SUV offensive in China: Volkswagen reveals 6 new cars at Auto Sh

China ist der größte Absatzmarkt des Volkswagen-Konzerns. (Bild: Volkswagen)

Nach dem Chemiekonzern BASF prüft nun auch Volkswagen eine Neuordnung seiner Geschäfte in der chinesischen Region Xinjiang. Hintergrund sind Berichte über mögliche Menschenrechtsverletzungen. "Der Volkswagen Konzern befindet sich derzeit in Gesprächen mit dem nicht kontrollierten Joint Venture SAIC-Volkswagen über die künftige Ausrichtung der Geschäftsaktivitäten in der Provinz Xinjiang", sagte ein Konzernsprecher am der Deutschen Presse-Agentur. "Derzeit werden verschiedene Szenarien intensiv geprüft." Ob dabei auch ein Rückzug aus der Region zur Diskussion steht, ließ der Sprecher auf Nachfrage offen. Zum Inhalt der laufenden Gespräche äußere man sich nicht.

Hinter den Kulissen bei Volkswagen schlägt das Thema offenbar hohe Wellen. In einem entsprechenden Hintergrundbericht der Süddeutschen Zeitung heißt es in Bezug auf Volkswagens Planung eindeutig "Wir wollen da raus". Jedoch sei ein Ausstieg aus dem Gemeinschaftswerk nicht trivial. Mögliche Optionen seien etwa die Abwicklung des Gemeinschaftsunternehmens oder die Gründung einer neuen Gesellschaft ohne Volkswagen-Beteiligung. Mit einer Entscheidung dürfte bald zu rechnen sein. In dem Bericht der Süddeutschen Zeitung heißt es, in Konzernkreisen hätte man das "Thema eigentlich gerne bis zur Hauptversammlung Ende Mai vom Tisch".

Der 2013 eröffnete VW-Standort Urumqi steht wegen möglicher Menschenrechtsverletzungen in der von Uiguren bewohnten Provinz in der Kritik. Der Konzern hatte im Sommer ein Unternehmen beauftragt, die Arbeitsbedingungen in dem umstrittenen Werk in Xinjiang mit Blick auf die Vorwürfe zu untersuchen. Die Prüfer teilten im Dezember mit, man habe keine Hinweise auf oder Belege für Zwangsarbeit bei den Mitarbeitenden finden können.

VW hatte bisher darauf verwiesen, dass es sich bei dem Werk Urumqi in Xinjiang um ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Hersteller SAIC handele, bei dem der Partner die Kontrollmehrheit habe. Der Vertrag läuft noch bis 2029.

Neue Vorwürfe rund um Bau einer Teststrecke

Am Mittwoch berichtete das Handelsblatt, beim Bau einer zum Standort gehörenden Teststrecke im Ort Turpan in der Region könnten Zwangsarbeiter zum Einsatz gekommen sein. Die Zeitung beruft sich dabei auf Hinweise von VW-Mitarbeitern sowie Nachforschungen des Wissenschaftlers Adrian Zenz. Ein VW-Sprecher teilte mit, bisher hätten dem Konzern keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dem Testgelände vorgelegen. Bei neuen Erkenntnissen oder Hinweisen werde VW diesen nachgehen und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Die Teststrecke sei nicht Teil der Überprüfung der Geschäfte in Xinjiang durch das Beratungsunternehmen gewesen, räumte VW ein. "Eine Auditierung der Teststrecke in Turpan im Rahmen des zurückliegenden ESG-Audits am Standort Urumqi war nicht möglich." Die beiden Einrichtungen gehörten unterschiedlichen Betreibergesellschaften. Eine eigene Überprüfung des Testgeländes in Turpan hätte mit dem chinesischen Joint-Venture-Partner SAIC sowie den zuständigen Stellen in China abgestimmt und genehmigt werden müssen. "Zunächst hatte eine Prüfung des Joint-Venture-Werkes in Urumqi Priorität", teilte VW mit. Auch zum Vorgehen im Hinblick auf das Testgelände stehe man mit SAIC im Austausch.

USA blockieren Fahrzeuge mit chinesischen Teilen

Bauteile aus dem Westen Chinas sorgen für Volkswagen auch für Probleme in den USA: An dortigen Häfen stecken mehrere Tausend Neuwagen fest, weil darin Teile aus dem Westen Chinas, zu dem auch die Region Xinjiang zählt, verbaut wurden. "Wir arbeiten daran, eine zollbedingte Verzögerung bei der Auslieferung bestimmter Fahrzeugmodelle des Volkswagen-Konzerns von US-Häfen an die Händler zu beheben", erklärte ein Konzernsprecher am Donnerstag auf Anfrage der dpa. Die betreffende Komponente werde in den Fahrzeugen nun ausgetauscht. Zuvor hatten Financial Times und Handelsblatt berichtet.

"Die Auslieferung der Fahrzeuge läuft weiter, es kann aber leider zu Verzögerungen kommen", fügte der Konzernsprecher hinzu. "Grund ist ein kleines elektronisches Bauteil einer größeren Steuereinheit, die bei den betroffenen Fahrzeugen ausgetauscht wird, sobald die benötigten Teile verfügbar sind." Betroffen sind laut Handelsblatt 13.000 Neuwagen der Konzerntöchter Audi, Porsche und Bentley.

Der Financial Times zufolge stammt das fragliche Bauteil aus Westchina und dürfe in den USA wegen eines dortigen Gesetzes gegen Zwangsarbeit nicht verwendet werden. Volkswagen selbst habe aber keine Kenntnis von der Herkunft gehabt. Es sei von einem Zulieferer in einem größeren Bauteil verbaut worden. Volkswagen habe davon erst durch einen Hinweis des Zulieferers erfahren und dann selbst die US-Behörden informiert. "Wir klären den Sachverhalt auf und leiten geeignete Maßnahmen ein", erklärte der VW-Sprecher. "Dazu kann auch die Beendigung der Lieferantenbeziehung gehören, wenn unsere Untersuchungen schwerwiegende Verstöße bestätigen."

Politiker fordern Rückzug aus Xinjiang

Der Chemiekonzern BASF hatte am Freitag angekündigt, Anteile an seinen beiden Gemeinschaftsfirmen im chinesischen Korla im Zentrum der Region Xinjiang zu verkaufen, und dabei auch auf jüngste Berichte über mögliche Menschenrechtsverletzungen verwiesen. Mehrere Politiker hatten daraufhin Volkswagen aufgefordert, dies ebenfalls zu tun.

"Volkswagen spricht gerne von Integrität und Vorbildfunktion unabhängig von ökonomischem oder sozialem Druck", sagte am Mittwoch die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen dem Handelsblatt. "Wer sich diesem Grundsatz wirklich verpflichtet fühlt, der verabschiedet sich aus Xinjiang." Der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Michael Brand, forderte im Tagesspiegel die Schließung des VW-Werks in Xinjiang: "Eigentlich ist der Skandal bei VW noch einmal größer als bei der BASF, weil das Land Niedersachsen sich als Anteilseigner mitschuldig macht." Das von einer rot-grünen Koalition geführte Niedersachsen hält eine Beteiligung von 20 Prozent der Stimmrechte am Volkswagen-Konzern.

"Die Berichterstattung zu den Bedingungen, unter denen die Teststrecke in Turpan errichtet wurde, ist besorgniserregend", hieß es von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der im VW-Aufsichtsrat sitzt. Die Landesregierung in Hannover nehme die Hinweise auf mögliche Zwangsarbeit sehr ernst. "In allen Geschäftsaktivitäten von Volkswagen und seinen Partnern müssen die elementaren Grund- und Menschenrechte eingehalten werden."

Weniger als 200 Mitarbeiter im VW-Werk

Der Standort Urumqi hat nach früheren VW-Angaben nur noch rund 197 Beschäftigte, die dort ausschließlich Fahrzeuge für die Auslieferung vorbereiten. Die Autoproduktion wurde am Standort inzwischen eingestellt, die Mitarbeiterzahl von einst 650 deutlich reduziert.

Uiguren, Angehörige anderer Minderheiten und Menschenrechtsorganisationen berichten seit Jahren, dass Hunderttausende Menschen in Xinjiang gegen ihren Willen in Umerziehungslager gesteckt, zum Teil gefoltert und zu Zwangsarbeit gezwungen würden. Die chinesische Regierung bestreitet diese Vorwürfe.

Engagement Volkswagens schadet ESG-Ranking

Die Geschäfte in der chinesischen Provinz sind für VW auch deshalb heikel, weil große Fondsgesellschaften für ein Investment ihrer an Nachhaltigkeit ausgerichteten ESG-Fonds bestimmte Kriterien einfordern. Am Mittwoch kündigte die Volks- und Raiffeisenbanken-Fondstochter Union Investment in Reaktion auf die neuen Vorwürfe Konsequenzen an. "Damit ist Volkswagen für unsere nachhaltigen Publikumsfonds jetzt nicht mehr investierbar", schrieb der für die Ausrichtung von ESG-Fonds verantwortliche Manager Janne Werning.

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