Carlos Tavares kann auch fröhlich sein. Das Gespräch endete fast auf die Sekunde genau. "Das ist deutsche Pünktlichkeit". Mit der Antwort "Haben Sie etwas Anderes erwartet" kommt ein freundliches angenehmes Lachen, verbunden mit einem kurzen Griff an den Arm des Gesprächspartners. Wenn es aber um das Geschäft geht, versteht der Portugiese keinen Spaß. Das selbstgesteckte Ziel, aus Opel und der PSA-Gruppe einen "europäischen Champion" zu formen, ist alles andere als einfach. Schließlich schreibt der Rüsselsheimer Autobauer seit vielen Jahren konstant Verluste.
"Das Problem bei Opel sind nicht die Menschen, sie sind die Lösung. Das Beste, was Opel hat, sind die Mitarbeiter", sagt der PSA-Chef und kritisiert damit auch GM. Schließlich haben die Amerikaner in den letzten 15 Jahren die Mitarbeiterzahl beim Rüsselsheimer fast halbiert. Ein personeller Kahlschlag kann also nicht die Lösung sein. "Es geht um die Effizienz. Frugal sein, bedeutet nicht zwangsläufig billig. Man muss den Menschen die Freiheit geben, um kreativ zu sein", rechnet Tavares weiter mit der GM-Unternehmenskultur ab und liefert gleich ein Beispiel, was er mit seiner Aussage meint. Der Opel-Stand auf der IAA kostet viermal so viel wie der Citroën-Auftritt. Schluss mit den eingefahrenen Prozessen lautet die Maxime, also wird bei Opel jeder Stein umgedreht. Raus aus der GM-Komfortzone und alles neu überdenken. Das ist eine Chance, aber der Druck ist vorhanden. In spätestens vier Jahren soll der Rüsselsheimer Autobauer profitabel sein. Dafür müssen die Kosten runter. Solange die Opelaner Qualität liefern und dabei Geld verdienen, haben sie Tavares Segen.
Interaktive Timeline: Chronik der Opel-Übernahme
Für Tavares ähnelt die Situation bei Opel der bei der PSA-Gruppe bei seinem Amtsantritt 2013. "Wir hatten damals eine Nahtod-Erfahrung und als ich meine Pläne zur Rettung offenbarte, haben viele geschmunzelt und jetzt hat die PSA-Gruppe im ersten halben Jahr eine operative Marge von 7,3 Prozent erwirtschaftet", liefert Tavares Fakten. Doch die Situation beim deutschen Autobauer ist eine andere: Die Opel Modellpalette ist deutlich jünger, die Technologie moderner und die Werke nicht in einem derart desaströsen Zustand.
Kompetenzzentrum in Rüsselsheim
Dennoch ist Tavares nicht zufrieden. "Opels CO2-Bilanz ist zu schlecht", lautet das Verdikt. Die Elektrifizierung spielt eine große Rolle in den zukünftigen Planungen. Sowohl reine E-Mobile als auch Plug-in-Hybride stehen auf dem Plan. Die Technologie ist bei PSA vorhanden. Los geht es mit dem Plug-in-Hybrid beim Kompakt-SUV Grandland X. Für PSA hat Tavares einen E-Plan vorgegeben, der allerdings für Opel schwer umzusetzen sein dürfte: Bis 2020 sollen 50 Prozent der Modelle elektrifiziert sein, bis 2023 dann schon 80 Prozent. Das bedeutet: Schnelles Reagieren auf Trends in der sich wandelnden Automobilbranche ist gefragt. "Nicht die Großen und Schweren werden gewinnen, sondern die Schnellen", ist sich Tavares sicher.
Allerdings wird der lange Arm aus Paris nicht streng bis nach Rüsselsheim reichen. Opel wird Zugriff auf PSA-Technologien wie die E-CMP-Plattform haben, aber wie diese genutzt werden, liegt alleine in der Hand des Opel-Managements. Demnach wird Opel keine einfache PSA-Dependance werden, sondern weitgehend eigenständig agieren können. Doch der große Bruder wird die Aktionen überwachen und selbst jeden Monat für ein paar Tage in Rüsselsheim weilen. "Das einzige, was sich Opel nicht leisten kann, ist der Status Quo." Um die Synergien zu nutzen, wird es sogenannte "Crossfunktionale Teams geben. In wie weit die deutsche Unternehmenskultur mit der französischen kompatibel ist, wird sich zeigen.
Opel bleibt deutsch
Der Schlüssel liegt im intelligenten Nutzen der menschlichen Ressourcen und der Technologien. Das bedeutet auch eine schnelle Transformation der Aufgaben. Opel-Fahrzeuge werden weiter in Rüsselsheim entwickelt, nur unter neuen Vorzeichen. "Glauben Sie mir, ich werde die Ingenieure zu 110 Prozent nutzen", sagt Tavares, der vom Know-how der deutschen Techniker möglichst viel profitieren will. Deswegen sind sogenannte Expertise Center, die für die ganze PSA-Gruppe an Ideen tüfteln, geplant. Doch der PSA-Chef will Opel nicht kaputtsparen, Investitionen in die Fabriken sind möglich, aber nur, wenn sie sich rechnen. Schließlich müssen die Opel-Werke die Produktionsvorgaben erfüllen - schneller, effizienter, aber günstiger als bisher muss die Fertigung sein.
Was die Positionierung Opels im PSA-Markenverbund angeht, lässt Tavares auch keine Zweifel offen. "Ich habe schon drei französische Marken, ich brauche keine vierte." Opel soll eine deutsche Marke bleiben und die Käufer mit Qualität überzeugen. Auf Verluste reagiert Carlos Tavares allergisch. Das Verhältnis mit GM sei gut, auch wie man mit der Technik und Autos, wie dem Ampera e verfährt, ist geklärt, doch der Stromer ist für Tavares lediglich ein "red ink car". Also ein Auto, das Verluste schreibt. Und das ist für Carlos Tavares ein No-Go.