Zum Nachfolger Pötschs als Vorstand des Geschäftsbereichs ‚Finanzen und Controlling‘ bestellte das Gremium Frank Witter (56), bisher Vorstandsvorsitzender der Volkswagen Financial Services AG. Das teilte das Unternehmen am Mittwoch nach einer weiteren Krisensitzung des 20-köpfigen Kontrollgremiums in Wolfsburg mit. Pötsch löst damit den seit Ende April übergangsweise amtierenden Berthold Huber ab. Der frühere IG-Metall-Chef hatte den Posten im Frühjahr vom zurückgetretenen VW-Patriarchen Ferdinand Piëch übernommen.
Wolfgang Porsche, Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums, erklärte im Namen des Aufsichtsrats: “Wir danken Herrn Pötsch, dass er sich in schwierigen Zeiten bereiterklärt, diese wichtige Aufgabe zu übernehmen. Herr Pötsch verfügt über tiefe Kenntnisse des gesamten Volkswagen Konzerns und der Automobilindustrie insgesamt sowie über eine große Expertise an den Finanzmärkten. Wir danken Berthold Huber, der als kommissarischer Aufsichtsrats-Vorsitzender Verantwortung übernommen hat und sich auch in dieser Funktion große Verdienste um den Konzern erworben hat.”
“Dankbar für Vertrauen”
Pötsch sagte im Anschluss an die Sitzung: “Ich bin dem Aufsichtsrat dankbar für das Vertrauen, das in meiner Wahl zum Ausdruck kommt. Ich werde alles tun, damit die Vorgänge restlos aufgeklärt werden. Ich will und ich werde meinen Beitrag leisten, damit das Vertrauen von Kunden, Öffentlichkeit, Anlegern und Geschäftspartnern in Volkswagen wieder wachsen kann. Und ich sehe es als meine Kernaufgabe an, meinen Teil beizutragen, dass der Volkswagen Konzern in eine erfolgreiche Zukunft blicken kann.”
Weiter sagte der neue Aufsichtsratsvorsitzende: “Auch die heutige Sitzung hat gezeigt: Die Ermittlungen werden konsequent und mit Hochdruck vorangetrieben. Die vom Aufsichtsrat mit der externen Untersuchung beauftrage Anwaltskanzlei Jones Day dreht dabei buchstäblich jeden Stein um.”
Mit Mutmaßungen oder vagen, vorläufigen Sachständen sei aber niemandem gedient. Pötsch: “Dem Aufsichtsrat ist sehr an einer Aufklärung durch Jones Day gelegen. Wir werden diesen Prozess eng begleiten und unterstützen. Und wir werden mit dafür sorgen, dass anschließend die notwendigen Konsequenzen gezogen werden.”
Am Morgen hatte das Amtsgericht Braunschweig die Wahl von Pötsch durch einen Beschluss erst möglich gemacht. Das Gericht ernannte den 64-jährigen Österreicher auf Antrag des VW-Präsidiums zum Mitglied des Aufsichtsrats – befristet bis zur nächsten, noch nicht terminierten VW-Hauptversammlung. Dort soll dann – wie bereits von Aktionärsvertretern verlangt – die offizielle Wahl von Pötsch durch die stimmberechtigten Anteilseigner nachgeholt werden.
Für Pötsch muss auf der Kapitalseite des Aufsichtsrates Julia Kuhn-Piëch ihren Platz räumen. Die Nichte von Ferdinand Piëch war im Mai nach dessen Rücktritt übergangsweise in das Gremium aufgerückt. Die Wahl von Pötsch war bis zuletzt umstritten, da dessen Rolle in der Abgas-Affäre nicht zweifelsfrei geklärt ist.
Alle Artikel zur VW-Dieselaffäre
gp