Gigafactory in Chongqing / Hier entstehen die Batterien von BYD

In der chinesischen Gigafactory Bishan baut BYD die eigene Blade Battery in großem Umfang. (Bild: BYD)

Es ist eine Show, die sie sich einiges kosten lassen: Gleich mehrmals am Tag rammen sie im Foyer der BYD-Zentrale im chinesischen Shenzhen publikumswirksam einen Zimmermannsnagel durch eine Lithium-Ionen-Zelle, die dabei erwartungsgemäß und spektakulär in Flammen aufgeht. Nur, um das Experiment im explosionssicheren Glaskasten danach mit einer ihrer sogenannten Blade-Zellen auf Lithium-Eisenphosphat-Basis zu wiederholen, die der Durchstich augenscheinlich völlig kalt lässt.  

Ja, die Installation ist aufwändig und der Preis geht mit der Zeit in die Zehntausende. Doch es ist die eindrucksvolle Demonstration einer technischen Überlegenheit, die BYD zum aktuell aussichtsreichsten Elektroauto-Hersteller aus China und zum größten Angstgegner der etablierten Autowelt macht – Tesla eingeschlossen. Nicht umsonst hat BYD in diesem Frühjahr VW vom ewigen Platz eins der chinesischen Zulassungstabelle verdrängt und gerade die fünfte Million an New Energy Vehicles vollgemacht. Kein anderer Hersteller weltweit hat damit so viele elektrische und elektrifizierte Fahrzeuge verkauft wie das Unternehmen aus Shenzen, das noch keine 20 Jahre im Autogeschäft ist. Und immer öfter steckt in diesen Autos jene Batterie aus dem Glaskasten im Foyer, die aussieht wie die Klinge eines Säbels und nicht nur sicherer sei als herkömmliche Zellen, sondern angeblich auch noch deutlich günstiger und obendrein einen nennenswerten Gewichtsvorteil bieten soll. 

Brennende Fahrzeugbatterie / Factory Tour: BYD Gigafactory für die Blade Battery
BYD durchlöchert regelmäßig Batterien der Konkurrenz, um die Überlegenheit der eigenen Technologie zu demonstrieren. (Bild: Thomas Geiger)

Blade Battery von BYD soll länger leben

Und leistungsstark ist die Blade-Zelle ohnehin, rechnet BYD vor: Sie lädt schnell und hält lange. Auch nach 120.000 Kilometern oder 3.000 Ladezyklen habe sie noch eine Restkapazität von mehr als 90 Prozent, prahlen die Chinesen und gewähren deshalb mit 200.000 Kilometern oder acht Jahren eine überdurchschnittliche Garantie. Kein Wunder also, dass sich die Blade-Zelle für BYD zum Verkaufsschlager entwickelt. Die Chinesen bauen ihre Klingen nicht nur in die eigene Flotte wie den Han oder den Dolphin, sondern liefern sie auch an Tesla, Great Wall Motors, Toyota sowie an Hyundai und Kia.  

Ein Wunder ist das nicht. Denn mit Batterien kennt BYD sich aus. Schließlich hat Firmenchef Wang Chuanfu sein Geschäft mit einer kleinen Akku-Werkstatt begonnen. Das war erst 1995, keine zehn Jahre später war Chuanfu einer der größten Hersteller von Batterien für die boomenden Mobiltelefone und kurz darauf haben seine 70.000 Forscher und Entwickler mit der Arbeit am Auto begonnen. 2005 hat BYD seinen ersten Wagen präsentiert, 2008 kam der erste chinesische Plug-In-Hybrid und seit 2010 kommen aus Shenzhen auch reine Elektroautos. 30.000 Patente hat das Heer der Wissenschaftler und Ingenieure seitdem zur Anmeldung eingereicht und jeden Tag kommen zwei Dutzend neue dazu – natürlich vor allem rund um die Batterie. 

BYD skaliert Produktionskapazität im Rekordtempo

Dieses Tempo legt BYD aber nicht nur bei der Entwicklung an den Tag, sondern auch bei der Produktion. Denn kaum war die Idee der Blade-Batterie geboren, haben die Chinesen dafür eine Fabrik aus dem Boden gestampft. In weniger als zwölf Monaten haben sie in Bishan, knapp 50 Kilometer westlich der 30-Millionen-Metropole Chongqing und etwa zwei Flugstunden nordwestlich von Shenzhen, für umgerechnet rund 1,2 Milliarden Euro ein Werk für 20 Gigawattstunden (GWh) pro Jahr aufgebaut. 2018 wurde das Projekt auf Kiel gelegt, 2019 unterschrieben, 2020 liefen die ersten Zellen vom Band und schon 2021 wurde mit der Erweiterung begonnen. Binnen noch einmal zwölf Monaten hat BYD die Phase zwei und mit ihr noch einmal 15 GWh Jahreskapazität installiert, die Bishan mit zusammen 35 GWh zu einer der größten Batteriefabriken der Welt macht. Betreiber des Werkes ist die BYD-Tochter FinDreams, die neben den Autobatterien auch das Geschäft mit den stationären Speichern für die Photovoltaik und die Akkus für Consumer Electronics verantwortet. Beides macht mittlerweile aber nur noch 20 Prozent des Volumens aus. 

Zwar arbeiten und wohnen auf dem insgesamt gut sechs Quadratkilometer großen Areal in Bishan etwa 17.000 Menschen – darunter imposante 7.000 Wissenschaftler, Ingenieure und Entwickler im FinDreams Battery Research Institute, das bis dato allein über 8.000 Patente angemeldet hat – doch die Produktion der Batteriezellen selbst läuft weitgehend automatisiert: Im penibel überwachten, von Kameras und Alarmanlagen geschützten Reinraum wurden erst acht und dann noch einmal sechs Fertigungsstraßen installiert, die nach acht Produktionsschritten jeden Tag 9.000 der 96 Zentimeter langen, neun Zentimeter hohen und 1,35 Zentimeter dicken Zellen ausspucken – genug für zum Beispiel für gut 500 Exemplare der Limousine Han, in dem die Bladezelle ihren Einstand gegeben hat und mit dem sie nun auch in Europa angekommen sind. Bei einer Kapazität von 85,4 kWh bietet der Konkurrent des Tesla Model S eine Normreichweite von bestenfalls über 700 Kilometern. 

So läuft die Produktion von BYDs Zellen ab

Die Produktion beginnt mit der Beschichtung der Kupfer- und Aluminiumfolien mit der Rohstoffpaste, die danach erhitzt und dann auf zwei Mikrometer genau gewalzt werden – die Anodenfolie ein- und die Kathodenfolie zweimal. Auf die richtige Stärke gebracht, rollen riesige Roboter die Folien wieder auf und bereiten sie so für den Zuschnitt und die Laminierung vor. 39 Anodenfolien, 38 Kathodenfolien und dazwischen 78 Isolierfolien: Das ergibt 155 Schichten, die in einer Blade-Batterie zusammenkommen – und eine weitere Analogie zum zigfach gefalteten Stahl einer Messerklinge. Fertig laminiert, werden die Zellen in einem etwa 70 Meter langen Ofen wie in einer Großbäckerei bei rund 150 Grad getrocknet und dann im Vakuum von möglichem Schmutz gereinigt.

BYD setzt auf hohe Standards in der Qualitätssicherung

Bis dahin dauert der Prozess rund zwei Tage. Dass die Zellen aber erst nach zwei Wochen für den Versand in die Automobilfabriken bereitstehen, liegt an den aufwändigen Kontroll- und Prüfzyklen im Anschluss. Denn jede der rund 2,6 Kilo schweren Zellen wird auf Herz und Nieren getestet und dafür zum Beispiel mit unterschiedlicher Leistung mehrfach be- und entladen.  

Zwar hat das Werk in Bishan eine Kapazität von mittlerweile 35 Gigawattstunden und zählt damit zu den größten Batteriefabriken der Autowelt – doch BYD hat längst noch nicht alle Register gezogen. Denn aktuell ist die Fabrik auf sechs Arbeitstage und zwei Schichten ausgelegt. Doch sind die Pläne der Chinesen so ambitioniert, dass sie weiter aufstocken: Während die 70.000 Forscher und Entwickler mit Hochdruck an der nächsten Batterierevolution arbeiten und die Natrium-Ionen-Zelle im großen Stil in Serie bringen wollen, wetzt Mr. Chuanfu weiter die Messer und hat in Xuzhou bereits eine zweite Fabrik für die Blade-Zellen gebaut, die noch in diesem Jahr die Arbeit aufnehmen soll. Dann liegt die Gesamtkapazität bei 50 GWh und BYD kann noch lauter mit den Säbeln rasseln. 

Überblick BYD Gigafatory Bishan / Hier entsteht die Blade Battery von BYD

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