Das Schlagwort Industrie 4.0 haben sich gerade Unternehmen in der Automobilindustrie schon vor vielen Jahren auf die Fahne geschrieben. An welchen Stellen haben sich Arbeitsprozesse in Produktion und Intralogistik zuletzt besonders verändert?
Wir sind keine ausgewiesenen Experten für die Produktion in der Automobilindustrie. Aber wir wissen, wo viele Fertigungsunternehmen aktuell der Schuh drückt. Eine zentrale Fragestellung, mit der wir uns auseinandersetzen, lautet dabei: Wie schafft man es, dass die Bedienung von Geräten intuitiver wird und nicht von der Kerntätigkeit ablenkt. Im industriellen Umfeld gibt es da durchaus Nachholbedarf, was die Einbindung digitaler Helfer anbelangt. Mit Sensorik am Körper ermöglichen wir es, Dinge automatisch zu erkennen und so Informationen direkt in prozessunterstützende Systeme zurückzuspielen und Rückschlüsse zu ziehen.
Warum werden Geräte wie Tablets, Smartphones oder Smartglasses im Rahmen der Digitalisierung bestimmter Arbeitsabläufe immer wichtiger?
Informationen, die wichtig sind, um einzelne Arbeitsschritte erledigen zu können, sollten so nah wie möglich an die Mitarbeiter herankommen. Wir sprechen beispielsweise über die Identifizierung von Artikeln, über Eingaben, Quittierungen, Details zum Transport und vieles mehr. Solche Angaben werden bislang meist an zentralen Terminals dargestellt und erfasst. Schneller und effektiver ist es, so etwas nahtlos und am besten freihändig zu erledigen. Mitarbeiter wollen sich auf ihre Arbeit konzentrieren und nicht ihre Zeit mit der Bedienung von Geräten vertun.
Worauf müssen Unternehmen achten, wenn sie neue Assistenzsysteme einführen wollen, um die Effizienz im Produktionsprozess zu steigern? Mit welchen Hürden ist zu rechnen?
Wir erleben oft, dass beim Thema Nutzererfahrung nicht weit genug gedacht wurde. Hier legt die Consumer-Elektronik einfach vor. Dort hat man es geschafft, die Bedienung technisch hoch komplexer Endgeräte so einfach zu machen, dass man eigentlich keine Gebrauchsanweisung mehr benötigt. Man schaltet das Gerät oder die App ein und fängt mit der Nutzung an. Das muss auch der Anspruch im industriellen Umfeld sein.
Das Kinemic Band setzt auf Gestensteuerung. Welche Vorteile bietet dieser Ansatz?
Durch Gestensteuerung werden Interaktionen wesentlich einfacher, niemand hat Hemmungen, sie aktiv zu nutzen. Man merkt sehr schnell, dass man sich viele Laufwege spart und Zeit gewinnt. Zudem haben steuernde Funktionen die Möglichkeit, Feedbacks der Mitarbeiter im laufenden Prozess einzuholen. Sollte es erforderlich sein, kann man frühzeitig Maßnahmen ergreifen. Auf der technischen Seite braucht es nicht viel: Es reicht ein Prozess, der schon digital unterstützt wird – oder der mit Hilfe des Kinemic Band digitalisiert werden soll.
Ist eine Kombination des Kinemic Band mit anderen Tools möglich und sinnvoll, beispielsweise mit AR-Brillen oder smarten Handschuhen?
Eine Kombination mit Smart Glasses von RealWear oder Vuzix verfolgen wir tatsächlich aktiv. Die Integration unserer Software erfolgt in direkter Zusammenarbeit mit den Brillenherstellern. Als wir vor vier Jahren aus dem Karlsruher Institut für Technologie heraus mit Kinemic gestartet sind, hatten wir erwartet, dass Augmented Reality und Smart Glasses das nächste große Ding sein würden. Das ist bisher zwar nicht passiert, aber die Kombination mit unserem Band ist trotzdem spannend, weil man so wirklich freihändig arbeiten kann.