"90 Prozent des Gewinns und Preises eines Produkts entfallen auf die Marke und das geistige Eigentum", sagt Gürcan Karakas, CEO von Togg.

"90 Prozent des Gewinns und Preises eines Produkts entfallen auf die Marke und das geistige Eigentum", sagt Gürcan Karakas, CEO von Togg. (Bild: FrontRowSociety.net, Andreas Conrad)

Mit dem türkischen Anbieter Togg kommt ab 2025 ein neuer Hersteller auf den deutschen Markt. Dank eines umfassenden, digitalen Ökosystems will das erste E-Auto aus der Türkei seine Kundenkreise erschließen. Wie das funktionieren soll, erklärt der ehemalige Bosch-Manager und aktuelle Togg-CEO Gürcan Karakas.

Herr Karakas, Sie sagen, dass Togg keine Autos baue, sondern „Smart Devices“. Und Ihre Kunden nennen Sie „User“ oder „Togger“. Das müssen Sie uns erklären.

Aus unserer Sicht steht das Auto selbst nicht mehr im Vordergrund, sondern wird zunehmend Teil eines Ökosystems. Entscheidend sind Dienstleistungen und Lösungen, die hauptsächlich auf Softwareanwendungen basieren. Wir konstruieren nicht nur ein Auto, sondern ein Smart Device. Wenn Sie dieses intelligente Mobilitätsgerät eine Woche lang nutzen, wollen Sie nichts anderes mehr fahren. Mit diesem Gerät können Sie wirklich alles erledigen. Im Mittelpunkt unserer Bemühungen stehen immer unsere User. Wir streben die Entwicklung eines eigenen Lebensraums an, der den Bedürfnissen in den Bereichen Komfort, Sicherheit, Gesundheit und Unterhaltung gerecht wird. Tatsächlich kann man zum Beispiel unsere App Trumore und viele Dienste nutzen, ohne selber einen Togg zu besitzen. Wir bauen ein Mobilitäts-Ökosystem auf einer digitalen Plattform, auf der wir alle unsere Produkte und Dienstleistungen integrieren können, inklusive dem Konzept „Smart Living“, das intelligente Wohnlösungen bereitstellt. Der kontinuierliche Kontakt zu Start-ups spielt dabei für uns eine wichtige Rolle, um Togg mit ständig neuen Innovationen zu inspirieren.

Warum sollten Kunden für das Auto eines unbekannten Newcomers aus der Türkei 50.000 Euro bezahlen?

Die Entscheidung, warum jemand 50.000 Euro für ein Fahrzeug ausgibt, hängt weniger mit dem Ursprung der Marke, sondern vielmehr mit der Stärke der Marke zusammen. Wenn wir uns beispielsweise Apple-Produkte anschauen, kommen diese eigentlich aus China. 90 Prozent des Gewinns und Preises eines Produkts entfallen auf die Marke und das geistige Eigentum. Durch die Interaktion mit unseren Usern können wir unsere Marke stets auf dem neuesten Stand halten, Veränderungen schnell umsetzen und eigene Ideen generieren. Wenn wir uns heute lediglich als Auto präsentieren würden, könnten wir nur über den Preis konkurrieren. Wir müssen die Perspektive des Käufers verändern und dafür die User stärker in die Komfortwelt, die Dienstleistungswelt und in personalisierte Funktionen einbinden.

Sie planen den Markteintritt von Togg in Deutschland erst für 2025. Warum so spät, da steht der T10Xja schon vor der ersten Modellpflege?

Togg ist ein „Smart Device“, das mit „Over the-Air-Updates” stets aktualisiert wird. Niemand muss darauf warten, dass nach drei bis vier Jahren eine aufgefrischte Version mit Innovationen kommt. Wir werden also auch beim Eintritt in den deutschen Markt immer noch sehr neu sein. In einen bestimmten Markt einzutreten ist einfach. Aber dort zu bleiben, Marktanteile nachhaltig zu gewinnen und kontinuierlich präsent zu sein, ist die größere Herausforderung. Die Organisation entwickelt sich mit der Zeit, das erfordert Geduld und Erfahrung. Um zu lernen, wie die User in Deutschland und Europa denken und handeln, haben wir bereits im Mai 2021 die Togg Europa GmbH in Stuttgart gegründet. Wir können keine Copy-Paste von dem machen, was wir schon haben. Das würde nicht funktionieren. Deshalb haben wir uns für einen sorgfältigen und zeitlich abgestimmten Markteintritt entschieden. Das Bild der Automobilindustrie wird spätestens in acht bis zehn Jahren komplett anders aussehen. Wer mit dieser Denkweise und Planung herangeht und dies umsetzt, hat einen Vorsprung.

Sie möchten gerne weiterlesen?