner typischerweise wenig Blößen und bieten auf dem Armaturenbrett unterschäumte Flächen. Dass man bei einem Kleinwagen auch mal an Hartplastik greift, ist Neues. Nur bei den knarzenden äußeren Bedienelementen im Volant müssen die Qualitätskontrolleure noch mal genauer hinschauen. Aber diese Fehler sollten bis zum Marktstart am 19. September ausgemerzt sein. Zumal vorne merklich mehr Platz ist als bisher: Das vertraute Schulter-an-Schulter Kuscheln gehört der Vergangenheit an. Im Fond schaut die Sache etwas anders aus, was bei der Länge von 3,94 Metern kein Wunder ist. Ab einer Körpergröße von 1,85 Metern wird es um Kopf und Beine eng. Auch die hintere Tür könnte sich weiter öffnen, um einen bequemeren Einstieg für großgewachsene Menschen zu ermöglichen. Der Kofferraum hat ein Volumen von 286 Litern, legt man die Lehnen der Rückbank um, wächst dieses auf 768 Liter und der Boden ist eben - allerdings ist die Ladekante recht hoch.
Beim Infotainment und der Konnektivität hat Toyota ebenfalls nachgebessert. Apple CarPlay und Android Auto binden das Smartphone ein und das "echte" Head-up-Display projiziert wichtige Informationen auf die Windschutzscheibe. Die Grafik des Navigationssystems, das auf dem Acht-Zoll-Touchscreen angezeigt wird, könnte etwas detailreicher sein, aber die Bedienung und die Schnelligkeit sind in Ordnung. Damit etabliert sich der Toyota Yaris Hybrid in der umfangreichen "Premier Edition"-Topausstattung mit einem Preis von 25.140 Euro zu einer Alternative zum Renault Clio E-Tech Hybrid. Der kostet zwar nur 21.874,28 Euro, aber die umfangreichen Assistenzsysteme und das verbesserte Fahrverhalten sind die Stärken des Japaners.