Der bisherige VW-Markenchef Herbert Diess ist der neue starke Mann bei Volkswagen - und steht vor großen Aufgaben. Volkswagen müsse Tempo aufnehmen und deutliche Akzente bei Elektromobilität, Digitalisierung des Autos und des Verkehrs sowie bei neuen Mobilitätsdiensten setzen, sagte er im Anschluss an eine Sitzung des Aufsichtsrats am Donnerstagabend in Wolfsburg. Details will Volkswagen am Freitag (10.30) in Wolfsburg bekanntgeben. Diess verantwortet nun auch die Konzernentwicklung und -forschung, außerdem führt er die Fahrzeug-IT - also alles rund um die Vernetzung des Autos.
Gleichzeitig führt Volkswagen im Zuge eines umfassenden Konzernumbaus neue Markengruppen ein. Laut Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch soll die Neuordnung die Entscheidungen bei dem riesigen Autokonzern beschleunigen und die Konzernsteuerung verschlanken.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Der neue VW-Chef Diess muss eine lange To-Do-Liste abarbeiten. Er muss endlich die Dieselaffäre aufklären und reinen Tisch machen. Andernfalls haftet der Vorwurf der Geheimniskrämereien und Klüngelei auch in Zukunft an VW.» Der Konzern müsse auch auf die Verbraucher und Kunden zugehen, forderte Hofreiter mit Blick auf den Abgas-Skandal. VW lehnt in Deutschland und Europa hohe Entschädigungen wie in den USA unter Verweis auf ein anderes Rechtssystem ab.
Pötsch sagte nach der Sitzung des Aufsichtsrats: «Ziel des Volkswagen-Konzerns ist und bleibt es, das Unternehmen mit seinen Marken zukunftsfähig auszurichten.» Dafür sei Diess der richtige Mann. Er habe bei der Neuausrichtung der Marke VW bewiesen, «mit welchem Tempo und mit welcher Konsequenz er tiefgreifende Transformationsprozesse umsetzen kann». Es war Diess gelungen, die Effizienz der lange Zeit ertragsschwachen Kernmarke zu verbessern.
Diess erklärte es zu seiner wichtigsten Aufgabe, «den Weg hin zu einem profitablen, weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität konsequent weiter zu verfolgen». Die Autobranche ist mitten in einem umfassenden Wandel, hin zu alternativen Antrieben und autonomem Fahren. Den bisherigen Konzernchef Matthias Müller löst er mit sofortiger Wirkung ab.
Die Aufseher beschlossen auch weitere Personalien: Gunnar Kilian, bisher Generalsekretär im Betriebsrat und ein enger Vertrauter des mächtigen VW-Betriebsratsbosses Bernd Osterloh, wird Personalvorstand und damit Nachfolger von Karlheinz Blessing. Dieser steht für die Dauer seiner Vertragslaufzeit als Berater zur Verfügung.
Der langjährige Einkaufsvorstand Francisco Javier Garcia Sanz verlässt das Unternehmen auf eigenen Wunsch, seine Aufgaben wird der Beschaffungsvorstand der Marke, Ralf Brandstätter, kommissarisch übernehmen. Zugleich rückt Porsche-Chef Oliver Blume in den Konzernvorstand auf.
Auch die Neuorganisation der Marken wurde festgezurrt: Eingeführt werden die Markengruppen «Volumen» (VW, Skoda und Seat), «Premium» (Audi) und «Super Premium» (Porsche, Bentley, Bugatti und Lamborghini). Die Sparte mit schweren Nutzfahrzeugen soll börsenfähig gemacht werden.
VW bereitet Lkw-Geschäft für möglichen Börsengang vor
Das Geschäft mit den Lkw- und Busmarken MAN, Scania und der brasilianischen VW-Nutzfahrzeugtochter soll zunächst in eine deutsche AG und danach in eine europäische Aktiengesellschaft (SE - Societas Europaea) umgewandelt werden. Der Aufsichtsrat müsse dem zweiten Schritt aber noch gesondert zustimmen. Das Vorhaben solle zeitnah umgesetzt werden, hieß es.
Wie aus VW-Aufsichtsratskreisen verlautete, soll Truck & Bus zudem seinen Hauptsitz von Braunschweig nach München verlagern. MAN hat als Teil des Nutzfahrzeuggeschäfts seinen Sitz ohnehin in München. Im vergangenen Jahr verkaufte Truck & Bus rund 205.000 Nutzfahrzeuge und damit fast 12 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Der Umsatz kletterte um gut 12 Prozent auf 23,9 Milliarden Euro.