Leichtbau in massiv Eiche? Nicht ganz. Aber fast. Automobilbauer entdecken Holzfaserverbundstoffe als leichtes, ökologisches und crashsicheres Material. Denn Aluminium oder gar Carbon mögen zwar das Fahrzeuggewicht und damit den Schadstoffausstoß senken – doch umweltfreundlich herstellen und recyceln lassen sie sich nicht. Während bei der Produktion von einem Kubikmeter Alu 22 Tonnen CO2 freigesetzt werden, sind es bei der Holzherstellung nur 150 Kilogramm. Und: Holz lockt durch sein geringes Gewicht: Ein Kubikzentimeter wiegt zwischen 0,5 und 0,8 Gramm – bei Alu sind es etwa 2,7 Gramm.
Warum also nicht Holz – wie einst, nur ausgefeilter – im Fahrzeugbau einsetzen? Zum einen, weil bislang der ökologische Handlungsdruck fehlte. Zum anderen, weil es als buchstäblich unberechenbarer Werkstoff gilt. Es fehlten bislang schlicht die Simulationswerkzeuge, um Tragfähigkeit, Langzeitstabilität, Vibrationen und vor allem Crashsicherheit zu berechnen. Doch hier sind Forscher und Industrie ein gutes Stück weitergekommen.
Kein Angst vorm Naturprodukt
So wurde in den vergangenen Jahren das Verhalten von Holz im Projekt WoodC.A.R. (Wood – Computer Aided Research) eingehend untersucht und vor allem ein virtuelles Engineering aufgesetzt, um für den Autobau geeignete Holzverbundstoffe am Rechner zu entwickeln und erproben. „Mittels eines Cross-Innovation-Ansatzes werden Verbindungs-, Klebe- und Produktionstechnologien analysiert, evaluiert und nach dem neuesten Stand der Technik in ein Produktionskonzept implementiert“, so die Forscher. Dabei schwand auch die Angst vor dem Naturprodukt, das den hohen Maßstäben an Sicherheit und Qualität eines Autos vermeintlich nicht standhält. Denn die Holzindustrie als Zulieferer beherrscht inzwischen durch Mikrowellen-, Röntgen- und optische Sensoranalysen durchaus eine strenge und nachvollziehbare Auswahl geeigneter Hölzer. Die Holzbranche als Lieferant für die Fahrzeugindustrie? Machbar!
Allerdings bedarf es noch weiterer Forschung, um geeignete Hölzer und Materialverbünde zu finden. Hier schlägt die Stunde der Werkstoffkundler, die mit entsprechenden Simulationstools ausgestattet werden. Forscher wie die von WoodC.A.R. können Fahrzeuge virtuell gegen die Wand fahren und herausfinden, wie lange sich das Holz biegt, bis es bricht. Einzelne Teile eines Concept Cars haben die Österreicher schon gemeinsam mit Magna Steyr gecrasht, wobei sich zeigte, dass die Simulationen und die Realität eine hervorragende Übereinstimmung lieferten, so die Forscher. Bei dem Konzeptauto wurden Armaturenträger, Rücksitzwand und Unterboden aus dünnen Faserplatten, Schicht- oder Sperrholz verbaut.
Weniger Gewicht, weniger Geräusche
Die Reise geht dabei zu schlanken, hochfesten miteinander verklebten Verbünden. In Zusammenarbeit mit Porsche Motorsport und Four Motors haben Forscher des Fraunhofer WKI Carbon in einer Autotür durch Naturfasern ersetzt. Eine Kleinserie im Cayman GT4 Clubsport ist damit bereits unterwegs. Der Effekt: Gewicht und Schall lassen sich minimieren. „Naturfasern weisen im Vergleich zu Carbonfasern zwar geringere Steifigkeiten und Festigkeiten auf, die erreichten Werte sind für viele Anwendungen aber ausreichend“, sagt Fraunhofer-Projektleiter Ole Hansen.
Sehr gut ist die Ökobilanz: „Wir konnten feststellen, dass das verwendete Naturfasergewebe in seiner Herstellung inklusive der Vorketten ein besseres Umweltprofil als das Gewebe aus Carbon aufweist“, so Hansen. Außerdem ließe sich Material problemlos nach Gebrauch verbrennen. Im nächsten Schritt werden die Forscher eine Fahrzeugtür mit einem biogenen Anteil von 85 Prozent entwickeln. So werden Boliden bio!