Der Fahrzeugbau ist zwar kein Lotteriespiel aber es gibt viele Wege, um schnell und kostenbewusst die Zielgerade zu erreichen. Bei allen unterschiedlichen Vorgehensweisen gibt es für die Akteure in den Gewerken einen gemeinsamen Nenner: Mach es besser als vorher. Die Fastening-Branche ist da keine Ausnahme und passt sein Produktspektrum neuen Herausforderungen an, zum Beispiel rund um die die Batterieproduktion und Elektrokontaktverschraubung.
Der Verbindungsspezialist Arnold Umformtechnik etwa hat sich zwei 7-stufige Servopressen für die Herstellung von anwendungsspezifischen Verbindungselementen zugelegt, die auch stromführende Materialien für den Hochvoltbereich von Elektrofahrzeugen kaltumformen können. Solche Bauteile bestehen zum Beispiel aus einer leitfähigen Kupferlegierung und sind damit auch für die Energieübertragung geeignet. Das auf besondere Anforderungen zugeschnittene Bauteil-Design soll den Stromfluss zwischen dem Hochvolt-Battery-Pack über die Power Distribution Unit an die E-Motorsteuerungseinheit optimieren. Der für Konstrukteure interessante Aspekt dabei ist, dass Befestigungs- und Verbindungselemente zugleich die gespeicherte elektrische Energie weiterleiten.
Ejot mit Flowdrill für den Batteriedeckel
Maßgeschneidertes für die Elektromobilität hat sich auch Verbindungsspezialist Ejot auf die Fahnen geschrieben. Zwar sind bereits im klassischen Karosseriebau Schrauben und Nieten aus hochfestem Material für sichere Verbindungen gefragt, aber bei Verbindungselementen für Akku-Module stehen auf der Anforderungsliste Einträge wie vibrationsfest, dicht verbindend und temperaturbeständig.
Um eine besonders stabile und sichere Verschraubung des Batteriegehäuses mit einem Deckel zu erreichen, entwickelte der Hersteller eine mit Kunststoff umspritzte, fließlochformende Schraube (FDS). Die im Leichtbau zum Beispiel für Space-Frame-Strukturen seit einigen Jahren etablierte Fließform- oder Flowdrillschraube erhält durch die hauchdünne Kunststoffschicht eine zusätzliche Dichtigkeit, die sich laut Hersteller besonders für den Einsatz im Hochvoltbereich von Elektrofahrzeugen eignet. Die Metall-Kunststoff-Komponenten bestehen aus einem kaltmassiv umgeformtem Kupferwerkstoff.
Laserlicht entscheidend für den Akku
Battery Packs sind anspruchsvolle High-End-Systeme, die maßgeblichen Einfluss auf den Erfolgskurs der in Fahrt gekommenen Elektromobilität haben. Die hohe Investitionsbereitschaft der großen Hersteller in den Neubau von Batteriefabriken – der Volkswagen-Konzern will eigenen Angaben zufolge bis 2030 rund 20 Milliarden Euro dafür ausgeben, BMW hat bisher 70 Millionen Euro in die E-Komponentenfertigung gesteckt – kurbelt bereits die Nachfrage nach passendem Fertigungsequipment an. Jedenfalls steigen die Umsätze bei Laserspezialist Trumpf. Im vor kurzem zu Ende gegangenen Geschäftsjahr hat das Hochtechnologieunternehmen mehr als 1.000 Laser für die Batteriefertigung verkauft. „Die E-Mobilität kommt jetzt weltweit richtig in Schwung“, freut sich Johannes Bührle, Leiter Mobilität bei Trumpf in Ditzingen.
Aus Sicht des schwäbischen Unternehmens ist der Laser das entscheidende Präzisionswerkzeug für mehr Produktivität und Prozesssicherheit in der Lithium-Ionen-Batteriefertigung. Das Paradepferd im Produkt-Portfolio der Ditzinger Automotive-Sparte ist derzeit ein gepulster Scheibenlaser mit so genannter grüner Wellenlänge. Das System arbeitet mit Pulsen im Millisekunden-Bereich und einer mittleren Leistung von 400 Watt. Während die häufig eingesetzten Hochleistungslaser im Infrarotbereich angesiedelt sind und zum präzisen Schweißen von Kupfer und Aluminium wegen hohem Anpassungsaufwand das Kostenbudget strapazieren, erzeugen grüne Lichtquellen mit 515 Nanometern Wellenlänge homogene Kupfernähte mit gleichbleibend hoher und gut reproduzierbarer Qualität.
Weniger Energie, gleiche Ergebnisse
Kostensenkend wirkt sich aus, dass grünes Laserlicht gegenüber dem Infrarotlaser schneller die Schmelztemperatur von Kupfer erreicht und folglich weniger Energie benötigt – ein Pluspunkt in Sachen Nachhaltigkeit und geringerem CO2-Footprint. Trumpf unterstützt mit seinen Laserapplikationen erstmals die komplette Prozesskette der Lithium-Ionen-Batteriefertigung von der Elektrodenfertigung über das Kontaktieren der Zellen zu größeren Einheiten bis zum fertigen Batteriepack.
Vitesco Technologies, Hersteller von modernen Antriebstechnologien und Elektrifizierungslösungen, setzt bereits serienmäßig grüne Lasersysteme seines Technikpartners Trumpf für Kupferschweißverbindungen ein. Das Einsparpotenzial beim Energieeinsatz gegenüber Infrarotlaseranlagen liege bei bis zu 20 Prozent, heißt es bei Vitesco. Gleichzeitig werde die Produktion nachhaltiger, da Grünlaseranlagen beim Schweißen nahezu keine Kupferspritzer mehr verursachen, die zu Mehraufwand in der Qualitätssicherung führen. Die Fertigung einer Batteriemanagement-Elektronik für BMW verbraucht gegenüber der Infrarotbearbeitung aktuell vier Prozent weniger an Energie.
Kirchhoff kombiniert Schweißprozesse
E-Autokonzepte verändern nicht nur den Antriebsbereich. Komponentenhersteller Kirchhoff beispielsweise sollte für den aktuellen BMW i20 ein hybrides Car-Management-System auf die Beine stellen. Da bei einem E-Fahrzeug unter der Motorhaube kein Verbrennungsmotor mehr von außen einwirkende Kräfte auffängt, muss ein neu konstruierter Querträger für die erforderliche Crashsicherheit sorgen. Der Bauteilspezialist entschied sich für ein hybrides Fügekonzept, das klassisches Metall-Aktivgasschweißen (MAG) mit einem Laserfügeverfahren in einer neu konzipierten, vollautomatisierten Anlage kombiniert.
Der aus hochfestem Stahl gebaute Querträger einschließlich Crashboxen besteht aus Blechteilen mit Materialdicken zwischen zwei und sechs Millimetern. Ein Teil der insgesamt sechs Meter langen Schweißnaht entsteht in einem MAG-Schweißprozess (MAG-Nahtlänge 4.255 mm) während vor allem im Verbindungsbereich der Stegbleche mit den Deckblechen ein Laserfügeverfahren (Lasernahtlänge 6.146 mm) verwendet wird. Nach eigenen Angaben erfüllt die ungewöhnliche Kombination der Fügeverfahren MAG- und Laserschweißen alle Anforderungen hinsichtlich Kosten, Bauteiltoleranzen, Qualität der Fügeverbindung sowie Korrosionsschutz.
Nächste Stahlgeneration im Anmarsch
Schubkraft für Innovationen entfaltet die Elektromobilität auch im Leichtbau. Richtschnur für leichtere Bauteile sind Werkstoffe mit hoher Crashperformance und weniger Gewicht. Im Gespräch sind die so genannten Advanced High-Strength Steels (AHSS) der dritten Generation. In den Entwicklungsabteilungen der Stahlindustrie stehen bereits Mehrphasen-Stähle auf dem Prüfstand, die das Portfolio kaltgewalzter Dualphasen-Stähle um neue Eigenschaften erweitern. Im Kern geht es darum, die Streckgrenze und damit Umformbarkeit von Stahlblech bei gleichbleibender Zugfestigkeit zu erhöhen.
Im Serieneinsatz befinden sich aktuell bereits entsprechende Werkstoffe in den Festigkeitsklassen 600 und 800 Megapascal (Mpa). Laut Thyssenkrupp sind derzeit AHSS-Stähle der dritten Generation mit Festigkeitswerten von 1.000 und 1.200 MPa in fortgeschrittener Erprobung und werden sowohl in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren als auch in Hybrid- und Elektrofahrzeugen noch einmal ganz neue Möglichkeiten für den wirtschaftlichen Leichtbau eröffnen. Der Knackpunkt ist das Verhältnis des Festigkeitswerts zur Dehnbarkeit (Duktilität). Die Stahlkocher liebäugeln bei hochfestem Mehrphasen-Stahl über 1.000 Mpa mit einer Dehnung von 30 Prozent – heute üblich sind zehn bis 15 Prozent.
Der schwedische Stahlhersteller SSAB hat Pläne, die Stahl-Güten mit 1.700 Mpa oder 1.900 Mpa Zugfestigkeit im so genannten Ultralight Steel Auto Body (USAB) salonfähig zu machen. „Wir haben gezeigt, wie martensitischer Stahl die Crashleistung verbessern, das Gewicht reduzieren und ein sehr kosteneffektives Material sein kann“, versichert Kenneth Olsson Automotive Business Development Specialist bei SSAB. Für Elektroautos setzt das schwedische Unternehmen eine eigene Simulationsplattform für Konstruktionslösungen ein, um die Karosseriegeometrien durch extra- und ultrahochfeste Stähle für die wichtigsten Belastungspfade zu optimieren.