Die additive Fertigung, oder volkstümlich der 3D-Druck, hat sich im Automotive-Sektor bei sehr individuellen Bauteilen, etwa im Klassikbereich, bereits etabliert. Immer mehr OEMs verstärken derzeit ihr Engegament auf diesem Feld. Der Sportwagenhersteller Porsche ist bereits seit Mitte der 90er-Jahre aktiv auf dem Gebiet des "Rapid Prototyping". Doch was als exklusives Verfahren für kleinste Stückzahlen begann, soll nun allmählich in eine breitere Anwendung übergehen.

Erst kürzlich meldete Porsche Vollzug auf dem Gebiet des Kunststoff-3D-Drucks, mit Hilfe dessen der OEM seinen sogenannten Bodyform Vollschalensitz herstellt. Dieser basiert auf dem Leichtbauvollschalensitz und entsteht in Sandwich-Bauweise: Ein Grundträger aus expandiertem Polypropylen (EPP) wird mit einer atmungsaktiven Komfortschicht aus einem Materialmix auf Polyurethanbasis verklebt, welche im additiven Verfahren hergestellt wird. Seit Mai 2020 ist der „3D-Druck Bodyform Vollschalensitz“ als Fahrersitz über Porsche Tequipment für die Modellreihen 911 und 718 erhältlich.

Optimierte Struktur und zehn Prozent geringeres Gewicht

Nun meldet Porsche ein Highlight auf dem Gebiet des Metall-3D-Drucks. In einem Pilotprojekt setzt der Sportwagenhersteller nichts weniger als eines der höchstbelasteten Bauteile im additive Manufacturing um: die Kolben für das Topmodell  der 911er-Baureihe, den GT2 RS. Dies erfolgt im so genannten Laser-Metall-Fusion-Verfahren (LMF) aus hochreinem Metallpulver. Hierbei erhitzt ein Laserstrahl entsprechend der Teilekontur die Pulveroberfläche und verschmelzt sie. Wie Frank Ickinger aus der Antriebsvorentwicklung von Porsche erläutert, kommen so bionische Strukturen zustande, die mit herkömmlichen Guß- oder Schmideverfahren schlicht nicht erstellbar wären. Dank der optimierten Strukturen wiegen die Kolben aus dem Vorentwicklungsprojekt zehn Prozent weniger als ihre geschmiedeten Serien-Pendants. Zudem verfügen sie über einen integrierten und geschlossenen Kühlkanal im Kolbenboden.

Mit dem Projekt gehen die Partner ganz bewußt in ein Feld hochbelasteter Motorkomponenten. „Bis zu 30 PS mehr Leistung aus dem 700 PS starken Biturbo-Motor sind dadurch denkbar, und das bei höherer Effizienz“, betont Experte Ickinger. Ein entscheidendes Detail dabei bildet der Ringkanal zur Temperaturabsenkung. Mit dem 3D-Druck-Verfahrten sollen überdies keine zusätzlichen Aufwände verbunden sein, so Ickinger. Die Chancen für die Zukunft liegen seinen Angaben zufolge in der Optimierung der Themen Strömung, Package und Steifigkeit, wie auch in der Verbesserung der Akustik.

Im harten Test auf dem Motorenprüfstand

Die Rezeptur des Metallpulvers hat Porsche mit Mahle erarbeitet. Man sei mit einem Material extrem hoher Dichte unterwegs, hört man vom OEM. Auch mit Blick auf das heikle Thema Reproduzierbarkeit habe man ein entsprechendes Toleranzfeld gefunden, heißt es. Die Qualität und Leistungsfähigkeit der Bauteile sichert der Sportwagenhersteller mit der Messtechnik von Zeiss ab - etwa durch Einsatz der Computertomographie. Das Triebwerk habe zudem einen 200-Stunden-Dauerlauf absolviert. Im Vergleich zur klassischen Prototypentwicklung erreiche man mit dem 3D-Druckverfahren eine Prozessverkürzung um etwa 30 Prozent, ergänzt Porsche-Mann Ickinger. Freilich erhalte man im additiven Prozess nur einen Rohling, der nachbearbeitet werden müsse. Der anschließende Drehprozess bei Mahle könne jedoch auf dem gleichen Programm erfolgen wie er auch für herkömmliche Kolben zum Einsatz komme.

Zu den Visionen der Sportwagenexperten zählt eine weitere Verbreitung der werkzeuglosen Fertigung, um die Produktion zu flexibilisieren und mit Blick auf die Themen Leichtbau und Fuktionsintegration für den Kunden spürbare Vorteile zu erzielen. Auch habe man neue Geschäftsfelder vor Augen, wie etwa weitere Individualisierungsangebote beispielsweise für GT-Kunden oder gar einen Printservice bei den Porsche-Partnern.

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