Sven Gabor Jansky, 2b Ahead Thinktank
"In den Führungsetagen der deutschen Hersteller herrscht schon großes Selbstbewusstsein", sagt Janszky. (Bild: R. Walczyna/2b Ahead Thinktank)

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das hört sich jetzt nicht so an, als seien Sie besonders positiv gestimmt, dass die traditionellen Autobauer die Challenge gegen in den Mobilitätsmarkt drängen Unternehmen wie Google oder Apple gewinnen können.
Ich bin da sehr skeptisch, es ist aber nicht unmöglich. Um das Rennen zu gewinnen, müssen es die Konzerne schaffen, sich in ihrem Selbstverständnis nicht mehr als Automobilhersteller zu definieren, sondern auch als Softwareunternehmen, die die ideale Software für den idealen intelligenten Mobilitätsassistenten anbieten. Wenn zur Erfüllung dieses Mobilitätsbedürfnisses des Kunden dann auch noch ein Auto, ein bewegter Raum mit vier Rädern nötig ist, dann werden sie das bauen. Aber nur wenn sie Notwendigkeit der Verschiebung in den Prioritäten verstehen, werden sie den Wettbewerb gegen die neuen Player gewinnen können. Dazu braucht man auch noch Antriebs-, Design, und Leichtbauexperten, man braucht aber vor allem Experten, die das Mobilitätsbedürfnis der Kunden noch schneller als in Echtzeitz erkennen und dafür die bestmöglichen Lösungen anbieten. Als Dreingabe gibt´s dann noch ein Auto.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Das heißt, wenn die traditionellen Hersteller den Kulturwandel nicht schaffen, dann droht eine Zukunft als verlängerte Werkbank?
Als Zulieferer, so ist es. Die Digitalisierung, die wir gerade erleben, schafft die Autoindustrie nicht ab. Aber zwischen die Hardwarehersteller und den Kunden legt sich eine Softwareschicht. Derjenige, der diese Softwareschicht beherrscht, der bestimmt künftig im Markt die Regeln und die Preise. Die Automobilhersteller haben nun die Wahl, ob sie zum Anbieter dieser Software werden oder ob sie bleiben, was sie sind, die Hersteller der Hardware Auto. Das kann man machen. Die Regeln und Preise werden dann aber andere bestimmen. Mit einer passiven Haltung setzt man nicht nur das eigene Unternehmen aufs Spiel, sondern auch – angesichts der Bedeutung der Automobilindustrie in Deutschland – die Zukunft des Standorts.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Inwieweit steht dem notwendigen Kulturwandel das große Selbstbewusstsein der erfolgsverwöhnten deutschen Hersteller im Weg?
Komplett! Ich will jetzt nicht alle Unternehmen über einen Leisten scheren, aber in den Führungsetagen der deutschen Hersteller herrscht schon großes Selbstbewusstsein. Das ist ja nicht einmal verwunderlich. Das sind mit die wichtigsten und größten Unternehmen im Land, haben gerade wieder Rekordergebnisse in Serie eingefahren. Solche Erfolge führen zu Stolz und zu einem Selbstverständnis, dass man alles richtig macht. Die Neigung sich und sein Tun in solchen Phasen kritisch zu hinterfragen oder gar einen radikalen Wandel einzuleiten, ist leider nicht sehr ausgeprägt. Deshalb freue ich mich als Innovationsberater und Zukunftsforscher über Krisen. Natürlich sind Krisen zunächst einmal nicht schön, aber sie setzen die Entscheidungsträger in einem Unternehmen so unter Druck, dass Innovationen passieren müssen. Nehmen Sie VW. Die Erschütterungen die der Abgasskandal dort ausgelöst hat, schaffen den Raum für Innovationen.

AUTOMOBIL PRODUKTION: Wird der VW-Abgasskandal ironischerweise zum Katalysator der Entwicklung der Elektromobilität?
Ja, da bin ich ganz sicher. Das auf Elektromobilität zu beschränken, ist mir zu eng. Ich meine, wenn ich über Mobilität der Zukunft rede, nicht zwingend, was für einen Antrieb ein Auto hat. Ob das jetzt ein Elektro- oder ein Hybrid-Fahrzeug ist, ist mir fast egal.
Mir geht es mehr um die Frage der Vernetzung und der selbstfahrenden Autos, weil das wird viel, viel mehr Auswirkungen auf die Geschäftsmodelle der Branche und das Mobilitätserleben der Menschen in der Welt haben als die nach dem Antrieb. Wichtig ist jetzt, dass die Hersteller die Lage erkennen und bei der Digitalisierung den Anschluss an die Entwicklungen, die sich in Silicon Valley und China gerade vollziehen, nicht komplett verlieren, sondern das man gerade noch die Kurve bekommt.

 

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